Wer trägt denn die Verantwortung, wenn nicht die höchsten Repräsentanten (Paps, Kardinale, Bischöfe). Sie sind es, die Richtlinien ausgeben, nach denen sich Gläubige richten sollen.Eule hat geschrieben:Ich habe nicht diese Aussage als solches angegriffen. Nur dein Rückschluss, dass die kath. Kirche für eine derartige Entscheidung die Verantwortung trage, halte ich für falsch.Aria hat geschrieben:Na bitte, warum nicht gleich so.Eule hat geschrieben:Wenn sich nun ein Katholik darüber beschwert, es bedauert oder sich durch den Beschluss der kath. Bischofskonferenz in seiner Entscheidung, einem FKK-Verein beizutreten behindert fühlt, so ist dieses durchaus stimmig.
Diese Richtlinien sind keine Glaubensdogmen, klar, aber sie bestimmten in Europa lange Zeit das Leben der Gläubigen. Beispiele dazu sind z.B. dass
- Selbstmörder kein kirchliches Begräbnis erhielten und auch nicht geweihter Erde begraben werden durften, sondern außerhalb der Friedhofsmauern
- die ungetauften Kinder, auch Neugeborene, die man nicht geschafft hatte, rechtzeitig vor ihrem Tod zu taufen, nicht in den Himmel kamen, sondern in die Vorhölle, denn in den Himmel kämen nur Menschen ohne Sünde, die ungetauften Kinder aber noch die sog. Erbsünde in sich tragen.
- Fakt ist auch, dass die katholische Kirche diesen Kindern ein christliches Begräbnis verweigerte, was u.a. auch zur Folge hatte, dass sie nicht in geweihter Erde begraben werden durften, sondern irgendwo außerhalb wie die Selbstmörder. Und die Eltern ungetauft gestorbener Kinder fühlten sich schuldig, weil auch das Beten ihre Kinder nicht aus der Vorhölle retten konnte. Barmherzigkeit, von der katholischen Kirche sonst bei jeder Gelegenheit propagiert, sieht anders aus.
Klar, das hat die Kirche in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts bzw. Anfang des 21. wieder abgeschafft. Aber in der Zeit, über die wir hier sprechen, galt das und noch viel mehr an in dem Jahrhunderten angesammelten Unsinn - ein Gefühl dafür bekommt man schon, wenn man nur den von mir verlinkten Beschluss der deutschen Bischofskonferenz aus dem Jahr 1925 liest.
Es gibt keine Zeitspanne, die ich oder sonst jemand als dafür erforderlich erachten könnte; die Zeit wird uns zeigen, wieviel von dem unnötigen Ballast, das die Kirche uns im Laufe der Jahrhunderte auferlegt hatte, wieder verschwinden wird.Eule hat geschrieben:Welche Zeitspanne willst du hier als erforderlich ansetzen.Aria hat geschrieben:Die Frage ist also, woher kommt es, dass sich die FKK gesellschaftspolitisch immer noch dort befindet, wo sie vor 100 Jahren war, obwohl der einstige Spiritus Rector der Gegner der FKK nicht mehr viel zu sagen hat.
Meine Antwort darauf: Erst seit 20-30 Jahren haben die Kirchen auf dem moralischen Gebiet nicht mehr viel zu sagen in diesem Land. Diese Zeit ist zu kurz, um auszulöschen, was dem Volk in den Jahrhunderten zuvor in Sachen Schamhaftigkeit und Sittlichkeit eingepflanzt worden ist.
Genau das haben Religionen aber immer behauptet. Manche behaupten es immer noch – z.B. Islam –, andere haben in den letzten 50 oder so Jahren diesen Anspruch etwas abgemildert; ich denke hier an die Behauptung der katholischen Kirche „Extra ecclesiam nulla salus“, die jetzt, also nach Vatikanum 2, nicht mehr uneingeschränkt gilt.Eule hat geschrieben:Die Religion ist nicht dafür zuständig, auf alles eine Antwort geben zu müssen.
Überlege bitte mal, wer hätte allen Grund, sich seines nackten Körpers zu schämen? Doch nur jene, die sich selbst als unansehnlich betrachten – und die können getrost wegbleiben, weil wir (FKK-ler jener Zeit) eh schöne nackte Körper bevorzugen, wie die FKK-Zeitschriften aus jener Zeit dies auch zeigten. Mit anderen Worten: Man habe nicht den richtigen Körper, um ihn ganz nackt zu zeigen, war damals schon eine Ausrede – und sie ist es auch heute.Campingliesel hat geschrieben:Der Originalsatz lautet so:
Man darf daran nicht gleichgültig vorübergehen; handelt es doch nicht bloß darum, dass solche, die allen Grund haben, sich ihres nackten Körpers zu schämen, nun einen plausiblen Vorwand gefunden haben, unsere Bestrebungen zu schmähen, – das kann uns ganz kühl lassen –,
Hier steht absolut nichts davon drin, daß sich jemand ihres nackten Körpers schämt, weil sie sich nicht schön genug findet, sondern eben einfach nur wegen des nackten Körpers. Aus welchem Grund das ist, steht nicht drin.
