@ Eule:
Campingliesel ist in einer FKK-Familie hineingeboren worden und war bis zu ihrem 18. Lebensjahr in einem FKK-Verein aufgewachsen und aktiv. Ich hingegen bin in einer Familie aufgewachsen, in der die Nacktheit kein Thema war, es gab diese einfach nicht. Weder habe ich meine Eltern noch meine Geschwister unbekleidet gesehen. Nach der Auffassung der Initiatoren der Petition wuchs ich in der "Unschuld der Kinder" auf und war so gegen sexuellen Missbrauch besser geschützt als Campingliesel, die ja ohne diese "Unschuld der Kinder" aufwuchs. Ist dieser Ansatz logisch? Kann man dieses wirklich so sagen.
Nach der Meinung der FKK'ler müsste Campingliesel über ein stärkeres Geschlecht verfügen als ich, da sie ja in einer natürlichen Nacktheit aufwuchs, ihr die Unterschiede des Körperbaues der Geschlechter bekannt und immer sichtbar war. Kann dieses wirklich so gesagt werden?
Ganz so einfach sind diese Fragen nicht zu beantworten. Das ist viel zu sehr nur schwarz und weiß gemalt.
Ich bin zwar mit der FKK aufgewachsen, aber es durchaus nicht so, daß ich nichts anderes als FKK gekannt habe. Als FKK-Familie versteht man ja anscheinend heute, daß man zu Hause fast ständig nackt lebt. Aber das war bei uns nicht der Fall. Wir waren NUR im Verein nackt und auf den FKK-Campingplätzen. Öffentliche vereinslose Plätze kannten wir nicht, also solche wie jetzt die FKK-Strände z.B. an den Seen hier.
Außerdem hat ja meine FKK-Laufbahn nicht mit dem Austritt aus dem Verein bzw "Nicht-wieder-Eintritt" in den Verein geendet, sondern allenfalls eine Pause bedeutet, weil mein damaliger Mann ein paar Jahre brauchte, bis er sich darauf einließ. Und die 2. Pause während der 90er lag einfach daran, daß ich keine Gelegenheiten für die FKK hatte. Aber geändert hat sich meine Einstellung dazu nie. Und seit 2002 mache ich ja auch wieder FKK. Nur FKK-Urlaube waren nicht mehr so häufig wie früher.
Ich kannte auch genauso Textilbäder und Textilcampingplätze. Das lief bei uns einfach parallel durch die Möglichkeiten, die wir hatten oder eben nicht hatten.
Unter kindlicher Unschuld verstehe ich einfach die kindliche Unwissenheit über die Bedeutung der Dinge. Es spielt dabei auch überhaupt keine Rolle, ob das Kind nackte Menschen sieht oder nicht. Jedenfalls nicht bei KLeinkindern unter 3 Jahren. Ich kann mich auch absolut nicht daran erinnern, daß ich mir als 3, 4 und 5jährge irgendwelche Gedanken gemacht hätte, wieso jetzt auf dem Campingplatz an dem See in Österreich alle Leute nackt waren und warum das zu Hause im Schwimmbad nicht so ist. Das ist in diesem Alter einfach bedeutungslos. Ebenso wenig wie ein KInd eine Ahnung davon hat, daß Nacktheit auch mit sexuellen Dingen in Verbindung stehen kann. Oder was das überhaupt sein soll. Aber ich wurde eben langsam und unmerklich daran gewöhnt, was FKK war und was es eben nicht dabei gab.
ABer die kindliche Unschuld hatte ich sicher genauso wie alle anderen Kinder auch.
Aber irgendwann war mir sicher auch klar, daß es Dinge gibt, die nicht unbedingt für Kinder geeignet sind, zu sehen oder zu wissen.
Da es auf den FKK-Plätzen absolut nichts gab, was irgendwie mit sexuellen Dingen zu tun hatte, so wußte ich anscheinend intuitiv, wo es Grenzen gab. Ohne daß ich das damals hätte erklären können.
Wenn mich jemand , also ein Nicht-FKKler, gefragt hatte, ob ich denn keine Angst hätte, daß mich jemand unsittlich antatscht oder so, dann konnte ich ruhigen Gewissens sagen, daß es dort sowas nicht gibt und daß ich deshalb keinen Grund für Angst vor sowas haben muß. Heute kann man das leider nicht mehr so generell sagen.
Daß das eher auf Textilplätzen passiert, zeigt ein Beispiel: Einmal trat im Textilschwimmbad ein in meinen Augen "jüngerer" Mann auf mich zu. Ich war wohl so etwa 8 Jahre alt. Er stellte sich also vor mich hin und packte seinen Penis aus der Hose aus, um mir das zu zeigen. Ich hatte zwar keine Ahnung, was das sollte und warum er das machte, und ich wurde auch nicht hysterisch oder ängstlich, sondern das einzige, was ich dachte, war: "Na und? Das habe ich im Verein oder im Urlaub schon oft genug gesehen. Was soll da jetzt was Besonderes sein?" Und ich ging achselzuckend weg. Trotzdem spürte ich, daß dieses Verhalten nicht in Ordnung war. Ich habe meiner Mutter aber nichts davon erzählt, weil es eben keine so besondere Bedeutung für mich hatte und ich es deshalb auch völlig vergessen hatte, zu erzählen. Trotzdem kann ich mich noch gut daran erinnern. Da das ja mitten im Schwimmbad passierte und es auch leicht für alle zu sehen gewesen wäre, ist der junge Mann ja auch nicht weiter aufdringlich geworden. Ich machte mir also keine weiteren Gedanken mehr darüber, was womöglich noch alles hätte passieren können.
