Aktuelle Zeit: Mo 29. Sep 2025, 14:21

FKK-Freunde.info

Das deutsche FKK-Forum

Dokumente des gesellschaftlichen Wandels

Kurioses, Lustiges, Aufmunterndes was unsere Forengemeinschaft interessieren dürfte
 
Beiträge: 3637
Registriert: 29.11.2005
Wohnort: Bremen

Re: Dokumente des gesellschaftlichen Wandels

Beitrag von Tim007 » Mo 19. Okt 2015, 11:25

Mit bald 60 gehörst Du hier auch noch zu den jungen Hüpfern, Bummler.
Alles ist relativ.

Benutzeravatar
 
Beiträge: 5114
Registriert: 24.01.2012
Wohnort: München
Geschlecht: Weiblich ♀

Re: Dokumente des gesellschaftlichen Wandels

Beitrag von Aria » Mo 26. Okt 2015, 21:15

Der österreichische Philosoph macht sich Gedanken, warum sich die Gesellschaft "oversexed and underfucked" fühlt – Zitat:

Immer mehr Leute ekeln sich "spontan" vor Sexualität oder Tabakkultur, wenn nicht gar vor den Eigenheiten ihres Körpers. Den meisten Genüssen ist der Zahn gezogen, sodass wir (wie Slavoj Zizek bemerkt hat) Schlagsahne vorzugsweise ohne Fett, Bier ohne Alkohol, Kaffee ohne Koffein oder Sex ohne Körper serviert bekommen.


Und dann sagt er auch noch, und das völlig zurecht: Wir haben ein gestörtes Verhältnis zum Genuss – Zitat:

Wir haben ein kindisches, tyrannisches Über-Ich, das uns dazu bringt, uns nichts zu gönnen und uns ständig vor allem zu fürchten. Menschen sind von sich aus alles andere als genussorientiert und hedonistisch. Erst die Kultur kann ihnen ein wenig dazu verhelfen. Freilich vermögen das nicht alle Kulturepochen im selben Maß. Die unsere bestärkt uns darin, das tyrannische Über-Ich ernst zu nehmen, anstatt uns zu helfen, seine Kindereien mit Humor zu betrachten.


Was er in diesen beiden Texten feststellt bzw. zum Ausdruck kommt, ist nichts anderes als ein Wandel der Gesellschaft von einer permissiven zu einer kontrollierten. Die Zeichen sehe ich also nicht nur ich, sondern auch wesentlich bedeutendere Menschen – was aber z.B. Eule und andere nicht hindern wird, das alles wieder zu negieren.

 
Beiträge: 5813
Registriert: 08.07.2009
Geschlecht: Männlich ♂

Re: Dokumente des gesellschaftlichen Wandels

Beitrag von Eule » Di 27. Okt 2015, 01:02

@ Aria
Aus deinem letzten Beitrag muss ich erkennen, dass du meine Position zur Frage des gesellschaftlichen entweder nicht verstanden hast oder ihre Struktur nicht erkennst.

Deine Ausgangsthese war und ist, dass sich unsere Gesellschaft heute wieder in die prüde Gesellschaft der 1950/60ger Jahre entwickeln würde. Diese Entwicklung suchtest du mit Einzelbeispielen zu belegen.

Ich hingegen vertrete die Meinung, dass sich die Gesellschaft immer in Wellenbewegungen entwickelt aber in der Rückwärtzbewegung nicht den Ausgungspunkt erreicht. Diese Wellenbewegung geht 10 Schritte vor und dann 8 Schritte zurück, um dann wieder 10 Schritte vor zu gehen.

Deine Beispiele zeigen mal, dass diese 10 Schritte vor nicht gemacht wurden oder ein Schritt zurück angedeutet oder belegt wird. Weiter habe ich gesagt und diese Meinung vertrete ich weiterhin, dass sich die Motivationslage, als der Grund für eine Maßnahme, grundlegend verändert hat und daher der Beleg nur bedingt aussagefähig sei.

