von FNW ♫ » Sa 18. Sep 2021, 12:37
Das Thema wird immer interessanter.
... vor allem deswegen, weil es auch zweifelsfrei historische Namen betrifft, die Teil- oder Ungebildete nun willkürlich abändern wollen:
"Macht über die Bezeichnungen", Macht über das Wort, ja: Macht über Menschen: Das kann ehrlich - vielfach einfältig - gemeint sein, zugleich aber neo-faschistische Züge annehmen. (Ähnlich wie das verkrampfte Gendern für Damen von Welt bisweilen zum Hohn wird.)
@ Campingliesl: Mit Judengasse hast Du ein gutes Beispiel gebracht.
In Wien gibt es eine solche, auch einen Judenplatz mit einem Juden-Denkmal. All das wenige Meter fußläufig zur Synagoge.
Kein Mensch käme auf den Gedanken, die Gasse, den Platz, das Mahnmal umzutaufen, vor allem deswegen nicht, weil Juden selbst sich, zueinander und über sich selbst "Juden" sagen. Sie sind selbst ja nicht Isareli, sondern Wiener, sie wollen vielfach nichts mit der Weltpolitik Israel vs. das übrige Palästina zu tun haben, sie bezeichenen sich so, wie das für sie seit Jahrtausenden korrekt ist.
Das ist also, mit fairer Gesinnung gesagt, absolut kein Schimpfwort, basta.
Wer meint, daraus ein Schimpfwort machen zu sollen, wird das dennoch tun, bloß ist es dann nicht Aufgabe des "Voraus-eilend Gehorsamen" (m/w/i), daraufhin selbst diesen Namen nicht weiter zu verwenden. "Political Correctness" kann auch in überschießende Schleimerei münden oder in Extremismen ausarten. Irghendwann kommt einer (m/w/i) auf die Idee, den Wiener Juden beizubringen, dass sie selbst sich anders zu bezeichenen hätten, und den Platz, die Gasse, wo sie leben, tunlichst umzubenennen.
Hier haben wir es - so meinen wir - mit einer sehr unsensiblen Form des Diktats wohlmeinender Correctness zu tun, die an Dummheit und Arroganz kaum zu wünschen übrig lässt.
@ all - und zum "Mohrenkopf" kann man sehr gerne auch "Süße Schaumkuppel unter Schokoguss" sagen. Damit wäre elegant das sprachpolitische wie auch psychologische Problem umschifft, wonach die hübsche Blondine hold erröten könnte, wollte sie beim Konditor oder im Lokal einen BRAUNEN KUSS bestellen.
Liebe Leute, lassen wir uns doch nicht von dieser Art der Horizont-Enge überwältigen.
Nebenbei gibt es in Wien auch "Mohr im Hemd" - eine heiße Köstlichkeit, die vermutlich aus dem südböhmischen Raum stammt: Schokokuchen mit innen flüssigem Kern und Schokoglasur, serviert mit Schlagobers (Sahne), welche wohl den weißen Hemdkragen darstellt.
Den will ich nicht als "Kernweiches Dunkelgebäck in brauner Glanzhülle" bestellen, wobei "braun" ja zumindest um Braunau am Inn (demnächst korrekt: "Schoko-Au am Inn") herum ein Wort ist, das man nicht in den Mund nehmen darf. So gibt es dort auch braun gefärbte Hemden wohl ausschließlich in Läden zu kaufen, deren Besitzer an "Hochschnellendem-Rechts-Arm-Syndrom" (HRA-Syndrom) leiden. (Bitte als Scherz verstehen. Das H kann, vorauseilend, auch in Form einer 8 geschrieben werden.)
Was machen die Neo-Sprachpolizisten (m/w/i) eigentlich mit Mozarts "Zauberflöte"?
Feministen und -innen stören sich ohnehin bereits m Wort "Flöte" und wären vermutlich geneigt, die Oper in "Zauber-BLasinstrument" umzubenennen, wäre dann nicht wieder das "Blasen" Thema. Zauberflöte: Das Spätwerk, eilig und etwa zeitgleich mit dem Requiem entstanden, ist "die" Toleranz-Oper schlechthin: Nicht etwa Kindermärchen und Zauberspiel. Nichts ist gewiss: Die gute Mutter wird zur Furie, der böse Gottkönig zum Anwalt der Güte. Und dann - tritt ein Mohr auf, der, ganz in freimaurerischer Art, sehr schön folgendes in die Gedankenstille hinein sagt:
"Wenn es schwarze Vögel gibt, warum soll es dann nicht auch schwarze Menschen geben?!"
Lassen wir uns diesen Satz gefallen und entschleunigen wir die bisweilen aufgeregte Redlichkeit der Ewig-RECHT-haber (m/w/i).
Kürzlich ist in den USA ein Konzern eingeknickt, der vermutlich 100 Jahre lang einen alten Mann namens "Uncle Ben" (Onkel Benjamin) im Logo hatte. Nun sind sie also überaus glücklich bekanntzugeben, dass sie nicht mehr "Uncle Ben's" heißen, sondern irgendwie anders.
Ich hatte nie den Eindruck, der ältere Herr mit dem freundlichen Faltengesicht im orangefarbigen Oval sei irgendwie rassistisch angehaucht, aber sei's d'rum: Onkel ist für mich kein Schimpfwort.
Wir haben trotz allem "Uncle Ben's Reis" weder in Säckchen noch rieselnd gekauft, kaufen ihn nun auch nicht in korrigierter Form, weil er nämlich "poliert" ist, also von Kleber-Eiweiß und Vitaminen gereinigt, folglich nichts mehr an sich hat, was ihn als Reis irgendwie gesund sein ließe. So hat das "reine Korn" endlich zur "sauberen Hülle" gefunden: zum Karton ohne Onkel.
Bloß Achtung: Sauberkeit, Zucht und Ordnung die (bisweilen mit Medaillen ausgezeichnete) Frau und Mutter am Herd sowie die Reinheit der Rasse waren bereits in vorhergehenden Jahrhunderten just bei jenen Rechtschaffenen, Biederbürgern und später Braunhemden auf den Standarten, die immer aus Selbstüberschätzung großes Unheil über die Welt brachten.
Wer also die edle Säuberung der Sprache betreibt, muss wohl besonders genau auf innere Reinlichkeit - sprich: REDLICHKEIT - geprüft werden. Sonst ergibt sich die Groteske, dass einer, der "Schokokuss" sagt, die grölendsten Lacher bei jenen erntet, die tatsächlich einen Mohren für einen Neger und die Vandalen für Fell tragende Trottel halten. Die echten Vandalen, liebe Leute, waren einer von vielen kriegerischen Stämmen im heute deutschsprachigen Raum. Wenn man in den Büchern genau nachliest: eine "Arisch-Germanische Kampfgemeinschaft". Oh Weh! Ab sofort mutiert auch "Vandalismus" zum "N-Wort".
EN EN EN VAU VAU VAU Johrenkopf, Nohr im Memd, Nudengasse, Vudenplatz.