Exakt das habe ich auch gesagt – Zitat:Campingliesel hat geschrieben:Auch dieser Satz:
Es ist wohl nicht böser Wille, aber doch Gedankenlosigkeit und Weltfremdheit, die uns in Artikeln kirchlichen Zeitschriften entgegentritt, wenn man dort einerseits Prostitution, zweifelhafte Nachtlokale, schlechte Filme, Schundliteratur, andererseits Frauenmoden, Bubikopf, Turnbekleidung und – o Schrecken aller Spießer – Nacktkultur in einem Atem nennt und als Zeichen sittlichen Verfalls wertet.
meint absolut nicht das, was du da hineininterpretierst, sondern daß die Kirchen einfach die Nacktheit der FKK mit der Nacktheit der Sexualität auf dieselbe Stufe stellten und der FKK unterstellte, all diese Dinge der Sexualität zu praktizieren.
Jugend würde abgehalten, FKK-Bewegung beizutreten, indem man sie in die Nähe von zweifelhaften Dingen rücke – Stichwort Sexualisierung.
Natürlich nicht. Aber Ziele sind das Eine, die öffentliche Meinung aber das Andere. Und diese öffentliche Meinung wurde wesentlich durch die Kirchen beeinflusst, sonst würde der Schreiber jener Zeilen das nicht kritisieren. Dass die Kritik berechtigt war, beweist die 3 Jahre zuvor veröffentlichte Entschließung der deutschen Bischofskonferenz.Campingliesel hat geschrieben:Dabei war das eben nicht das ZIel der FKK.
Wer so denkt, dürfte nichts glauben, was Historiker über frühere Zeiten herausgefunden haben und Lehrer uns in der Schule erzählten. Historiker beschäftigen sich vornehmlich mit schriftlichen Zeugnissen, aber auch mit Bilddokumenten. Dazu gehören nicht nur Publikationen, sondern auch privaten wie offziellen Korrenspondenzen von wichtigen wie unwichtigen Personen, denn das alles ergibt auch ein Sittenblid der jeweiligen Zeit.Campingliesel hat geschrieben:Keiner von uns hat die 1920er erlebt und deren damaligen Zeitgeist oder das allgemeine gesellschaftliche Denken je erlebt.
Maren Möhring, eine deutsche Historikerin und Professorin für Vergleichende Kultur- und Gesellschaftsgeschichte des modernen Europas, hat sich mit der FKK-Bewegung beschäftigt und darüber auch eine Doktorarbeit geschrieben. In diesem Dokument beschäftigt sie sich mit der FKK-Ästhetik in der Weimarer Republik – Zitat:
Bereits um 1900 wurde in den FKK-Zeitschriften das Ideal des schlanken, sonnengebräunten und durchtrainierten Körpers propagiert, das sich in den 1920er Jahren, als sich die FKK-Bewegung zu einer Massenbewegung entwickelte, allgemein durchzusetzen begann.
Ich weiß, du wirst jetzt negieren, dass FKK schon damals zu einer Massenbewegung wurde, doch leider hast du für deine Sicht der Dinge keine Belege, sondern nur deine Überzeugung, man könne das heute nicht wissen, weil man damals nicht gelebt habe. Das ist an Einfältigkeit kaum zu überbieten.
Wie unsinnig diese Behauptung ist, kann man schon daran sehen, dass du für den heutigen Zustand der FKK (keine Jugend) genau die gesellschaftliche Ansichten der heutigen Zeit verantwortlich machst. Also was heute gilt, galt auch damals. Die Zeiten sind, wie sie sind, heute wie gestern. Die Stimmung in den 1920er war der in den 1970er ähnlich, d.h. der FKK zugeneigt. Danach hat sich die Stimmung jeweils wieder geändert, weil der Zeitgeist sich geändert hat. Dies alles können wir beurteilen, weil es darüber genügend Zeugnisse gibt, die das belegen.Campingliesel hat geschrieben:Egal, was sonst in den früheren Zeiten für gesellschaftliche Ansichten herrschten, in religiöser, sexueller oder modischer Hinsicht - bei der FKK war das unwichtig.
Übrigens: Ich habe jetzt nur einen Satz aus dem Artikel Maren Möhrings zitiert, aber ich empfehle allen, die hier mitreden wollen, den Artikel ganz zu lesen.
Abgesehen von den Zitaten, geben wir hier alle unsere persönliche Meinung ab, von wem denn sonst? Will sagen: Das muss man nicht extra hinschreiben.ynda hat geschrieben:Ist nur meine ganz persönliche Meinung, nichts anderes.
Das meine ich auch.Hans H. hat geschrieben:"Nicht mehr so wichtig" bedeutet natürlich nicht, dass man das ruhig alles vergessen könnte. Je nachdem, in welche Richtung die Moral der Gesellschaft sich in den nächsten Jahrzehnten bewegt, kann ein Rückblick auf die Geschichte möglicherweise sinnvoll sein, oder es bewegt sich so, dass man diesen auch nicht braucht.
Das sehe ich anders: Diese Leute, die ja alles Künstliche ablehnen, wären noch am ehesten von der FKK zu überzeugen, schließlich ist auch Kleidung voll künstlich.Hans H. hat geschrieben:Mit der Grundidee der Gründerväter kann man wohl kaum noch FKK-Anhänger gewinnen. Wenn auch heute sehr in Mode gekommen ist, vegetarisch oder vegan zu leben, passt eine zwanghafte Koppelung an FKK überhaupt nicht mehr in unsere Zeit.
PS: Diese Antworten sind ein wenig lang geraten, aber zum Glück muss sie niemand lesen, der sie nicht lesen will.