Was er in diesen beiden Texten feststellt bzw. zum Ausdruck kommt, ist nichts anderes als ein Wandel der Gesellschaft von einer permissiven zu einer kontrollierten. Die Zeichen sehe ich also nicht nur ich, sondern auch wesentlich bedeutendere Menschen – was aber z.B. Eule und andere nicht hindern wird, das alles wieder zu negieren.
Ich kann dich hier beruhigen. Ich muss diese Aussagen nicht negieren und ich finde diese dort angesprochene Entwicklung sogar gut. Es täte uns allen, auch hier im Forum, sehr gut, wenn man nicht mal schnell soeben was meint und dieses so ungeprüft postet. Hier wäre also mehr Selbstkontrolle angesagt und angezeigt. Was der von dir zitierte Philosoph sagt, ist völlig richtig und findet meine Zustimmung. Denn er sagt, dass wir uns davor schützen sollen, etwas zu tun oder zu sagen, was wir nicht wollen. Das ist ein Hinweis auf mehr Ehrlichkeit. Auch weist er darauf hin, dass wir beim Posten in öffentlichen Räumen hinein etwas mehr Selbstkontrolle ausüben sollen, weil das, was wir geschrieben haben dort nicht mehr zu löschen ist. Es geht nicht um die Kontrolle des Staates, sondern um die Eigenkontrolle!

Benutzeravatar
 
Beiträge: 5114
Registriert: 24.01.2012
Wohnort: München
Geschlecht: Weiblich ♀

Re: Dokumente des gesellschaftlichen Wandels

Beitrag von Aria » Mi 28. Okt 2015, 23:58

Eule hat geschrieben:Deine Ausgangsthese war und ist, dass sich unsere Gesellschaft heute wieder in die prüde Gesellschaft der 1950/60ger Jahre entwickeln würde. Diese Entwicklung suchtest du mit Einzelbeispielen zu belegen.
Beispiele sind immer Einzelbeispiele. Aber wenn sie wiederholt und/oder auf/in verschiedenen gesellschaftlichen Ebenen/Gebieten auftreten, dann ergeben sie ein Gesamtbild, das ein anderes ist als das vor 40 oder 50 Jahren gemachte.


Eule hat geschrieben:Ich hingegen vertrete die Meinung, dass sich die Gesellschaft immer in Wellenbewegungen entwickelt aber in der Rückwärtzbewegung nicht den Ausgungspunkt erreicht. Diese Wellenbewegung geht 10 Schritte vor und dann 8 Schritte zurück, um dann wieder 10 Schritte vor zu gehen.
Das ist klar - ich habe diese Wellenbewegungen auch von Anfang an genannt. Das Problem ist nur, dass du gewöhnlich versuchst, alle meine Beispiele als „Einzelbeispiele“ abzutun bzw. sie nicht als Teilschritte dieser Rückschritte anerkennen willst.


Eule hat geschrieben:Weiter habe ich gesagt und diese Meinung vertrete ich weiterhin, dass sich die Motivationslage, als der Grund für eine Maßnahme, grundlegend verändert hat und daher der Beleg nur bedingt aussagefähig sei.
Ich versuche hier Belege für das Verändern zu sammeln, wobei die Motivation außen vor bleibt, denn für jede Maßnahme Richtung mehr Kontrolle findet sich jetzt eine plausible Erklärung genauso, wie sich in den 60er und 70er Jahren auch plausible Erklärungen für die permissiven Maßnahmen fanden.


Eule hat geschrieben:
Aria hat geschrieben:Was er in diesen beiden Texten feststellt bzw. zum Ausdruck kommt, ist nichts anderes als ein Wandel der Gesellschaft von einer permissiven zu einer kontrollierten. Die Zeichen sehe ich also nicht nur ich, sondern auch wesentlich bedeutendere Menschen – was aber z.B. Eule und andere nicht hindern wird, das alles wieder zu negieren.
Ich kann dich hier beruhigen. Ich muss diese Aussagen nicht negieren und ich finde diese dort angesprochene Entwicklung sogar gut.
Damit outest du dich als Vertreter jener, die jeden einzelnen von uns – und damit die ganze Gesellschaft! – mehr Kontrolle unterwerfen möchten. Es sind Menschen wie du, Eule, die dieser Entwicklung Vorschub leisten, so dass am Ende nicht 8, sondern 9 Schritte zurückgegangen wird und von dem in der Vergangenheit erzielten Fortschritt also nur ein kümmerlicher Rest erhalten bleiben wird, wenn überhaupt etwas. Dass diese Gefahr real ist, beweist das Viktorianische Zeitalter, das in dieser Hinsicht weiter zurückging als es vor dem Libertinismus und der Aufklärung des 18. Jahrhunderts gewesen ist.


