Das Problem an Begriffen wie Voyeur und Spanner ist, daß es keine allgemeingültige Definition gibt und die Zuschreibung meist aus dem Bauch heraus erfolgt.
Sieht man ja an einigen Kommentaren hier: Wenn der Spanner jung und schön ist, ist er keiner, wenn er alt ist, schon. Frauen können nach diesem Empfinden gar nie Spannerin sein, selbst wenn sie wöllten.
"Spannend"

finde ich im Wikipedia-Artikel dazu die Bilder, die Jahrhunderte alte Gemälde und Zeichnungen zeigen. Also die Beschäftigung mit dem Thema ist offensichtlich nicht neu.
Für mich ist zumindest ein Aspekt eines "Spanners", daß er bewußt bis provokativ örtliche soziale Regeln verletzt. Also eigentlich mehr ein Störenfried. Das kann der (und auch die) Angezogene sein, die anstatt den Weg durchs Nacktgelände zum Vorüberschreiten zu nutzen dort verweilen und pro forma Blümchen pflücken, aber eigentlich ganz andere Knospen und Stengel betrachten.
Genauso wie jemand, der sich zwar nackig dazulegt, aber dies zu nahe an anderen tut oder anstatt ein Buch vor sich aufzuklappen direkt in eine Richtung schaut, wo sich jemand nicht betrachten lassen möchte. Faustformel: Frauen und U30-Männer aus dem Fitnessstudio können sich überall hinlegen. Männer über 60 müssen allen Frauen die näher als 5-10 Meter sind, den Rücken zukehren und müssen sich zudem außerhalb eines gedachten Winkels von 30 Grad, den die Mittelachse der Schenkel der Frau bildet, niederlassen. Bei dazwischenliegendem Alter oder Körpererscheinung gilt eine nichtlineare Skala zwischen diesen Extrempunkten.
Witzigerweise gab's hier am FKK tatsächlich mal einen Spanner. Der hat sich durch ein Gebüsch an ein junges Pärchen herangearbeitet, das am Rande vielleicht zehn Meter von der Hecke weglag. Irgendwann gabs ein großes Geschrei des Pärchens in Richtung Gebüsch, woraufhin die ganze Liegewiese dort mit Staunen wilde "Durchbruchsbewegungen" in Form wackelnder Büsche wahrnehmen konnte, als ob eine aufgeschreckte Rotte Wildschweine flüchtet. War aber bloß *ein* Mann, und aus dem nachfolgenden Zeitungsartikel, daß die Polizei an dem Tag dort einen Exhibitionisten festgenommen habe, konnte man schließen, daß der dort in der Hecke nicht nur gekuckt hat. Der Gerüchteküche nach war das aber kein Unbekannter, sondern jemand, den man heute als lernbehindert bezeichnen würde und der sich sonst immer offen auf der Wiese aufhielt und auch nackig machte. Aber aufgrund seine Behinderung regelmäßig "merkwürdige", wenn auch nur sozial inadäquate Verhaltensweisen zeigte, wofür er auch sonst schon angegangen wurde. Ob er aber wirklich der Mann in der Hecke war oder nur zufällig auch an dem Tag rumsprang und dann ein ganzes Jahr lang nicht mehr zu sehen war ließ sich nicht feststellen.
Dank dem Wikipediaartikel habe ich den Begriff Candaulismus gelernt. Das ist quasi das Gegenteil vom Spannen, aber so weit gefaßt, daß vom bloßen inneren (anregenden) Gedanken, daß sich der Partner jetzt vor anderen auszieht, bis zu offenem Exhibitionismus alles enthalten sein kann.
Tatsächlich wird ja auch dieses Ende der Skala von vielen Nudisten, FKKlern und wie die ganzen Varianten des Nacktherumtreibens sich nennen häufig kritisiert. Daß dabei schamlose Paare, die ihre körperlichen Bemühungen zur Vergrößerung der Nachkommenschaft gänzlich öffentlich aufführen, wenig wohlgelitten sind scheint mir konsensfähig über weite Teile der Gesellschaft. Wenn dagegen, wie es hier ja regelmäßig auch vorkommt, über Details von Körperschmuck und -behaarung ausufernde Regeln postuliert werden, dürften dies viele als zu weitgehend empfinden.
Um auf den Aspekt der gebrochenen sozialen Regeln von eingangs zurückzukommen: nach meinen persönlichen Erfahrungen scheint mir "Spannerei" und "Voyeurismus" dann ein Problem, wenn das Verhalten als zu unangemessen *empfunden* wird. Empfindungen liegen im Auge und Maßstab des Empfindenden, und gerade in der heutigen Zeit der Schneeflocken plus ständiger öffentlicher Verurteilungen von allem möglichen angeblichem Fehlverhalten (Fleischessen, Urlaubsflüge) ist das allgemein empfundene Unwohlsein, quasi das Brutto-Unwohlseinsprodukt der Gesellschaft, erheblich angestiegen.
Also wer am FKK kucken will, sollte sich ein Buch mitbringen, das er als Ausrede vor sich hinlegen kann. Am besten mit zusammengetackerten Seiten, daß es auch aufgeschlagen bleibt und nicht im Wind hin und herblättert.
Und auf keinen Fall angezogen sein und/oder aus dem Gebüsch hervorlugen.