Aria hat geschrieben:Ich wüsste jetzt nicht, wann die SZ Fehlinformationen verbreitet hätte. Und wenn doch, dann handelte es sich um konträre Positionen zu denen von RKI oder Christian Drosten, um die Leser darüber zu informieren, dass es auch andere Meinungen gibt, ohne sich diese gleich zu eigen zu machen. Kritisch zu sein und alle Seiten zu hören, das erwarte ich von einer seriösen Zeitung. Die SZ geht außerdem vorsichtig mit Studien um, die mit wenig Daten arbeiten und/oder in irgendwelchen obskuren Verlagen erscheinen.
Das ist alles OK, solange es so ist, aber sie hatten ebenso wie mehrere andere große Zeitungen im Juni in der Diskussion um die damals kontrovers diskutierte Frage der Infektionshäufigkeit bei Kindern und der Übertragbarkeit durch Kinder Aussagen von Drosten verzerrt wiedergegeben, so dass der ohnehin in der Öffentlichkeit falsche Eindruck über die Meinungsverschiedenheiten zwischen ihm, Streek und Kekulé wieder angefeuert wurde.
Ebenso die Berichte im Sommer über Diskussionen zur voraussichtlichen Dauer der Impfstoffentwicklung waren in allen Medien (Zeitschriften und TV) voll daneben. Niemand hat offen gesagt, dass Virologen dafür überhaupt nicht die Fachleute sind (sich auch ganz klar nicht als solche bezeichnet haben), und auch nur aus Erfahrungswerten zu früheren Entwicklungen und mit dem Wissen über die Zulassungsverfahren Antworten geben konnten. Da wurden unterschiedliche Einschätzungen unsinnigerweise in der Presse auch so interpretiert, der eine widerspreche dem anderen. Bessere Einschätzungen gab es von den Entwicklern selbst, aber die Presse hat lieber die Virologen gefragt, die nie selbst an einer Impfstoff-Entwicklung beteiligt waren und auch nicht die Fachleute für die gentechnologischen Verfahren sind, die bei CureVac und BioNTech zur Anwendung kommen.
Alle, und da hat sich auch die SZ nicht herausgehalten, sondern oft etwas von anderen übernommen, haben jeden Strohhalm aufgegriffen, mit dem man diesen angeblichen Streit zwischen den Experten hochspielen konnte und das hat der öffentlichen Meinung in Bezug auf das Vertrauen in die Wissenschaft überhaupt nicht gut getan.
Wenn man die Drei wörtlich selbst gehört hat, und aufgrund der eigenen langjährigen Tätigkeit in bio- und biomedizinischen Wissenschaften von wissenschaftlichen Auswertungen von Studien im Anfangsstadium(*) etwas versteht, dann war klar, dass es sich um eine wissenschaftlich konstruktive Diskussion handelte, in die jeder seine Gedanken einbrachte und natürlich auch mal widersprach, wenn er eine Deutung für unrealistisch hielt, aber keinesfalls um einen Streit und ebenso wenig um "Eitelkeiten", die von allen Medien den Virologen vorgehalten wurden.
(*): Damit meine ich, in einem Stadium, in dem die Ergebnisse noch lange nicht die Ableitung einer wirklich sicheren Aussage ermöglichen, dazu also noch sehr viele Daten fehlen. Das war ein Zeitpunkt, zu dem man im Normalfall wegen der Unsicherheiten noch keine Veröffentlichung zu einem Thema herausbringt.
Aber hier drängte die Zeit und man musste über Ergebnisse diskutieren, deren Grundlage noch nicht sicher war. Und diese Diskussion, die normalerweise in diesem Stadium nur vertraulich in einer Arbeitsgruppe in einer Uni oder Klinik stattfindet, hat man öffentlich unter Beteiligung aller Fachleute geführt. Das war auch gut so, damit jeder alle Meinungen der anderen Fachleute hörte.
Dies dann in den Medien derart wissenschaftsfeindlich über Monate als Expertenstreit darzustellen, hat nur den "Querdenkern" viele ihrer falschen Argumente geliefert, war aber für die Akzeptanz der Corona-Maßnahmen äußerst schädlich.Dabei war die eine Zeitung schlimmer, die andere weniger schlimm, sich aber herausgehalten und darüber nur sachlich korrekt berichtet hat auch die SZ nicht.