CHICO hat geschrieben:
Grässlich sind Menschen, die glauben, Wahrheiten verkünden zu können. Ein Einzelner hat vorerst immer nur eine Meinung; Wahrheiten gibt es zur zu zweit (Hannah Arendt).
Wenn solche Namen auftauchen (Hannah Arendt) dann google ich doch gleich.
Allerdings habe ich zu deinem Post nur den Titel "Wahrheit gibt es nur zu zweien" gefunden.
Der Rest entstammt wohl eher deiner Feder. Das sollte man trennen, damit Wahrheit und Meinung nicht durcheinander kommen.
Aber nun zum ersten Satz: Da bin ich etwas anderer Meinung. Eine Wahrheit ist immer erstmal frei von Wertung eine Tatsache. Ob man diese nun nennt, oder wie du formulierst sie verkündet, ist unerheblich vom Wesen des Verkünders. Das können selbstverständlich auch grässliche Menschen sein, aber das tut der Sache keinen Abbruch. Jedenfalls dann, wenn die "Wahrheit" auch eine Tatsachenwahrheit ist, wie Hannah Ahrendt das nennt.
Ich vermute, das du bei deinem Satz aber darauf abzielst, dass der Verkünder nur die Wahrheit behauptet, dies aber gar nicht zutrifft. In dem Falle missbraucht also der Verkünder den Begriff und das kann dann natürlich zu deiner Wertung führen. Da sollte man aber auch genau benennen worum es geht.
In diesem Sinne ist Hannah Ahrendt übrigens hochaktuell. Sie schrieb schon 1964:
Zwar hat es vermutlich nie eine Zeit gegeben, die so tolerant war in allen religiösen und philosophischen Fragen, aber es hat vielleicht auch kaum je eine Zeit gegeben, die Tatsachenwahrheiten, welche den Vorteilen oder Ambitionen einer der unzähligen Interessengruppen entgegenstehen, mit solchem Eifer und so großer Wirksamkeit bekämpft hat.
Quelle:
https://de.wikipedia.org/wiki/Wahrheit_und_PolitikDas hat zwar mit sozialadäquater Nacktheit überhaupt nichts zu tun, aber mit deren Grundlage, der Gesellschaft. Denn wenn Interessengruppen und Meinungen "mit solchem Eifer" wie derzeit propagieren, dann kann in einer Gesellschaft kein aufgeklärtes und tolerantes Klima herrschen, indem solche nebensächlichen Dinge wie Nacktheit widerspruchsfrei akzeptiert würden.
Ich zitiere nochmal Hannah Ahrendt:
„daß keiner glücklich genannt werden kann, der nicht an öffentlichen Angelegenheiten teilnimmt, daß niemand frei ist, der nicht aus Erfahrung weiß, was öffentliche Freiheit ist, und daß niemand frei oder glücklich ist, der keine Macht hat, nämlich keinen Anteil an öffentlicher Macht.“
aus o.g. Quelle
Ja, das ist der Kern, von mir fett hervorgehoben. Und das ist die Erfahrung die wir heute machen, das wir
keine Macht haben um unsere Interessen, also diese Nacktheit durchzusetzen. Bis auf die Nischen, die historisch entstanden sind, wo wir noch diese Macht hatten.
Aber das ist nur meine Meinung und deswegen nicht wichtig. Und muss schon gar nicht richtig sein, also wahr.