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Geschichte der FKK

Beitrag von Aria » Mi 27. Okt 2021, 14:42

Ein Fundstück aus dem FKK-Museum: Zitat aus Licht-Land (Offizielles Organ der Liga für freie Lebensgestaltung - Illustrierte Blätter für Körperkultur und Lebenserneuerung) vom 1. März 1928 (drittes Bild):

Für einen Christen, der der Freikörperbewegung angehört, ist es tief schmerzlich, immer wieder zu erleben, wie die Kirchen und kirchlichen Vereine unsere Bestrebungen bekämpfen, angeblich aus gründen christlicher Sittlichkeit. Man darf daran nicht gleichgültig vorübergehen; handelt es doch nicht bloß darum, dass solche, die allen Grund haben, sich ihres nackten Körpers zu schämen, nun einen plausiblen Vorwand gefunden haben, unsere Bestrebungen zu schmähen, – das kann uns ganz kühl lassen –, der Jammer ist der, dass viele, besonders junge Leute, die sich nach sittlicher Reinheit sehnen und sie in unserer Bewegung finden könnten, durch die ganz unverständlichen Autoritäten sich abhalten lassen, zu uns zu kommen. Es ist wohl nicht böser Wille, aber doch Gedankenlosigkeit und Weltfremdheit, die uns in Artikeln kirchlichen Zeitschriften entgegentritt, wenn man dort einerseits Prostitution, zweifelhafte Nachtlokale, schlechte Filme, Schundliteratur, andererseits Frauenmoden, Bubikopf, Turnbekleidung und – o Schrecken aller Spießer – Nacktkultur in einem Atem nennt und als Zeichen sittlichen Verfalls wertet.

An diesem Zitat sind 2 Aussagen bemerkenswert:

1. Wer nicht „schön“ sei, hätte allen Grund, sich seines/ihres nackten Körpers zu schämen – Stichwort Schönheitswahn.
2. Jugend würde abgehalten, FKK-Bewegung beizutreten, indem man sie in die Nähe von zweifelhaften Dingen rücke – Stichwort Sexualisierung.

Und das sind so ziemlich genau die Dinge, die auch heute genannt werden, wenn man der Frage nachgeht, warum FKK von der Mehrheitsgesellschaft abgelehnt wird; es hat sich also in diesem Punkt seit mindestens 90 Jahren nichts geändert.

PS: Fast hätte ich’s vergessen: Die Rolle der Kirchen damals wird auf den Punkt gebracht – bin gespannt, was Eule dazu sagen wird, spricht er doch dauernd davon, dass nicht die kirchliche, sondern die bürgerliche Moral gegen die Nacktheit als solche eingestellt war. :D

 
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Re: Geschichte der FKK

Beitrag von Tim007 » Mi 27. Okt 2021, 14:47

Aria, Aria, Du kannst es nicht lassen.
Ich hoffe nur, dass Eule darauf nicht reagiert. Der Drops ist gelutscht.

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Re: Geschichte der FKK

Beitrag von Aria » Sa 30. Okt 2021, 15:12

Interessant zu sehen, wie selbst 90 Jahre alte Artikel aus einer FKK-Zeitschrift einen Verteidiger des christlichen Glaubens auf den Plan ruft, ohne auf die wesentlichen Aussagen des Artikels einzugehen, die ich oben in 2 Punkten zusammengefasst habe:

1. Wer nicht „schön“ sei, hätte allen Grund, sich seines/ihres nackten Körpers zu schämen – Stichwort Schönheitswahn.
2. Jugend würde abgehalten, FKK-Bewegung beizutreten, indem man sie in die Nähe von zweifelhaften Dingen rücke – Stichwort Sexualisierung.

Und das sind so ziemlich genau die Dinge, die auch heute genannt werden, wenn man der Frage nachgeht, warum FKK von der Mehrheitsgesellschaft abgelehnt wird; es hat sich also in diesem Punkt seit mindestens 90 Jahren nichts geändert.

 

Re: Geschichte der FKK

Beitrag von CHICO » Sa 30. Okt 2021, 16:03

In diesem Zusammenhang zitiere ich immer wieder gerne John Stuart Mill „Über die Freiheit“ („On Liberty“):
„Die Tyrannei der Sitte ist überall das stehende Hindernis des menschlichen Fortschritts und der Freiheit.“

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Re: Geschichte der FKK

Beitrag von Aria » Sa 30. Okt 2021, 16:42

Ja, John Stuart Mill lebte im 19. Jahrhundert – und ist immer noch aktuell.
Genauso wie Voltaire, der schon 100 Jahre früher Ähnliches sagte: Gewohnheit, Sitte und Brauch sind stärker als die Wahrheit.

