Eule hat geschrieben:@ Arno
Das von dir hier eingebrachte Zitat gefällt mir nicht. Es lässt den Schluss zu, dass durch die Gewöhnung des Anblickes eines unbekleideten Körpers eine Reduzierung der Sensibilität für die Sexualität einträte. Dieses sehe ich so nicht. FKK’ler sind im gleichen Umfange sexuelle Wesen, wie die Textiler. Ja, es gibt sogar die These, dass der bekleidete Körper als Reizkörper eine größere Wirkung habe, weil hier die Phantasie mehr gefordert würde.
Wir müssen uns von der Vorstellung verabschieden, dass der unbekleidete Körper immer den Wunsch nach einem sexuellen Kontakt auslöse und diese Erkenntnis schon immer so bestanden habe. Dieses stimmt nicht. Diese falsche Zuweisung dürfte eine Aussage der frühindustriellen Gesellschaft sein und wäre damit ca. 150 Jahre alt. Es ist aus der Literatur zu entnehmen, dass in der früheren Zeit die Nacktheit ohne diese Anhaftung des moralischen Vorwurfes gesehen wurde. Weiter müssen wir bedenken, dass die Nacktheit immer als „ein Fehlen …“ angesehen wurde und als solches auch im übertragen im Sinne.
Also, die beiden letzten Sätze meines Zitats:
"Der Anblick von gegengeschlechtlicher Nacktheit behält zwar seinen ästhetischen Wert und eine gewisse Neugier in Bezug auf die Körper anderer Menschen bleibt bestehen. Der nackte Körper per se ist jedoch nicht mehr sexuell erregend, sobald die gesellschaftlich erlernten Schemata wegfallen."
sind in der Tat nicht ganz konsistent. Ein Körper, egal ob nackt oder bekleidet, kann grundsätzlich immer attraktiv (im Hinblick auf Kleidung: je weniger bzw. körperbetonter, um so eher) sein, wobei - natürlich - Schönheit bzw. Attraktivität im Auge des Betrachters liegt. Diese Attraktivität des Körpers, ist immer da, einfach, weil ein Körper existiert. Dies beinhaltet m.E. der erste Satz mit der Aussage, dass der Anblick gegengeschlechtlicher Nacktheit seinen ästhetischen Wert behält. Ich benenne das einmal als passive Sexualität.
Was dann m.E. aber entfällt, und was so aus dem zweiten Satz nicht herauskommt, vielleicht aber so gemeint ist, ist, dass Nacktheit gleichgesetzt wird mit einer impliziten Kommunikation, die den Wunsch einer aktiven Aufnahme sexueller Aktivitäten zum Ausdruck bringen soll.
Daher Zustimmung zu Deiner Aussage:
"Wir müssen uns von der Vorstellung verabschieden, dass der unbekleidete Körper immer den Wunsch nach einem sexuellen Kontakt auslöse und diese Erkenntnis schon immer so bestanden habe. Dieses stimmt nicht."
Keine Zustimmung, aber das ist im Kontext Nacktheit - Sexualität unerheblich zu folgender Aussage:
"Diese falsche Zuweisung dürfte eine Aussage der frühindustriellen Gesellschaft sein und wäre damit ca. 150 Jahre alt. Es ist aus der Literatur zu entnehmen, dass in der früheren Zeit die Nacktheit ohne diese Anhaftung des moralischen Vorwurfes gesehen wurde."
H.P. Dürr weist in seinem Buch "Der Mythos vom Zivilisationsprozess - Nacktheit und Scham" nach, dass Nacktheit in der Öffentlichkeit seit jeher und in so ziemlich allen bekannten Kulturen auf stark eingegrenzte Räume/Situationen begrenzt war und dann strenge Regeln, vor allem Blickregeln zu beachten waren, um NICHT gegen den "Anstand" zu verstoßen. Leider führt er nicht aus, warum das so war.