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Geschichte der FKK

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Re: Geschichte der FKK

Beitrag von CHICO » Sa 30. Okt 2021, 19:39

Gesetze interpretieren Richter unterschiedlich. Darum kommen Fehlurteile zu Stande! Das ist dann keine Rechtsbeugung.
Keine neue Empfehlung: „Klar. Habe den Mut, Dich Deines eigenen Verstandes zu bedienen“. „Sapere aude“ sagte man lateinisch. Immanuel Kant griff dieses dann intensiv auf.

 
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Re: Geschichte der FKK

Beitrag von Tim007 » Sa 30. Okt 2021, 21:23

CHICO hat geschrieben:Gesetze interpretieren Richter unterschiedlich. Darum kommen Fehlurteile zu Stande! Das ist dann keine Rechtsbeugung.


Es ging bei Arias Beispiel um die Strafbarkeit der Homosexualität nach § 175 StGB a.F.
Ein Richter konnte sich nicht darüber hinwegsetzen.

Und was "Fehlurteile" sind, bestimmt wer?
Es gibt Urteile, die sind juristisch nicht zu beanstanden, aber faktisch problematisch.
Und umgekehrt.

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Re: Geschichte der FKK

Beitrag von Hans H. » Sa 30. Okt 2021, 22:44

Tim007 hat geschrieben:Ein Richter konnte sich nicht darüber hinwegsetzen.
Im Prinzip richtig, aber mit gewissem Auslegungsspielraum in der Härte der Urteile. Das ändert nicht die Richtigkeit von Arias Aussage:
Aber welches Verhalten als sittlich oder unsittlich zu werten ist, darüber entscheiden Gerichte, die sich meistens einig mit der Meinung im Volk wissen.
Es war wohl etwas ungeschickt, dahinter die Sache mit dem § 175 StGB a.F. in der Fassung der 20 Jahre bis 1969 (danach galt es bis 1994 nur noch unterhalb der Volljährigkeit) zu zitieren, weil dafür nicht die Frage war, was als sittlich oder unsittlich zu werten ist, sondern eben noch dieser Paragraph galt.
Aber gerade in diesem Forum sollte es ja kein Zweifel geben, dass oft genug vor Gericht die Frage ist, welches Verhalten als sittlich oder unsittlich zu werten ist. Nach dem GG kann immer noch gesagt werden, dass etwas gegen das Sittengesetz verstößt, obwohl es kein Gesetz mit dieser Bezeichnung gibt.

Wenn man Spezialisten danach fragt, was das ist, bekommt man von manchen (auch von Juristen!) die Antwort, dass es sich um Grundwerte des Christentums handelt. Fragt man, wo die stehen, können nur Bibelstellen zitiert werden, so wie das alte Testament gegen die Homosexualität zwischen Männern. S. in diesem Artikel über die Geschichte des § 175 StGB: https://www.lto.de/recht/feuilleton/f/s ... -maennern/

Von manchen bekommt man auch die Antwort, dass im modernen Rechtsstaat für das Sittengesetz nur das gesunde Volksempfinden zugrunde gelegt werden könnte. Das ist zwar eine modernere und von der kirchlichen Grundlage losgelöste Ansicht, aber auch völlig unberechenbar, also extrem unterschiedlich auslegbar (dazu passt auch der Satz von Aria). Ich hatte in einem Gespräch zu diesem Thema von einem Juristen mal gehört, dass er generell darauf besteht, dass das Sittengesetz wegen der Nichtexistenz ein unbestimmter Rechtsbegriff ist und deshalb die Anwendung, also die Frage, ob etwas gegen das Sittengesetz verstößt, in jeglicher Verhandlung grundsätzlich abzulehnen ist. Bleibt zu hoffen, dass so eine Ansicht mehr Verbreitung findet (dieser Jurist ist allerdings bereits in Rente).

 

Re: Geschichte der FKK

Beitrag von CHICO » So 31. Okt 2021, 07:20

@ Hans H. „Nach dem GG kann immer noch gesagt werden, dass etwas gegen das Sittengesetz verstößt, obwohl es kein Gesetz mit dieser Bezeichnung gibt.“
Ja, man kann es sagen; aber ob man damit zu einem Urteil nach einem „Sittengesetz“ kommt, ist ganz etwas Anderes. Sagen ist nicht verboten. Nur der Hinweis auf das sogenannte „Sittengesetz“, um ein Verbot zu erreichen, reicht vor Gericht ggf. nicht, bzw. dürfte keinen Bestand haben.

