@ Shiva205
... das Wort Kollegen unbeschadet für das Ergebnis der Angst auch durch das Wort Nachbarn, Bekannte, Freunde oder Familie ersetzen.
Mit der Zeit kann sich das allerdings etwas lockern.
Ja, um dahin zu kommen, braucht es für viele Mut, sehr viel Mut.
Am Anfang war es für unsere Nachbarn sehr ungewohnt, wenn wir nackt im Garten herumliefen - inzwischen duschen sie nackt im Freien am Gartenschlauch, und sie haben auch keine Scheu mal rüberzuschauen, wenn wir nackt sind.
Ein sehr schönes Beispiel für vorgelebte Freiheit und wie diese ansteckend wirken kann.
@ Bummler
Du kannst die wirtschaftliche Situation für den Rückgang des Nudismusses wirklich nicht verantwortlich machen. Ich habe den Eindruck, dass dich hier die Informationen aus deiner Kinder- und Jugendzeit sehr geprägt haben und dein Blick auf die westliche Wirtschaft daher etwas verfälscht wurde.
Dabei ist aber dem einfachen Bürger nichts so wichtig wie die Sicherheit.
Das müssen momentan auch einige Politiker schmerzvoll begreifen.
Sorry, solche Banalitäten führen einen leicht in die Irre. Die gesellschaftlichen Bedingungen sind doch erheblich komplexer. Ich kann nur raten, nicht alles so stark vereinfachen.
Und das ist auch der Grund warum ich sage, dass wenn Wohlstand auf Unsicherheiten aufgebaut wird, wenn Wettbewerb über Verlässlichkeit gestellt wird, dann wird diese Änderung Einfluss auf die Gesellschaft und auf das Verhalten der Mitglieder der Gemeinschaft haben.
Gut, ich weiß, du bist ein Bau-Mensch. Daher will ich dir diesen Unsinn verzeihen. Deine Vorstellungen über die Funktionsweise der modernen Wirtschaft scheinen doch sehr rudimentär zu sein. Da unser Thema hier jedoch kein wirtschaftliches Thema ist, will ich diesen deinen Beitrag nicht weiter kommentieren. Bleiben wir lieber bei unserem Thema.
Deshalb bin ich der Meinung, dass die wirtschaftlichen Entwicklungen der letzten Jahrzehnte sehr wohl einen Einfluss auf die Bewegung der Nackten haben.
Diese deine Meinung kann ich nicht teilen. Ich sehe da keinen direkten Zusammenhang.
@ Aria
Ich habe nichts dagegen, dass Christen in diesen Gremien sitzen, aber müssen das die von den beiden Kirchen Entsandten sein, schließlich gibt es dort auch keine Vertreter der Atheisten bzw. der Agnostiker, obwohl die ein Drittel der Bevölkerung stellen?
Es sollen alle gesellschaftlich relevanten Gruppen in diesen Gremien vertreten sein. Du musst dich also fragen, ob der von dir benannte Personenkreis eine gesellschaftlich relevante Gruppe darstellt oder in welcher der gesellschaftlich relevanten Gruppen du ihre Vertreter finden kannst. Dein indirekter Vorwurf in Richtung der Kirchen geht daher fehl.
Die Meinung des Katholikenrates im Jahr 1970 entsprach dem bürgerlichen Moralbegriff jener Jahre ebenso wenig, wie die Meinung des heutigen Katholikenrates dem heutigen bürgerlichen Moralbegriff entspricht.
Es freut mich aufrichtig, dass wir hier einer Meinung sind. Darum will ich, dass wir uns hier auf die bürgerliche Moral beziehen, weil diese für unsere Problemstellung wichtig ist.
hajo hat geschrieben:
Eule hat geschrieben:
...Dieses "sich zeigen" ist der normale Vorgang, wenn du in die Öffentlichkeit tritts. Unabhängig davon, ob du nun bekleidet bist oder nicht. Es geht hierbei also nicht um das "sich zeigen" im Sinne einer Prostitution.
Die Frage: "Warum zeigst du dich so?" erfährst du ja auch im bekleideten Zustand, wenn dein Gegenüber das Gefühl hat, du seist nicht angemessen oder richtig angezogen.
[…]
Nacktsein hat dann - wiederum mein Verständnis deiner Ausführungen - die Bedeutung von "nicht angemessen"...
Mit dieser Einschätzung liegst du völlig richtig, hajo, Eule legt großen Wert auf dieses „dem Anlass angemessen sein“.
Mir wird hier nicht deutlich, was du mit dieser deiner Aussage bestätigen willst. Der Begriff "nicht angemessen" stellt keine feste Größe dar und hat daher mit dem Behriff des "sich zeigen" bzw. "sich nackt zeigen" keine direkte Beziehung. Der Begriff "nicht angemessen" zeigt immer auf einen Anlaß und nicht auf den Zustand oder die Art der Kleidung allgemein.
