von Aria » Mi 6. Sep 2017, 13:20
Wenn einer im Urlaub am liebsten am Strand liegt und faulenzt, der andere aber das fremde Land kennenlernen will, dann ist der Konflikt vorprogrammiert. Klar kann man mal aus Liebe das machen, was dem anderen am Herzen liegt, aber dann erwartet man unbewusst vom anderen, dass er am nächsten Tag oder in der nächsten Woche auch aus Liebe etwas macht, was er eigentlich nicht will. Wenn die Liebe frisch ist, ist das kein Problem, aber über Jahre in jedem Urlaub nur am Strand liegen oder immer wieder Museen und Kirchen besuchen zu müssen, das ist schlicht ätzend.
Mich würden keine 10 Pferde mehr auf ein Konzert von beispielsweise Kastelruther Spatzen bringen. Ich war ein- oder zweimal auf so einer Veranstaltung, nicht wegen der Musik, sondern weil ich was anderes sehen/erleben wollte. Seitdem bin ich „geheilt“, d.h. auch aus Liebe würde ich nicht auf etwas Ähnliches mehr gehen.
Ähnliches gilt auch für andere Kulturgüter: Wenn einer gern Fantasy-Filme und/oder Comicverfilmungen alla Superman/Batman sieht, der andere aber das alles kindisch findet, dann sind gemeinsame Kinobesuche nur unter erschwerten Bedingungen möglich. Das gleiche gilt, wenn der eine Opern gut findet, der andere sich dabei aber langweilt und manchmal während der Vorstellung sogar einschläft. Das kann man beliebig fortsetzen.
Dabei sind Gemeinsamkeiten auf dem Freizeitgebiet das A und O jeder Beziehung, schließlich kann man über Berufliches zu Hause kaum reden, es sei denn, man hat ähnliche Berufe oder bewegt sich beruflich auf dem gleichen Level, um die Probleme des anderen verstehen zu können. Es ist auch sonst nicht empfehlenswert, auch zu Hause Berufliches zum Thema zu machen, denn Beruf ist Beruf und Freizeit ist Freizeit. Was natürlich nicht heißt, dass darüber generell nicht geredet werden soll – ich meine damit lediglich, dass Berufliches weit weniger wichtig für eine Beziehung ist als Freizeitinteressen.
Ich verstehe schon, wenn es da heißt, Gegensätze ziehen sich an. Aber das taugt nicht auf Dauer. Es sei denn, man lebt nicht miteinander, sondern nebeneinander. Da braucht man aber gar nicht erst zusammenziehen und noch weniger heiraten.
Was ich sagen will: Dass es da auf dem einen oder anderen Gebiet Unterschiede gibt, ist selbstverständlich, schließlich sind wir alle selbständige Menschen mit eigener Vergangenheit, die uns geprägt hat. Aber die Gemeinsamkeiten müssen überwiegen, sonst ist die Beziehung zum Scheitern verurteilt – spätestens nach 4 oder 7 Jahren ist Schluss. Es sei denn, es sind noch Kinder da. Dann wartet man, bis sie groß genug sind, um eine Scheidung zu verkraften.
Aber selbst da hat es meist mehr Sinn, frühzeitig Reißleine zu ziehen als in einer als Zwangsgemeinschaft empfundenen Ehe zu leben und so tun als sei alles in Ordnung, weil diese Spannung niemanden gut tut - auch Kindern nicht. Zum Glück hat die Gesetzgebung zwischenzeitlich das Scheidungsrecht liberalisiert, so dass auch Frauen, die keinen Beruf – oder ihren lange nicht ausgeübt – haben, sich von ihren Ehepartnern lösen können, ohne gleich in existentielle Nöte zu geraten. Das war früher regelmäßig der Fall, deswegen „hielten“ die Ehen damals auch wesentlich länger als heute: Heute werden 40 % der Ehen wieder geschieden.
Wobei ein gegensätzlicher Trend zu beobachten ist: Die Ehen der durch die Internet-Partnervermittlungen zusammengefunden Paare halten länger. Warum? Weil bei dieser Art von Vermittlung nur Personen mit annähernd gleichen Interessen und Bildungsstand zusammenkommen.