Und das „gesunde Volksempfinden“ haben wir in hässlicher Art in der Nazizeit kennen gelernt. Sitte war, die Naziverbrecher zu bejubeln. Von Sitte und Sittengesetz sollte großer Abstand gehalten werden!

 
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Re: Geschichte der FKK

Beitrag von Tim007 » So 31. Okt 2021, 10:24

Hans H. hat geschrieben:Wenn man Spezialisten danach fragt, was das ist, bekommt man von manchen (auch von Juristen!) die Antwort, dass es sich um Grundwerte des Christentums handelt. Fragt man, wo die stehen, können nur Bibelstellen zitiert werden, so wie das alte Testament gegen die Homosexualität zwischen Männern.


Beides ist fraglich.

Richtig ist allenfalls, dass das Abendland christlich geprägt worden sein mag. Aber auch umgekehrt: Auch das, was vermeintlich "christlich" ist, wird durch die eigene Überzeugung geprägt. Ein Wechselspiel.

Und wenn die Bibelstelle mit Onan gemeint ist: Der Sinn ist ein anderer. Aber das würde hier zu weit führen.

Im Prinzip richtig, aber mit gewissem Auslegungsspielraum in der Härte der Urteile.


Auch das ist zumindest missverständlich. Das eine betrifft unbestimmte Rechtsbegriffe, das andere (als Konsequenz) den Ermessensspielraum. Vielleicht ist es geschickter, sich in diesem Rahmen den Ordnungswidrigkeiten zuzuwenden. Und dann landen wir bei unserem Lieblingsparagraphen, der in der Praxis allerdings nicht (mehr) die Bedeutung hat, die ihm hier immer beigemessen wird.

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Re: Geschichte der FKK

Beitrag von Aria » So 31. Okt 2021, 11:22

Tim007 hat geschrieben:
Aria hat geschrieben:Aber welches Verhalten als sittlich oder unsittlich zu werten ist, darüber entscheiden Gerichte, die sich meistens einig mit der Meinung im Volk wissen. Als gäbe es Art. 2 GG nicht, haben sie Homosexuelle mehr als 20 Jahre weiter zu Gefängnisstrafen verurteilt wie zuvor in Nazideutschland.
Gerichte sind an Gesetze gebunden, die von der Legislative als Vertreterin des Volkes beschlossen worden sind. Und der alte § 175 StGB sah entsprechende Strafen vor.
So argumentiert jemand, der es sich leicht machen will.

Diskriminierung aufgrund des Sittengesetzes – Zitat (Fettschreibung durch mich):

Doch nicht nur die Politik, sondern auch die Justiz hat maßgeblich dazu beigetragen, dass zwischen 1946 und 1994 noch weit mehr als 50.000 Strafurteile auf Grundlage des § 175 StGB ergingen. Wie weit die Justiz den Paragraphen ohne Not auslegte, zeigt etwa ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) aus dem Jahr 1953. Entscheidungserheblich war dabei die Frage, ob gemeinsames (nicht: gegenseitiges) Onanieren bereits eine sexuelle Handlung im Sinne der §§ 175, 175a darstelle. Die Antwort lag für das Gericht auf der Hand, indem es Grundsätze der Pädophilenstrafbarkeit 1:1 auf die Strafbarkeit Homosexueller übertrug:

Zur Vornahme unzüchtiger Handlungen mit einem Kinde genügt es nach der Rechtsprechung, dass der Täter dessen Körper als Mittel benutzt, Wollust zu erregen oder zu befriedigen. Dazu gehört nicht, dass er den Körper berührt. Vorausgesetzt wird nur, dass er ihn sonstwie in Mitleidenschaft zieht.
[…]
Danach setzen die §§ 175, 175 a StGB nicht voraus, dass der Täter den Körper des anderen Mannes bei seinem unzüchtigen Treiben berührt. Es genügt, dass der Täter eine Beziehung zwischen dem eigenen unzüchtigen Treiben und dem Körper des anderen Mannes schafft, dessen Körper auf diese Weise an dem gesamten unzüchtigen Vorgang teilhaben lässt und so in Mitleidenschaft zieht.