Es gibt ja hier mehrere, die die reine Nacktheit für im Grunde etwas Unanständiges bzw. für nicht gesellschaftsfähig halten.
Ich weiß nicht, wie du zu dieser Erkenntnis kommst. Ich sehe hier im Forum keinen, der eine solche Position im Ansatz vertritt.
Du vergisst, dass die bürgerliche Moral bis zum Ende des 19. Jahrhunderts praktisch identisch mit dem kirchlichen Moralverständnis war.
Oh nein, hier unterliegst du einem großen Irrtum. Die bürgerliche Moral war noch zu keinem Zeitpunkt mit der kirchlichen Moral identisch. Solltest du mal die Möglichkeit haben, die Ausstellung "die 7 Todsünden, 1700 Jahre Kulturgeschichte zwischen Tugend und Laster" sehen können, so empfehle ich dir, diese mal anzuschauen. Dann wirst du sehen, was die Kirche alles versucht hat, die bürgerliche Moral in ihrem Sinne zu beeinflussen. Und dass dieses nicht sehr erfolgreich war, dürfte unstrittig sein.
Also gilt nach wie vor, was uns Jahrhunderte lang eingetrichtert worden war: Seines nackten Körpers hat man sich – wie Adam und Eva – zu schämen, und das, wessen man sich schämt, zeigt man nicht anderen.
Es ist wirklich schwierig, dir zu übermitteln, dass die weltliche Philosophie und Pädagogik hier der Motor der Entwicklung war und die Kirche sich da nur dran gehängt hat. Nur weil viele Pastoren entsprechendes in deiner und auch in meiner Kinder- Jugendzeit entsprechendes von den Kanzeln predigten, bedeutet dieses nicht, dass der Ursprung dieser Botschaft aus der Kirche heraus kam. Diese Botschaft, des sich wegen seiner Nacktheit schämen zu müssen, kommt wirklich aus der profanen Philosophie und Pädagogik.
FKK ist Freude hat geschrieben:
Die bürgerliche Moral hat sich im Verhältnis zur Nacktheit wenig gewandelt, was wirklich schade ist, wie ich finde. Die Entwicklung hin, zu mehr Nacktheit ist stehen geblieben. Warum frage ich mich?
Meine Antwort darauf: Weil die FKK-Bewegung schon immer eine Bewegung von wenigen war, von Anfang an von der Mehrheit argwöhnisch beäugt.
Ja, hier gehe ich mit einig. Aber die Basis ist ja größer geworden und dann durch die Einflüsse des Nationalsozialismusses wieder zusammen geschmolzen. Was ist nun der Grund, dass sich diese Bewegung nicht wieder hat verläßlich etablieren können?
Den Unterscheid zu den 60er bis 80er Jahren ist nur der, dass sich diese Mehrheit jetzt traut zu sagen, was sie meint.
Das sehe ich nicht so. Wenn du jedoch meinst, dass man sich jetzt mehr traut, diese Themen in der Öffentlichkeit offen anzusprechen, ja dann bin ich wieder bei dir.
Und das nicht nur in Bezug auf Moral, sondern auch politisch werden Meinungen vertreten, die man lange als überwunden glaubte: Nationalismus und Rassismus werden offen propagiert und erfahren Zustimmung nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa.
Dieses sehe ich auch so.
Jetzt aber ist die Erinnerung daran verblasst, jetzt leben fast nur noch Menschen, die die sogenannte Gnade der späten Geburt genossen.
Also, der Begriff der "Gnade der späten Geburt" war für mich immer ein Begriff, der mir große Bauchschmerzen macht. Denn mit diesem Begriff sollte die Verantwortung für das, was unsere unmittelbaren Vorfahren getan oder nicht getan haben, abgewältzt werden. Wer aber ohne Geschichte lebt, der macht die gleichen Fehler wieder!
Und einer der ersten, der das erkannte und entsprechend handelte, war Helmut Kohl.
Trotz aller Hochachtung für die Lebensleistung dieses Mannes, er war es, der den Begriff "der späten Geburt" in die Welt setzte. Und Helmut Kohl ist ein Historiker.
Der Scherbenhaufen vor unseren Füßen ist die Folge davon, d.h. wir sind wieder dort, wo wir 1930 gewesen sind: Die sich züchtig und bieder gebenden Populisten gewinnen wieder Wahlen mit ziemlich ähnlichen Sprüchen wie damals.
Diese Sorge teile ich mit dir. Nur bekommen diese ideologischen "Saubermänner" jetzt von gewissen religiösen Fanatikern Unterstützung. Jetzt ist die bürgerliche Moral gefragt, nach welchen Werten sie sich orientieren möchte. Die Kirchen stehen hier nicht mehr zur Verfügung. Wo können wir einen neuen Wertekatalog finden bzw. entwickeln, der sich nicht von einer Moderichtung oder der Spontanität ableiten lässt? Und damit stecken wir wieder voll in unserem Thema.