 

Re: Geschichte der FKK

Beitrag von CHICO » Sa 30. Okt 2021, 16:53

Gegenüber Sitte und Moral gilt es immer wieder offensiv Position – nicht nur wenn es um Nacktheit geht - zu beziehen, wenn man subjektiv eine Meinung vertritt, die sich mit Sitte und Moral ggf. nicht deckt. Unter Freiheit in diesem Sinn verstehe ich:

Freiheit ist das Verhalten, den eigenen Bedürfnissen und Absichten zu entsprechen, ohne Anderen objektiv betrachtet Schaden zuzufügen.
Diese Definition findet sich auch wieder in Artikel 2 GG Art 2. (1): „Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt“. Dieser Artikel gibt nicht nur Rechte, sondern bestimmt auch die Pflicht zur Toleranz denjenigen gegenüber, deren Verhalten man nicht zustimmen möchte; aber eben auch nicht Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstoßen wird. Wobei das „seltsame“ – kaum noch relevante – Sittengesetz nicht besagt, dass nur das richtig ist, was die Mehrheit für richtig hält. Es gilt eben immer auch das Recht von Minderheiten unter bestimmten Umständen.

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Re: Geschichte der FKK

Beitrag von Aria » Sa 30. Okt 2021, 17:16

CHICO hat geschrieben:Wobei das „seltsame“ – kaum noch relevante – Sittengesetz nicht besagt, dass nur das richtig ist, was die Mehrheit für richtig hält. Es gilt eben immer auch das Recht von Minderheiten unter bestimmten Umständen.
So war das wahrscheinlich auch gemeint damals, im Jahr 1949. Aber welches Verhalten als sittlich oder unsittlich zu werten ist, darüber entscheiden Gerichte, die sich meistens einig mit der Meinung im Volk wissen. Als gäbe es Art. 2 GG nicht, haben sie Homosexuelle mehr als 20 Jahre weiter zu Gefängnisstrafen verurteilt wie zuvor in Nazideutschland.

Das war von der Mehrheit des Volkes auch so gewollt, und als man daran ging, endlich diesen Ballast der Geschichte abzuwerfen, waren ganz bestimmte Teile des Volkes dagegen. Es waren übrigens die gleichen Teile, die jetzt in Polen den Lauf der Geschichte zurückdrehen wollen – Zitat aus Wikipedia: Auf der Tagesordnung des Parlaments Ende Oktober 2021 ist ein Gesetzesentwurf das sich für „ein Verbot für die Propagierung anderer sexueller Orientierungen als heterosexueller“ wünscht.

 
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Re: Geschichte der FKK

Beitrag von Tim007 » Sa 30. Okt 2021, 17:22

Aria hat geschrieben:Aber welches Verhalten als sittlich oder unsittlich zu werten ist, darüber entscheiden Gerichte, die sich meistens einig mit der Meinung im Volk wissen. Als gäbe es Art. 2 GG nicht, haben sie Homosexuelle ...


Gerichte sind an Gesetze gebunden, die von der Legislative als Vertreterin des Volkes beschlossen worden sind. Und der alte § 175 StGB sah entsprechende Strafen vor.

 

Re: Geschichte der FKK

Beitrag von CHICO » Sa 30. Okt 2021, 17:27

Wir sind sicher einer Meinung, dass das, was Gerichte entscheiden, nicht immer Rechtens ist. Erkennbar an den vielen Gerichtsentscheidungen, die wieder aufgehoben werden und besonders deutlich an der konkreten Meinungsänderung der handelnden Richter. Dazu gab es vor kurzer Zeit ein interessantes Interview mit Vosskuhle, dem ehemaligen Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts. Also auch gegenüber Gerichtsentscheidungen muss man ggf. seine Stimme erheben. Offensiv sein!

 
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Re: Geschichte der FKK

Beitrag von Tim007 » Sa 30. Okt 2021, 17:49

CHICO hat geschrieben:Also auch gegenüber Gerichtsentscheidungen muss man ggf. seine Stimme erheben. Offensiv sein!


Klar. Habe den Mut, Dich Deines eigenen Verstandes zu bedienen.

Mein Einwand bezog sich auf diese Aussage von Aria:
Als gäbe es Art. 2 GG nicht, haben sie Homosexuelle mehr als 20 Jahre weiter zu Gefängnisstrafen verurteilt wie zuvor in Nazideutschland.


Richter müssen sich an Gesetze halten. Wenn nicht, begehen sie "Rechtsbeugung".

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