Ich meine auch zu beobachten, daß sich das Saunieren immer mehr in Richtung zeitgenössischer "Wellness" verschiebt.
Wo früher selbst eine kleine Sauna im städtischen Hallenbad ihr Stammpublikum hatte, dem ein Eimer mit Aufgußkelle, eine kalte Dusche und ein paar Ruheliegen genügten, muß es heute ein bombastisches Gesamterlebnis a la Sinsheim ("mit Palmen für über eine Million Euro" meine ich war die Schlagzeile zur Eröffnung) sein. Und da buchen die Leute allerlei "Packages" für obszöne Summen. In vielen Saunalandschaften kann man eine Liege mieten, wo die Leute dann den ganzen Tag nichts anderes machen als zu liegen. Haben die zuhause kein Sofa?
Im Zoo schaue ich mir Tiere an, im Freizeitpark fahre ich mit den ganzen Achterbahnen und in der Saunalandschaft gehe ich die vielen Saunen. Es mag jeder seine persönlichen Vorlieben und körperlichen Grenzen haben, aber früher war ich nicht allein damit, ständig in die eine oder andere Sauna zu gehen, sich aufzuheizen und sich nach einem Sprung ins Abklingbecken eher nicht zur Ruhe sondern zum Spaziergang in die nächste Ecke der Anlage zu begeben, beispielsweise in irgendwelche Thermalbecken, Blubberbäder oder an ein Kaminfeuer.
Die Leute liegen heute aber selbst im Saunabereich den ganzen Tag in drei Bademäntel eingehüllt herum und lesen Bücher dick wie Treppenstufen. Die machen in der Tat nicht nur kein FKK, sondern noch nichtmal dem Umfeld angemessen viele Saunagänge. Das kommt mir vor wie Veganer am Fleischbuffet. Mit dem Ergebnis, daß der Wirt dann irgendwann nur noch Sojasprossen und Kichererbsen anbietet.
Ob man diese Entwicklung in unserer merkwürdigen Gesellschaft noch aufhalten kann? Ich fürchte eher nicht.