Ich kann mir aber gut vorstellen, daß ein KInd, das noch nie andere nackte Menschen gesehen hat, nicht so gelassen reagiert hätte.
Auch als Jugendliche hatten wir keinerlei Probleme mit der FKK, weil es eben etwas völlig Natürliches war, daß man sich körperlich verändert. Das gehörte eben zum Leben und jeder Jugendliche konnte es kaum erwarten, endlich auszusehen wie die Erwachsenen. ABer geschämt hat sich keiner wegen den Veränderungen.
Wir hatten auch keine Angst, daß uns irgendjemand sexuell belästigen könnte. WEnn man jemanden nicht an sich heranlassen wollte, dann sagte man das eben deutlich.
Sicherlich konnte es sein, daß man sich verliebte und es auch zu Küssen und Streicheln kam. Wir wußten aber auch, daß es Annäherungsversuche geben könnte, die man sich nicht gefallen lassen muß. Aber das hatte ja mit der FKK nichts zu tun. Da gab es für uns keinen Unterschied, ob man so etwas evtl auf einem FKK-Platz oder einem Textilplatz erleben könnte. Man kann schließlich in jedem Fall sagen "Nein" und "Stop".
ABer nach meiner Erfahrung im Schwimmbad hatte ich eher das Gefühl, daß sowas eher auf Textilplätzen passiert als auf FKK-Plätzen. Auf Textilplätzen sind vor allem eben die Jungs und Männer viel neugieriger als auf FKK-Plätzen, weil sie ja nicht an nackte Menschen gewöhnt sind. Auf FKK-Plätzen ist das nichts Besonderes mehr. Diese Neugier fällt da also schon mal weg. Auf Textilplätzen müßte sich ja einer erst mal an eine ranmachen, wenn er was sehen wollte. Und umgekehrt auch. Aber es sind ja eher die männlichen Wesen, die immer was sehen wollen. Mädchen interessiert das alles nicht sooo sehr. Auch daß sich Jungs oder Männer so zeigen wollen, war damals zumindest kaum ein Bedürfnis auf FKK-Plätzen. Ich habe jedenfalls nie etwas derartiges erlebt.
Und genau diese Dinge sind eben heute leider nicht mehr so selbstverständlich, daß sie nicht auf FKK-Plätzen stattfinden. Es gibt ne Menge Leute, die den Sinn der FKK darin sehen, sich zu zeigen und zu präsentieren, auch solche, die nichts Ungewöhnliches dabei finden, wenn einer einen Steifen hat. Das hätte es eben damals niemals gegeben. Ich kann sogar sagen, daß ich das vorher nie irgendwo gesehen habe und deshalb nicht mal wußte, was ein Steifer überhaupt ist, bevor ich nicht meine persönlichen Erlebnisse damit gehabt habe. Aber das hatte auch nicht auf FKK-Plätzen stattgefunden. (soviel zum Thema, daß man eben als FKKler nicht asexuell ist und nicht sexfeindlich eingestellt ist. Nur hat es eben mit der FKK nichts zu tun) Diese Dinge sind eben privat und gehören nur in den privaten Bereich.
Insgesamt kann ich also sagen, daß ich als FKKlerin, die das von klein auf kennt, viellleicht mehr geschützt bin und war. Ich habe zwar ein natürliches Verhältnis zum Körper und auch zur Sexualität,( eben da, wo sie hingehört), aber das heißt nicht, daß ich mich leichtfertiger auf Dinge einlasse, die ich nicht will oder die böse enden könnten. Ich konnte mich damals jedenfalls auf FKK-Plätzen sicher fühlen, daß nichts Unangenehmes passierte. Und ich wußte, wo die Grenzen lagen, was erlaubt war und was nicht. Oder was normal war und was nicht normal gewesen wäre. Ich bin sicher, daß wohl so ziemlich alle so denken, die es genauso erlebt haben wie ich.
Das klingt zwar nach Verallgemeinerung, aber es betraf eben Millionen von FKK-Fans in all der Zeit und auf sämtlichen offiziellen Plätzen.
Heute und seit gut 20 Jahren ist das eben leider nicht mehr so. Die heutige Prüderie zeigt mir, daß viele junge Leute das nicht mehr so abgrenzen können und deshalb mehr Angst haben. Und genau das kommt von der starken Vermischung von der Nacktheit der FKK und der Nacktheit der Sexualität.
Und da kann mir einer erzählen, was er will. Alle anderen angeblichen Gründe sind nur oberflächliche Ausflüchte. Und die gab es größtenteils schon immer, wenn jemand die FKK von vornherein ablehnte. Auch mit Zeitgeist hat das gar nichts zu tun, denn der hat sich ja schließlich seit Beginn der FKK bis zu den 90ern auch häufig und sehr drastisch geändert. Was aber der FKK nie geschadet hat.