Eule hat geschrieben:Es geht nicht um die Kontrolle des Staates, sondern um die Eigenkontrolle!
Nein, Robert Pfaller sagt genau das Gegenteil: Man soll sich und andere weniger kontrollieren – Zitat:

Entscheidend ist, dass wir uns nicht ständig vor dem Tod fürchten, sondern vielmehr vor schlechtem Leben. Dann kann man über alles reden und abwägen, ob man etwas mehr Sicherheit will oder lieber etwas mehr Unbeschwertheit. Aber die derzeitigen Vorschläge zur Verbesserung von Sicherheit, Gesundheit, Nachhaltigkeit und so weiter werden nicht in einer diskutierbaren, abwägenden Weise eingebracht, sondern als ständig neue Paniken, die sofort nach Verboten verlangen.

Mit anderen Worten: Man soll nicht immer das tun, was vermeintlich vernünftig wäre, sondern auch mal gewollt unvernünftig sein, sprich fünf gerade sein lassen.

 
Beiträge: 5813
Registriert: 08.07.2009
Geschlecht: Männlich ♂

Re: Dokumente des gesellschaftlichen Wandels

Beitrag von Eule » Fr 30. Okt 2015, 00:09

@ Aria
Aria, mir wird jetzt deutlich, warum wir beide immer aneinander vorbei reden. Du gibst eine Anfangsthese aus und siehst dann alle Veränderungen, die den augenblicklichen Stand zurück nehmen, ohne Unterschied, als eine Bestätigung zu deiner Anfangsthese. Es gibt jedoch eine viel größere Zahl von Einzelbeispielen, als die von dir hier aufgeführten, die einen Rückschritt belegen könnten und können.

Ich hingegen bleibe deiner Anfangsthese treu und überprüfe jedes Beispiel, ob die von dir befürchtete Entwicklung in Richtung dieser deiner Anfangsthese läuft oder nicht. Bislang habe ich noch kein durchschlagkräftes Argument gehört oder gelesen, was dieses als sichere Tendenz belegen würde. Wie gesagt, es geht um deine Anfangsthese.

Zwischen den 50/60ger Jahren des vergangenen Jahrhunderts und heute hat sich ein grundlegende Änderung in unserer gesellschaftlichen Situation vollzogen. Ausgelöst wurde diese Veränderung durch die neuen Medien. Und wenn du dir die Problematik der frühen Industriealisierung ansiehst und diese mit den Problemfeldern der modernen Medien vergleichst, dann wirst du viele Ähnlichkeiten erkennen. Es gibt jedoch einen großen Unterschied, die Gefährdung der Menschen durch die neuen Medien ist größer und nachhaltiger, als diese bei der Industriealisierung war.

Ich versuche hier Belege für das Verändern zu sammeln, wobei die Motivation außen vor bleibt, denn für jede Maßnahme Richtung mehr Kontrolle findet sich jetzt eine plausible Erklärung genauso, wie sich in den 60er und 70er Jahren auch plausible Erklärungen für die permissiven Maßnahmen fanden.
Das habe ich auch so erkannt und dich darum immer darauf hingewiesen, dass du den Grund für die entsprechende Verhaltensänderung immer beachten musst. Sonst vergleichst du Äpfel mit Birnen. Wenn du bei mir ein Praktikum gemacht hättest, dann wäre dir dieser mein Satz bestimmt mehrmals zu Ohren gekommen: "Nicht alles, was so aussieht, muss so sein!"

Aria hat geschrieben:
Was er in diesen beiden Texten feststellt bzw. zum Ausdruck kommt, ist nichts anderes als ein Wandel der Gesellschaft von einer permissiven zu einer kontrollierten. Die Zeichen sehe ich also nicht nur ich, sondern auch wesentlich bedeutendere Menschen – was aber z.B. Eule und andere nicht hindern wird, das alles wieder zu negieren.

Ich kann dich hier beruhigen. Ich muss diese Aussagen nicht negieren und ich finde diese dort angesprochene Entwicklung sogar gut.

