Ich habe mir den Bericht auf arte angeschaut, fand diesen aber in der Analyse und der vorgestellten Vorschläge i.S. "FKK vor dem Aus" etwas schwach.
1. Zunächst: die geschichtlich gewachsene FKK-Kultur (in Deutschland, aber nicht allein dort) versucht zwischen den nackten Körper und Nudismus/FKK auf der einen Seite und Sexualität auf der anderen Seite eine größtmögliche Distanz zu schaffen, so dass quasi Nacktheit schon geradezu als natürlicherweise asexuell betrachtet wird.
Das ist natürlich eine Selbsttäuschung, weil damit verkannt wird, welches Set an kulturellen Techniken und Regeln damit verbunden ist, dass gemeinsame Nacktheit in einer Gruppe von Erwachsenen nicht entgleitet. Dieses (erlernte) Set an Techniken und Regeln, die ja hier auch gelegentlich Diskussionsthema im Forum sind, hat erst erlaubt und ermöglicht, dass FKK im Verein und im Beisein von Kindern und Jugendlichen (!) in der Weise möglich war.
Das ändert aber m.E. aber nichts daran, dass in der heutigen Gesellschaft, in der quasi alles mögliche sexuell konnotiert und aufgeladen sein kein, die Behautung, ausgerechnet der nackte Körper sei dies nicht, unglaubwürdig wirkt. Es bedürfte m.E. eines differenzierteren und ehrlicheren Umgangs mit dem Thema FKK und Sexualität. Platte Statements wie "FKK hat mit Sexualität nichts zu tun" wirken einfach nicht glaubwürdig und nähren nur den Verdacht, die wahren Motive sollten verschleiert werden.
2. Wir leben, wie gesagt, in einer Gesellschaft in der alles möglich sexuell aufgeladen sein kann ("Sex sells") und in der dann zugleich auch der eigene Körper zunehmend wie eine Auslegeware im Schaufenster für quasi Eigenwerbung herhalten muss. Der gepflegte, sportliche und per Tattoo oder Piercing individualisierte Körper stellt zur Schau, wer ich bin (und was ich zu leisten im Stande bin). Das bewirkt als Gegenreaktion eine gewisse Form von Prüderie und eine Art Gegenleistungs- bzw. Tauschdenken i.S. von: "Was habe ich davon, wenn andere Menschen meinen nackten Körper anstarren dürfen."
Den in dem Beitrag vorgestellten Ansatz aus UK, der FKK/Nudismus eher unter dem Gesichtspunkt der "body positivity" sieht, fand ich nicht uninteressant, aber es stellt sich mir dann wieder die Frage (s.o.) wie "body positivity" ohne oder sogar gegen "sex positivity" zu denken ist. Außerdem: Ist das nicht vielleicht alter Wein in neuen Schläuchen?
3. Mir ist es exakt genau so ergangen, wie hier schon beschrieben:
Ralf Sprenger hat geschrieben:Die Ansätze aus Großbritannien fand ich wesentlich interessanter, als den Teil aus Deutschland.
AndyB hat geschrieben:Die Festivalform spricht viele junge Menschen an.
Ich weiß nicht genau, welche Ziele getnaked Deutschland verfolgt, aber für junge Menschen ist ein nackter Museumsbesuch in einer Gruppe oder eine Nacktwanderung nicht unbedingt ein altersgerechtes und auch nicht gerade ein niedrigschwelliges Angebot - eher im Gegenteil.
Da fand ich es schon interessanter, dass auf dem Gelände in UK quasi "clothing optional" gilt, so dass man als junger Mensch auch reinschnuppern könnte, aber erstmal in textil bis man sich sicher und wohl fühlt.