arte Regards: FKK vor dem Aus?

[Wendelin1971]

Vielleicht hat die Jugend auch ein eher gespaltenes Verhältnis zur Nacktheit. Vielleicht sind ältere, da sie in einer anderen Zeit sozialisiert wurden, gegenüber "Body-Shaming", etc. resistenter. Vielleicht schreckt auch der hohe Anteil älterer Menschen (Männer?) ab, was zu einem "Henne-Ei-Problem" wird.
Vielleicht ist, bei jungen Menschen, die Nacktheit auch zu sehr mit Sex verknüpft.
Ich denke, die Gründe sind vielfältig und nicht einheitlich darstellbar oder lösbar.

Im Allgemeinen wird unsere Welt zwar offener, da sich jeder versucht in seiner "Insta-Story" darzustellen und sich sozial-medial nackt macht, aber gleichzeitig prüder, was die natürliche Nacktheit betrifft.

[Johannes07]

Von meinen Freunden macht niemand FKK. Manche finden das pervers..

[Wendelin1971]

Von meinen Freunden macht niemand FKK. Manche finden das pervers..

Haben sie dabei auch erklärt, warum sie diese Meinung haben?

[fkk_plz217]

Ich habe mir den Bericht auf arte angeschaut, fand diesen aber in der Analyse und der vorgestellten Vorschläge i.S. "FKK vor dem Aus" etwas schwach.

1. Zunächst: die geschichtlich gewachsene FKK-Kultur (in Deutschland, aber nicht allein dort) versucht zwischen den nackten Körper und Nudismus/FKK auf der einen Seite und Sexualität auf der anderen Seite eine größtmögliche Distanz zu schaffen, so dass quasi Nacktheit schon geradezu als natürlicherweise asexuell betrachtet wird.

Das ist natürlich eine Selbsttäuschung, weil damit verkannt wird, welches Set an kulturellen Techniken und Regeln damit verbunden ist, dass gemeinsame Nacktheit in einer Gruppe von Erwachsenen nicht entgleitet. Dieses (erlernte) Set an Techniken und Regeln, die ja hier auch gelegentlich Diskussionsthema im Forum sind, hat erst erlaubt und ermöglicht, dass FKK im Verein und im Beisein von Kindern und Jugendlichen (!) in der Weise möglich war.

Das ändert aber m.E. aber nichts daran, dass in der heutigen Gesellschaft, in der quasi alles mögliche sexuell konnotiert und aufgeladen sein kein, die Behautung, ausgerechnet der nackte Körper sei dies nicht, unglaubwürdig wirkt. Es bedürfte m.E. eines differenzierteren und ehrlicheren Umgangs mit dem Thema FKK und Sexualität. Platte Statements wie "FKK hat mit Sexualität nichts zu tun" wirken einfach nicht glaubwürdig und nähren nur den Verdacht, die wahren Motive sollten verschleiert werden.

2. Wir leben, wie gesagt, in einer Gesellschaft in der alles möglich sexuell aufgeladen sein kann ("Sex sells") und in der dann zugleich auch der eigene Körper zunehmend wie eine Auslegeware im Schaufenster für quasi Eigenwerbung herhalten muss. Der gepflegte, sportliche und per Tattoo oder Piercing individualisierte Körper stellt zur Schau, wer ich bin (und was ich zu leisten im Stande bin). Das bewirkt als Gegenreaktion eine gewisse Form von Prüderie und eine Art Gegenleistungs- bzw. Tauschdenken i.S. von: "Was habe ich davon, wenn andere Menschen meinen nackten Körper anstarren dürfen."

Den in dem Beitrag vorgestellten Ansatz aus UK, der FKK/Nudismus eher unter dem Gesichtspunkt der "body positivity" sieht, fand ich nicht uninteressant, aber es stellt sich mir dann wieder die Frage (s.o.) wie "body positivity" ohne oder sogar gegen "sex positivity" zu denken ist. Außerdem: Ist das nicht vielleicht alter Wein in neuen Schläuchen?

3. Mir ist es exakt genau so ergangen, wie hier schon beschrieben:

Die Ansätze aus Großbritannien fand ich wesentlich interessanter, als den Teil aus Deutschland.

Die Festivalform spricht viele junge Menschen an.

Ich weiß nicht genau, welche Ziele getnaked Deutschland verfolgt, aber für junge Menschen ist ein nackter Museumsbesuch in einer Gruppe oder eine Nacktwanderung nicht unbedingt ein altersgerechtes und auch nicht gerade ein niedrigschwelliges Angebot - eher im Gegenteil.

Da fand ich es schon interessanter, dass auf dem Gelände in UK quasi "clothing optional" gilt, so dass man als junger Mensch auch reinschnuppern könnte, aber erstmal in textil bis man sich sicher und wohl fühlt.

[natfree]

Die coulissen der Reportage geleistet vom Arte Team.
Ich mochte mich bei diesem TV Team herzlich bedanken. Sie haben eine sehr gute Arbeit geleistet und den FKK Lebsenstyl gut dargestellt.
Hoffen wir das er sehr positiv bei den Zuchauern ankommen wird.
Die Gruppe und das ARTE Team hat sehr gut zuzammen gearbeitet.

[WreckBeach]

Auch ich habe der Eindruck, dass es in England besser gelingt, junge Leute anzusprechen. Und ich glaube auch daran, dass es ein Interesse bei Jüngeren gibt. The Naked Tea Party macht zum Beispiel Partys und sogar ein Festival (https://www.thenakedteaparty.com). Vielleicht sollte Get Naked Germany mal was mit der Tea Party zusammen machen.

[regenmacher]

Auch ich habe der Eindruck, dass es in England besser gelingt, junge Leute anzusprechen.