BGH, Urt. v. 22.09.1953, Az. 2 StR 160/53

Wenige Monate später erklärte der BGH hierauf aufbauend auch das bloße Zuschauen beim Geschlechtsverkehr zweier anderer Männer zur Straftat:

Umsomehr ist beim Triolenverkehr unter Männern, wie es hier festgestellt ist, ein Unzuchttreiben des sog. Triolisten, d. h. des lediglich zuschauenden Mannes, jedenfalls dann anzunehmen, wenn er die beiden anderen Männer oder auch nur einen von ihnen zum Mitmachen bestimmt hat.
BGH, Urt. v. 13.11.1953, Az. 2 StR 456/53

(…)

Etwas knapper kommt das BVerfG auch auf die Frage zu sprechen, ob das Verbot von Homosexualität überhaupt rechtmäßig sein kann. Die in dem Verbot liegende Beschränkung der persönlichen Handlungsfreiheit begründete das Gericht seinerzeit unter Verweis auf Art. 2 Abs. 1 GG, der dem Einzelnen persönliche Handlungsfreiheit (übrigens bis heute) nur gewährt, "soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt". Letzteres sei aber "eindeutig" der Fall, was sich unter anderem aus der diesbezüglichen Haltung der Kirchen ergebe:

Das persönliche sittliche Gefühl des Richters kann hierfür nicht maßgebend sein; ebensowenig kann die Auffassung einzelner Volksteile ausreichen. Von größerem Gewicht ist, daß die öffentliche Religionsgesellschaften, insbesondere die beiden großen christlichen Konfessionen, aus deren Lehren große Teile des Volkes die Maßstäbe für ihr sittliches Verhalten entnehmen, die gleichgeschlechtliche Unzucht als unsittlich verurteilen.
BVerfG, Urt. v. 10.05.1957, Az. 1 BvR 550/52

Das zeigt, dass es beinahe gleichgültig ist, wer sich das nicht in Schriftform existierende Sittengesetz zu eigen macht, denn sowohl die Politik als auch die Justiz agieren nicht im luftleeren Raum, sondern sind dem Volk verpflichtet, das denkt, wie es eben denkt bzw. was ihm gesagt wird, dass es denken soll.

Das habe ich auch in meinem Beitrag vom Sa 30. Okt 2021, 18:16 versucht deutlich zu machen, in dem ich zum Thema Homosexualität und Gerichte schrieb – Zitat:

Das war von der Mehrheit des Volkes auch so gewollt, und als man daran ging, endlich diesen Ballast der Geschichte abzuwerfen, waren ganz bestimmte Teile des Volkes dagegen. Es waren übrigens die gleichen Teile, die jetzt in Polen den Lauf der Geschichte zurückdrehen wollen – …

Welche Teile der Gesellschaft das waren und sind, ist uns allen bekannt, aber das auch offen zu sagen, wie ich es tue, bringt Menschen wie Tim007 auf die Palme, die zuerst andere warnen, auf das Gesagte einzugehen, um sich später auf das Formale zurückzuziehen, auf dass die wahren Ursachen nicht sichtbar werden.

 
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Re: Geschichte der FKK

Beitrag von Tim007 » So 31. Okt 2021, 11:37

Jetzt bist Du ja wieder bei Deinem Lieblingsthema.

Auch wenn mich Behauptungen von Dir nicht "auf die Palme bringen" (so wichtig bist Du nicht): Gerichte müssen sich an das Gesetz halten, ob sie wollen oder nicht. Darüber sollte nicht ernsthaft diskutiert werden.

Dass es verschiedene Strömungen zwischen "verklemmt-prüde" und "freier Sex mit Kindern" (waren das nicht mal die sog. "Grünen"?), dürfte nicht einmal Dir verborgen geblieben sein, Aria. Mehr schreibe ich nicht. Sonst bist Du wieder beleidigt.

 
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Re: Geschichte der FKK

Beitrag von Eule » So 31. Okt 2021, 14:43

Für mich stellt sich hier die Frage, welche aktive rolle die Kirchen in der Geschichte der FKK gehabt haben soll und in welchem Umfange die Theologie hier eine Rolle spielt. Die FKK hat sich meines Wissens nach unabhängig und nicht in Gegnerschaft zur kirchlichen Moral entwickelt. Ihr lag ein gesellschaftspolitischer Impuls gegen die Verfremdung des Menschen in der Industriegesellschaft und der wilhelminischen Sicht der Gesellschaft zugrunde. Die Theologie spielte hier nun mal wirklich keine Rolle. Ich sehe mich daher auch nicht veranlasst, auf die Aufforderung von Aria einzugehen, da dieses von ihr initiierte Thema für die Geschichte der FKK nicht von besonderer Bedeutung ist.