@ Bummler
Die Auswirkungen auf die Selbstwahrnehmung der gesellschaftlichen Gruppen im allgemeinen, auf das Arbeiterbewusstsein im besonderen können schwerlich überschätzt werden. Dieses Wachstum hat die Bundesrepublik auch kulturell tiefgreifender geprägt als etwa das immer wieder beschworene Jahr 1968.
Diese Aussage ist richtig. Dieses bedeutet jedoch nur, das wir in einer arbeitsorientierten Gesellschaft leben. Der Wert des Menschen wird einmal an seiner Arbeitsproduktivität gemessen und anderseits an seinem Konsum. Aber für die Frage, warum der Nudismus also solcher rückläufig ist, hilft dierse Erkenntnis uns nicht weiter.
Gesellschaftliche Risiken wie Krankheit, Arbeitslosigkeit oder Armut werden zu Problemen der Selbstsorge 'verantwortlicher' und 'rationaler' Subjekte transformiert, die nun einen Großteil ihrer Aufmerksamkeit, Zeit und Kraft Fragen der gesunden Lebensführung und der Körperpflege widmen.
Wenn du diesen Text richtig interpretierst, dann müsste diese Feststellung ja geradezu einen run zum FKK auslösen, weil im FKK diese positiven Faktoren offen eine große Rolle spielen.
Das heißt, die Körper werden heute wie eh und je gesellschaftlich reguliert, aber die regulierenden Kräfte haben sich verändert. Die treibenden Kräfte der Gestaltung, Überwachung und Produktion gesellschaftlich anerkannter wie geduldeter Körper haben sich vom Staat zum Markt verschoben - mit weit reichenden Folgen für die Individuen, denen nun das Management für ihre Körper aufgebürdet wird.
Eine recht problematische Formulierung. Denn diese Aussage ist ebenso richtig, wie sie falsch ist. Was hier, und dieses völlig zutreffend, fehlt, ist die Hinführung zu mehr Selbstverantwortung. Ja, selbst in der Wirtschaft spielt die Übernahme von Eigenverantwortung eine immer größere Rolle. Mit dieser deiner Argumentationslinie kannst du jedoch keinen Lösungsansatz für unsere Problemlage finden, weil diese Argumentationslinie nicht das Wesen unserer Problemlage trifft und treffen kann.
@ Hajo
Bummler hat geschrieben:
Also ich denke schon, dass das alles irgendwie zusammenhängt.
Nur kurz:
Irgendwer hat, glaube ich, mal gesagt, es hänge immer alles mit Allem zusammen.
Sicher.
Aber irgendwie nichts sagend.
Hajo, Bummler hat aus seiner Argumentationslinie durchaus Recht. Sie ist in sich sogar geschlossen und schlüssig. Nur ich halte diese Argumentationslinie für nicht zutreffend, auf unsere Fragestellung bezogen.
Erklärungen, warum man nicht ICHSELBST ist, warum man nicht tut, was man "eigentlich" gern tun möchte...
... also warum man FEIGE ist, die findet man immer.
Auch DAS gehört zum Mensch-Sein.
Dazu kommt, ebenfalls ziemlich voraussagbar:
Die anderen haben Schuld!
Hier habe ich den Einbdruck, dass du Bummlers Gedankengang nicht verstanden hast. Es geht Bummler hier nicht um die Abschiebung der Verantwortung.
Ich verstehe ja, dass viele Menschen Probleme haben. Aber diese beinahe immer auf - wenn's harmlos ist - die "Umstände" abzuschieben, erscheint MIR zu einfach.
Mit dieser Aussage bin ich voll bei dir. Aber dieses ist die Argumentationslinie von Bummler nicht. Um es deutlich zu machen, Bummler geht davon aus, dass die wirtschaftlich angespannte Lage vieler Mitbürger die Freiheit nimmt, sich dem Nudismus zuzuwenden. Diese Meinung teile ich nicht.
@ Aria
Sei mir bitte nicht böse. Aber deine wirtschaftlichen und wirtschafts-gesellschaftlichen Ausführungen will ich jetzt hier nicht kommentieren. In den von dir zitiertem Text sind viele Fehlbeurteilungen enthalten. Denn der Aufbau Ost wurde nicht nur durch die westlichen Transferleistungen ermöglicht, sondern auch durch die entsprechenden Leistungen der Bevölkerung im Osten. Die haben den gleichen Soli gezahlt, wie wir hier im Westen. Sie haben weniger verdient bei nahezu gleichen Preisen. Die Leistungen der Ossis war im Verhältnis sogar höher, als wir Wessis es erbrachten (auf die einzelne Person bezogen). Aber eine Diskussion hierüber bringt uns nur von unserem Thema ab. So lassen wir es lieber und wenden uns dem Problem der Nacktheit in der bürgerlichen Moral zu.