Mal sind die Einen - und dann wieder die Andern vorne , wenn es darum geht, neue Interessenten zu gewinnen. Dein Eindruck kann zum Teil auch das Ergebnis der selektiven Öffentlichkeitsarbeit der BN sein, die diesen Aspekt besonders in den Vordergrund schiebt.

In jedem Fall aber gilt: Lerne von den Erfolgreichen. Das führt uns zum Video-Beitrag, in dem übrigens auch Hector auftritt. Hector war schon einmal (ich übertreibe: jugendlicher) Präsident der mexikanischen Naturisten. Jugendlich ist vielleicht etwas übertrieben, denn er ist längst verheiratet (ich habe Hochzeitsfotos). Es zeigt uns aber einen ganz wesentlichen Punkt auf : Wenn man eine Zielgruppe ansprechen will, dann ist es wichtig, Protagonisten aus dieser Gruppe "nach vorne zu schieben". Wir haben das z.B. so in Mexiko erlebt : Ohne den immerhin jung wirkenden Hector hätten wir die großen Nacktdemos in Mecico Stadt (vermutlich habe ich hier darüber notiert) nicht hinbekommen. Junge Leute werden durch junge Leute gewonnen. Es gibt wohl auch eine altersabhängige Neigung, Bindungen zu Ideen einzugehen. Im Leben jüngerer Menschen ändern sich die Lebensumstände in wesentlich kürzeren Zeitskalen als bei älteren Menschen (Der Unterschied zwischen 20 und 30 Jahren ist deutlich größer als der Unterschied zwischen 50 und 60 Lebensjahren) Für jüngere Menschen sind daher kurze Aktionen zu bevorzugen. Aktionen die noch nicht eine enge Bindung an einer Idee bedeuten, und die im Vorhinein bereits "Entschuldigungen" der Art "Ich habe bei der Nacktaktion nur mitgemacht, um eine Wette zu gewinnen / etwas Verrücktes auszuprobieren ..." ermöglichen.
"Nackte Museumsbesuche" sind ein Beispiel. Diesbezüglich haben wir bei der französischen FFN recht gute Ergebnisse erzielt. Vermutlich habe ich auch darüber hier bereits notiert. Vielleicht lässt sich auch so etwas - wie heißt es heute so schön - als "Challenge" organisieren.

alle Grüße
michael regenmacher
.

[Trixi]

@regenmacher:
Das ist immer so schön schlau dahergeredet.
Aber was habt Ihr denn mit diesen/solchen schlauen Reden die letzten Jahre oder Jahrzehnte erreicht? Ganz wenig bis nichts.

Ihr hattet es doch in der Vergangenheit in den Händen Junge Leute für FKK zu begeistern. Jetzt rennt Euch die Zeit davon.
Besonders Du versteckst Dich gerne hinter Veranstaltungen oder Organisationen aus anderen Ländern. Und? Was bringt das?
Was nützen Erfolge in Mexiko oder Frankreich, wenn Ihr das hier nicht umsetzen könnt/wollt?

Warum schafft Ihr alten Hasen es nicht junge Leute zu begeistern? Ihr habt doch sicher (fast) alle Kinder oder auch schon Enkel. Was ist mit denen? Wie stehen die zur FKK? Wenn ich Berichte von Wanderungen sehe/lese, dann sieht man hauptsächlich Männer, wenige Frauen und alle Ü50. Aber was ist mit deren Kindern/Enkeln? Warum wandern die nicht mit?
Wenn Ihr es nichtmal in den eigenen Reihen/Familien schafft, dann muss man sich auch nicht wundern, wenn der Nachwuchs ausbleibt.

Das ist meine persönliche Meinung und Ihr könnt jetzt gerne auf mich einprügeln.

[Die Nackten]

Die Anmerkung von Trixi ist nicht so abwegig - wenn man es allgemein betrachtet. Wir wollen uns nicht auf den Regenmacher per se einschießen, nein, wir reflektieren nur Trixis Argumente.
Natürlich haben wir uns auch viele Gedanken gemacht - Wieso, Weshalb Warum...?
Wir denken, dass das Thema FKK, Naturismus erst mit der persönlichen Reife (erst) kommt. Ausnahme: Man ist von klein auf damit aufgewachsen. Uns kommt es auch so vor, frei nach dem Motto: "Was war zuerst da? Die Henne, oder das Ei?"
Wir sind der Meinung, dass wir (also alle bereits eingesessenen FKK-ler) diese unsere FKK-Welt nicht verbessern geschweige revolutionieren können. Wir sehen nur eine Chance in Kleinarbeit im unmittelbaren Nahbereich. Wir machen keinen Hehl daraus dass wir FKK machen. Wir sprechen das normal an (sowohl in der Firma als auch in der Familie) und keiner hat "ein Problem" damit. Man kann Impulse setzen, Ja!, aber viel mehr geht dann auch nimmer. Missionieren bringt gar nix. Und was in anderen Ländern abgeht oder nicht, ist vollkommen nebensächlich. Warum? Wenn selbst Deutsche, Österreicher und Schweizer unterschiedlich sind (teilweise) wie Tag und Nacht, wie soll das dann sein bei Franzosen, Briten usw....?!?
Wenn wir alle unsere "Hausaufgaben" machen und uns um "Aufklärung" bemühen, ist schon viel geschehen.

[Trixi]

Ich sage mal so. Bis zur Wende war FKK im Osten gang und gäbe. Dann haben wir uns leider der prüden Übermacht aus dem Westen unterworfen und es ging stetig bergab.
Warum wurde nicht schon damals etwas unternommen? Die alte FKK-Generation (Westen) von heute (so ab 60) war doch sicher damals schon FKK begeistert oder organisiert, aber Nachwuchsarbeit gab es keine.

Heute ist der Zug abgefahren.