Aria, ich bereite gerade ein politisches Forum vor, in dem es um die Frage der politischen und gesetzlich fixierten Moral und Ethik geht. Hierzu werde ich auch die verschiedenen Religionsgemeinschaften um ihre Stellungnahme bitten. dieses auch zu den Themen, bei denen ich höchstwahrscheinlich eine kontroverse Position vertreten werde. Die Frage der FKK kommt hier auch vor im Rahmen zur Frage der Nacktheit in der Öffentlichkeit. Dieses Thema wird höchstwahrscheinlich unter der Frage "Ist Nacktheit in der Öffentlichkeit eine Ordnungswidrigkeit?" Ich bin mir aus meinen Erfahrungen hier in diesem Forum nicht sicher, ob ich dieses Teilthema hier zur Diskussion stellen soll und kann. Um zu einem vernünftigen Ergebnis zu kommen, muss diese Diskussion sehr diszipliniert verlaufen und die Diskussionsbeiträge müssen sich streng an das Thema halten und orientieren. Würdest du dich an einer solchen Diskussion beteiligen?

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Re: Geschichte der FKK

Beitrag von Hans H. » So 31. Okt 2021, 18:24

Tim007 hat geschrieben:Beides ist fraglich.
Was meinst Du mit "Beides"? Dass es von Juristen gesagt wurde oder den Inhalt der Aussagen? Den Inhalt der Aussagen kannst Du gern anzweifeln, denn das kann man grundsätzlich bei Deutungen und Interpretationen von Juristen, aber dass es von Juristen gesagt wurde, ist Tatsache, denn ich habe es selbst in einer Diskussion während einer Tagung gehört.
Tim007 hat geschrieben:Und wenn die Bibelstelle mit Onan gemeint ist: Der Sinn ist ein anderer.
Ich jedenfalls hatte die nicht gemeint, sondern im Zusammenhang mit dem vorangegangenen Text diese: "Kein Mann darf mit einem anderen Mann geschlechtlich verkehren; denn das verabscheue ich." (3. Mose 18, 22) und: "Wenn ein Mann mit einem anderen Mann geschlechtlich verkehrt, haben sich beide auf abscheuliche Weise vergangen. Sie müssen getötet werden. …" 3. (Mose 20, 13)
Eule hat geschrieben:Für mich stellt sich hier die Frage, welche aktive rolle die Kirchen in der Geschichte der FKK gehabt haben soll und in welchem Umfange die Theologie hier eine Rolle spielt. Die FKK hat sich meines Wissens nach unabhängig und nicht in Gegnerschaft zur kirchlichen Moral entwickelt. ... Die Theologie spielte hier nun mal wirklich keine Rolle.
Ich denke, das Zitat im Eingangsbeitrag von Aria zeigt da für die Geschichte der FKK etwas anderes. Welche Rolle das heute noch spielt, kann ich nicht ganz eindeutig bewerten. Diese wird eher gering sein, aber es gibt noch von der Kirche beeinflusste Aktionen gegen die FKK, zumindest war es so an manchen Ostseestränden nach der Wende. Damals in der Anfangszeit der FKK sah das wohl deutlich anders aus und die Entwicklung war nach diesem Zitat tatsächlich in Gegnerschaft zur kirchlichen Moral.

 
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Re: Geschichte der FKK

Beitrag von Tim007 » So 31. Okt 2021, 19:33

Das mit der Wechselwirkung hast Du aber verstanden?
Und die Bergpredigt kennst Du?

Aber das wollen wir jetzt nicht schon wieder repetieren.
Auch zur rechtlichen Situation ist alles gesagt. Kein ernsthafter Jurist wird etwas anderes sagen.

Darum lasst uns jetzt den Sonntagabend genießen, bevor der Alltag uns morgen wieder packt.
Das Leben ist ernst genug.

Die FKK hat sich meines Wissens nach unabhängig und nicht in Gegnerschaft zur kirchlichen Moral entwickelt. Ihr lag ein gesellschaftspolitischer Impuls gegen die Verfremdung des Menschen in der Industriegesellschaft und der wilhelminischen Sicht der Gesellschaft zugrunde. Die Theologie spielte hier nun mal wirklich keine Rolle.

Eule, so ist es.

Doch wer meint, sein Feindbild pflegen zu müssen, mag dies tun.

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