Damit outest du dich als Vertreter jener, die jeden einzelnen von uns – und damit die ganze Gesellschaft! – mehr Kontrolle unterwerfen möchten. Es sind Menschen wie du, Eule, die dieser Entwicklung Vorschub leisten, so dass am Ende nicht 8, sondern 9 Schritte zurückgegangen wird und von dem in der Vergangenheit erzielten Fortschritt also nur ein kümmerlicher Rest erhalten bleiben wird, wenn überhaupt etwas. Dass diese Gefahr real ist, beweist das Viktorianische Zeitalter, das in dieser Hinsicht weiter zurückging als es vor dem Libertinismus und der Aufklärung des 18. Jahrhunderts gewesen ist.
Dieser dein Gedankengang ist für mich wenig nachvollziehbar. Warum soll etwas mehr Selbstkontrolle in das Viktoriansiche Zeitalter zurück führen? :roll: Die Aufgabe der Selbstkontrolle ist es doch nur, mich vor Äußerungen zu schützen, die mir später negativ ausgelegt werden können und/oder mich erpressbar machen könnten! Es geht hier doch um Selbstschutz und nicht um eine verlogene Moral.

Eule hat geschrieben:
Es geht nicht um die Kontrolle des Staates, sondern um die Eigenkontrolle!

Nein, Robert Pfaller sagt genau das Gegenteil: Man soll sich und andere weniger kontrollieren
Ich rede ausdrücklich von Selbstkontrolle und nicht von einer Kontrolle über andere Personen oder des Staates. Robert Pfaller kann eine Meinung äußern. Diese verpflichtet mich allerdings nicht, diese Meinung als richtig akzeptieren zu müssen. Mehr Disziplin, mehr Selbstkontrolle sind keine Spassblocker. Aber ich muss halt wissen, dass Informationen von mir über mich heute eine nahezu unbegrenzte Lebensdauer haben. Und wenn ich jetzt schriftliche Äußerungen von mir, die ich vor 50 Jahren abgegeben habe mit meinen heutigen vergleiche, dann kann ich feststellen, dass nur meine Kenntnisse von Feinheiten gewachsen sind, meine Grundhaltung sich jedoch nicht veränderte. Und wenn ich mir das Hick-Hack von Nackidei ansehe, der seine "Jugendsünde" abschwören musste und jetzt überangepasste Positionen vertritt, dann brauche ich m ich nicht zu wundern, dass er hier nicht vernünftig argumentieren kann und daher immer zu Übertreibungen neigt. Er will nämlich auch mal auf der richtigen Seite sein, ohne zu wissen, wo diese denn zu suchen sei. Auch wenn er hier im Forum seine Identität wechselte und sich jetzt Friedjof nennt, so kann er sein wahres Ich jedoch nicht verstecken. Nackidei hat ja im alten Forum mehrfach auch die Meinung vertreten, dass man hier im Forum ja nicht so präzise Argumentieren müsse, er wolle hier doch keine Doktorarbeit schreiben. Im Gegensatz zu dir nimmt sich Nackidei ja selbst nicht ernst und er kann darum auch hier nicht ernst genommen werden.

Wir haben ein kindisches, tyrannisches Über-Ich, das uns dazu bringt, uns nichts zu gönnen und uns ständig vor allem zu fürchten. Menschen sind von sich aus alles andere als genussorientiert und hedonistisch.
Neben, dass der Philosoph hier sich mit der Bestimmung der Ich-Begriffe vertan hat, was jetzt aber nicht diskutiert werden muss, ist zu sagen, dass es, gleich ob ich nach Freud oder der TA-Analyse gehe, das wir in uns jeweils drei Ich-Zustände haben. Ich argumentiere jetzt mal nach der TA-Analyse, weil die Begriffe hier einfacher nachzuvollziehen sind. Unser Kindheits-Ich will eine unkontrollierte und sofortige Bedürfnisbefriedigung. Dieser steht das Eltern-Ich gegenüber, welches eine stetige und umfassende Kontrolle unseres Handelns verlangt. Unsere Aufgabe ist es nun, die Informationen aus diesen beiden Ich-Zuständen zu bewerten und dann eine Entscheidung zu fällen, die das Erwachsenen-Ich dann darstellt. Ein Zuviel und ein Zuwenig an Spontanität ist ebenso schädlich wie ein Zuviel oder ein Zuwenig an Kontrolle. Selbstkontrolle ist nur aus dem Erwachsenen-Ich möglich und diese Selbstkontrolle erlaubt mir ebenso spontan zu sein, wo ich es darf und mich dort kontrolliert zu verhalten, wo es geboten ist. Und die Weisheit ist hier das Wissen, was ich wann und wo machen kann.

Ich will es nicht bestreiten, dass ich ggf. ein zu großes Maß an Selbstkontrolle an mich anwende. Dieses ist aus meiner Biographie verständlich und an den Rollen, die ich bislang in meinem Leben immer wieder übernehmen musste. Und dieses oft, ohne dass ich dieses wollte. Aber ich kann und muss trotzdem vor zuviel unkontrollierter Spontanität warnen. Gerade deswegen, weil die neuen Medien nichts vergessen!

Benutzeravatar
 
Beiträge: 199
Registriert: 08.03.2010
Wohnort: no fixed address

Re: Dokumente des gesellschaftlichen Wandels

Beitrag von homo sapiens » Fr 30. Okt 2015, 13:34

aria hat geschrieben:Damit outest du dich als Vertreter jener, die jeden einzelnen von uns – und damit die ganze Gesellschaft! – mehr Kontrolle unterwerfen möchten. Es sind Menschen wie du, Eule, die dieser Entwicklung Vorschub leisten, so dass am Ende nicht 8, sondern 9 Schritte zurückgegangen wird und von dem in der Vergangenheit erzielten Fortschritt also nur ein kümmerlicher Rest erhalten bleiben wird, wenn überhaupt etwas.

dies laesst sich auch sehr gut in dem thread >>Prostituierte für Asylbewerber<< beobachten.
auch dort befuerwortet eule eine haertere vorgehensweise und mehr reglementierungen gegenueber prostituierten seitens des staates. mit diesem rueckschritt glaubt er die situation der frauen und maenner im prostitutionsgewerbe zu verbessern.
nun ja… :roll:


homo sapiens Ⓐ

Benutzeravatar
 
Beiträge: 5114
Registriert: 24.01.2012
Wohnort: München
Geschlecht: Weiblich ♀

Re: Dokumente des gesellschaftlichen Wandels

Beitrag von Aria » Sa 31. Okt 2015, 01:34

Eule hat geschrieben:Aria, mir wird jetzt deutlich, warum wir beide immer aneinander vorbei reden. Du gibst eine Anfangsthese aus und siehst dann alle Veränderungen, die den augenblicklichen Stand zurück nehmen, ohne Unterschied, als eine Bestätigung zu deiner Anfangsthese.
Nein. Seitdem ich bewusst meine Umwelt, und hier vor allem die Politik, wahrnehme, sind mir im Laufe der Zeit Veränderungen aufgefallen, die sehr oft eines gemeinsam haben: Es wird mehr kontrolliert und weniger toleriert. Das betrifft sowohl private zwischenmenschliche Beziehungen, als auch die Beziehungen zwischen dem Staat und dem Bürger (dass die Toleranz gegenüber den Schwulen/Lesben gewachsen ist, ist kein Widerspruch, denn das sind noch Nachbeben des 1994 ersatzlos gestrichenen § 175 StGB, schließlich muss wer A sagt auch B sagen. Dass das so lange dauert(e), ist dem Widerstand weiter Bevölkerungskreise (nicht zuletzt aus der katholischen Ecke kommend) in der Provinz geschuldet, die nach wie vor Vorurteile gegenüber den Homosexuellen haben).


Eule hat geschrieben:Es gibt jedoch eine viel größere Zahl von Einzelbeispielen, als die von dir hier aufgeführten, die einen Rückschritt belegen könnten und können.
Vermutlich gibt es sie. Aber sie hier zu nennen, würde bei dir nur eine Abwehrreaktion bewirken, so nach dem Motto: „Dieser deiner Meinung kann ich nicht betreten.“


Eule hat geschrieben:Ich hingegen bleibe deiner Anfangsthese treu und überprüfe jedes Beispiel, ob die von dir befürchtete Entwicklung in Richtung dieser deiner Anfangsthese läuft oder nicht. Bislang habe ich noch kein durchschlagkräftes Argument gehört oder gelesen, was dieses als sichere Tendenz belegen würde.
Das ist ja eben, du siehst keine schlagkräftige Argumente für Rückschritte, obwohl du sonst meinst – Zitat: „dass sich die Gesellschaft immer in Wellenbewegungen entwickelt aber in der Rückwärtzbewegung nicht den Ausgungspunkt erreicht. Diese Wellenbewegung geht 10 Schritte vor und dann 8 Schritte zurück, um dann wieder 10 Schritte vor zu gehen.“

Um endlich eine konkrete Antwort zu bekommen, stelle ich dir eine direkte Frage: In welche Richtung geht unsere Gesellschaft derzeit? Sind wir auf dem Weg zurück? Wenn ja, womit begründest du das, und wenn nein, solltest du natürlich auch Belege bringen.


Eule hat geschrieben:Zwischen den 50/60ger Jahren des vergangenen Jahrhunderts und heute hat sich ein grundlegende Änderung in unserer gesellschaftlichen Situation vollzogen. Ausgelöst wurde diese Veränderung durch die neuen Medien.
Wenn du mit den neuen Medien das Internet und Mobilfunkt meinst, so ist das falsch, denn das Internet (google, facebook, twitter, youtube) und fotofähigen Handys wurden (für die breiten Masse) erst im 21. Jahrhundert in einer performanten Form verfügbar, die gesellschaftlichen Veränderungen fingen aber schon Mitte der 80er Jahre des 20. Jahrhunderts an.


homo sapiens hat geschrieben:
aria hat geschrieben:Damit outest du dich als Vertreter jener, die jeden einzelnen von uns – und damit die ganze Gesellschaft! – mehr Kontrolle unterwerfen möchten. Es sind Menschen wie du, Eule, die dieser Entwicklung Vorschub leisten, so dass am Ende nicht 8, sondern 9 Schritte zurückgegangen wird und von dem in der Vergangenheit erzielten Fortschritt also nur ein kümmerlicher Rest erhalten bleiben wird, wenn überhaupt etwas.
dies laesst sich auch sehr gut in dem thread >>Prostituierte für Asylbewerber<< beobachten.
auch dort befuerwortet eule eine haertere vorgehensweise und mehr reglementierungen gegenueber prostituierten seitens des staates.
Danke, homo sapiens, für diese zutreffende Beobachtung.

 
Beiträge: 5813
Registriert: 08.07.2009
Geschlecht: Männlich ♂

Re: Dokumente des gesellschaftlichen Wandels

Beitrag von Eule » Sa 31. Okt 2015, 20:27

@ Aria
Überlasse es doch bitte mir, ob ich einem Argument von dir beitreten kann oder nicht. Ich entscheide dieses gerne selbst, denn dann kann ich es auch begründen.

Es kommt in der Tat nicht darauf an, wann eine Entwicklung begonnen hat, sondern, welche in welche Richtung sie zeigt und läuft. Die neuen Medien haben hier tatsächlich eine völlige Veränderung der gesellschaftlichen Entwicklung gebracht. Vieles ist neu, vieles ist nicht überschaubar. Viele fühlen sich den modernen Medien machtlos ausgeliefert. Vieles Neue macht Angst und so können wir jetzt viele Angstreaktionen beobachten. Deine Frage, wohin sich unsere Gesellschaft jetzt bewege, ist für mich nicht so eindeutig zu beantworten. Es gibt einen erheblichen Widerspruch zwischen den geäußerten Befürchtungen und dem tatsächlichen Handeln in der Bevölkerung. Die durch diesen Widerspruch ausgelöste Unsicherheit lässt in meinen Augen eine Tendenz in eine bestimmte Richtung noch nicht erkennen. Das Verhalten der 50/60ger Jahre des vergangenen Jahrhunderts wird sich jedoch nicht wieder einstellen. Dazu ist unsere Gesellschaft zu offen geworden.

Es trifft durchaus zu und es ist auch nicht verwunderlich, dass gesetzliche Änderungen nicht sofort auf einen Meinungsumschwung in der Bevölkerung stößt. Zumal dann nicht, wenn es um gesellschaftliche Tabu-Themen geht. Normalität ist oftmals nur über den biologischen Prozess zu erwarten.

Microsoft hat bei Windows 10 Tools implementiert, die es Microsoft ermöglichen, ohne Wissen und Zustimmung des Nutzers Daten vom Nutzer abzufischen. Oder warum gibt Microsoft Windows 10 jetzt kostenlos ab? Glaubst du wirklich, die hätten eine soziale Ader für ihre Betriebssystemnutzer entwickelt?
Hatten wir uns früher nur der Ausspionierung durch staatliche Stellen zu erwehren, so geschieht dieses heute von einer Vielzahl von privaten Firmen. Und das Ganze unter dem Deckmantel, man wolle es dem Nutzer doch nur so einfach wie möglich machen. Und unsere Gesellschaft muss sich auf diese neue Bedrohung einstellen und lernen, mit dieser Gefahr umgehen zu können.

Und hier liegt der Unterschied in unserer Risikoeinschätzung und die sich daraus erfolgende Veränderung unserer Gesellschaft. Für dich scheint ein Zug, der aus einem Kopfbahnhof heraus fährt immer rückwärtz zu fahren. Denn am Ende des Bahnsteiges kannst du die Weiche nicht erkennen, wo der Zug seine Richtung ändert und das neue Ziel anfährt. Und genau auf diesen Umstand versuche ich dich immer wieder hinzuweisen.

Die Argumentation von homosapiens meiner Haltung gegenüber ist für dich nicht hilfreich. Homosapiens nimmt im Thema der Prostitution eine, ja sagen wir es ruhig so, eine pubertale Haltung ein. Ihm kommt es lediglich auf ein Handeln oder eben Nichthandeln an. Er hinterfragt nicht den Sinn dieses Tuns. Leider. Und so kommt er zu Fehlurteilen.

Benutzeravatar
 
Beiträge: 5114
Registriert: 24.01.2012
Wohnort: München
Geschlecht: Weiblich ♀

Re: Dokumente des gesellschaftlichen Wandels

Beitrag von Aria » So 1. Nov 2015, 16:40

Eule hat geschrieben:Deine Frage, wohin sich unsere Gesellschaft jetzt bewege, ist für mich nicht so eindeutig zu beantworten. Es gibt einen erheblichen Widerspruch zwischen den geäußerten Befürchtungen und dem tatsächlichen Handeln in der Bevölkerung. Die durch diesen Widerspruch ausgelöste Unsicherheit lässt in meinen Augen eine Tendenz in eine bestimmte Richtung noch nicht erkennen.
So, so, du kannst eine Tendenz in eine bestimmte Richtung jetzt nicht erkennen, obwohl du noch am Do 29. Okt 2015, 23:09 behauptet hast:
Eule hat geschrieben:Es gibt jedoch eine viel größere Zahl von Einzelbeispielen, als die von dir hier aufgeführten, die einen Rückschritt belegen könnten und können.
Ich frage dich jetzt noch einmal, welche konkrete Einzelbeispiele gibt es, die nach deinem Dafürhalten einen Rückschritt belegen können.

 
Beiträge: 5813
Registriert: 08.07.2009
Geschlecht: Männlich ♂

Re: Dokumente des gesellschaftlichen Wandels

Beitrag von Eule » Mo 2. Nov 2015, 20:07

@ Aria
Ich sehe in der Tat viele Beispiele für einen Rückschritt. Da widerspreche ich dir doch nicht. Mein Widerspruch zu deinen Äußerung ist darin begründet, dass ich diesen Rückschritt nicht in eine Gesellschaft, wie diese in den 50/60ger-Jahren des vergangenen Jahrhundert vorlag erfolgt, so wie du es annimmst, sondern dass sich eine neue gesellschaftliche Ausgangsposition bildet, die eben mit den vorran gegangenen nicht mehr gleichgesetzt werden kann. Nur dieses ist der Kernpunkt unseres Disenzes.

Um es nochmals deutlich zu machen, die neuen Medien werden unsere Gesellschaft stärker umformen, als dieses mit der Industriealisierung geschah. Eine belastbare Entwicklungsrichtung lässt sich zurzeit noch nicht ausmachen. Mein Satz:
"Wir leben in der Informationsgesellschaft, aber nicht in der informierten!"
ist noch immer uneingeschränkt gültig.

VorherigeNächste

Zurück zu Sonstiges

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 10 Gäste