Ist schon eigenartig, was als Folge des Zitates eines Zeitungsartikels hier über 3 Seiten an Kommentaren erscheint. Aber überprüft hat das wohl keiner, worauf die sich mit ihrer Aussage beziehen?
Da kommt dann so eine geistreiche Antwort wie
Menschen experimentieren gern - auch an sich selbst rum, wenn es um "Gesundheit" als ganzes geht.
Das hat ja nun wenig mit dem zu tun, was in der sz stand, aber überhaupt nichts mit dem, was in dem Originalartikel steht, auf den sie sich beziehen.
Also zunächst, weil es 3 Seiten zurück liegt, was Aria aus der sz zitiert hat:
Aria hat geschrieben:In dem Artikel der Süddeutschen von heute –
Bewegung statt Tabletten – wird u.a. gesagt:
Körperliche Aktivität beugt Stürzen und Brüchen im Alter am besten vor. Präparate mit Vitamin D und Kalzium sind hingegen unnötig.
(…)
Die Analyse hochwertiger Studien mit insgesamt mehr als 50 000 Patienten konnte jedoch keinen Nutzen für die Supplementation mit Vitamin D oder Kalzium zeigen. Weder einzeln noch in Kombination kam es zu weniger Knochenbrüchen bei Menschen über 50. Dafür traten vermehrt Nierensteine auf....
Die beziehen sich dabei auf eine Auswertung der USPSTF einer größeren Anzahl von Studien. (USPSTF = US Preventive Services Task Force, das ist so etwas ähnliches wie unser Bundesinstitut für Risikobewertung von Lebensmitteln)
Und was haben die ausgewertet?
Studien in denen 400 IU Vitamin D oder weniger und/oder 1000 mg Calzium oder weniger pro Tag genommen wurde (in Kombination oder eines von beiden einzeln).
Studien mit höheren Mengen von beiden wurden nicht einbezogen, weil es nur um diese niedrige Dosierung ging, die sie früher für Menschen in jüngeren Lebensjahren (Frauen vor den Wechseljahren, Männer entsprechend) empfohlen hatten!
Höhere Mengen, als diese beiden Werte will die USPSTF für Menschen der Altersgruppe vor den Wechseljahren nicht zur dauernden Einnahme empfehlen, weil bei Einnahme von beiden in der höheren Konzentration (als s. oben) statistisch ein Anstieg der Nierensteine festgestellt wurde. Die USPSTF schreibt, dass bis jetzt eine Abwägung des Nutzens der höheren Mengen (oberhalb der genannten Werte) mit den Risiken der Nierensteine nicht abschließend möglich ist, weil dazu die Datenlage nicht ausreicht. Deshalb wollen sie höhere Werte der Kombinationseinnahme (Vit. D + Ca) nicht empfehlen.
Aus diesem Grund wollten sie nun aber mit der Studie untersuchen, ob diese genannten niedrigen Dosierungen, über viele Jahre eingenommen, vor oder nach den Wechseljahren noch einen Effekt haben auf eine geringere Häufigkeit der Osteoporose. Und den haben sie für beide Altersgruppen nicht statistisch signifikant finden können.
Ausgeschlossen aus dieser Studie wurden:
die Daten von Personen mit bekannter Ostoporose, mit gehäuftem Sturzrisiko, mit gemessener Vitamin-D-Unterversorgung. Es wird auch gesagt, dass die Schlussfolgerungen der Studie für diese Personenkreise keine Gültigkeit haben, weil die bekanntlich mehr Vitamin-D und Calzium als Nahrungsergänzung benötigen.
Also, die Aussagen der SZ:
Die Analyse hochwertiger Studien mit insgesamt mehr als 50 000 Patienten konnte jedoch keinen Nutzen für die Supplementation mit Vitamin D oder Kalzium zeigen. Weder einzeln noch in Kombination kam es zu weniger Knochenbrüchen bei Menschen über 50.
--> Die Aussage ist Falsch! Nur in der genannten niedrigen Dosierung beider Substanzen, einzeln oder in Kombination, gab es keinen signifikanten Effekt - was ich bei der Dosierung nach den mir bekannten Studien auch nicht erwartet hätte.
Weitere Aussage:
Dafür traten vermehrt Nierensteine auf.
--> Die Aussage ist so falsch, dass man davon ausgehen muss, dass die nicht gelesen haben, was sie da zitieren.
Die vermehrten Nierensteine traten erst bei den höheren Dosierungen auf, die sie für diese Studie der Wirkung auf Knochenbruch-Vorbeugung ja gezielt und genau aus diesem Grund weggelassen haben.
Nun hatten die auch Personenkreise mit Vitamin-D-Unterversorgung aus der Auswertung ausgeschlossen, weil bei denen klar ein Nutzen bereits bekannt ist! Aber wie viele sind das? In den USA ist im Mittel die Sonneneinstrahlung höher als bei uns. Beschrieben wurde dort ein stark verbreiteter Vitamin-D-Mangel nur in den Regionen um Seattle und um Boston. Weiter im Süden haben die weniger Probleme.
Im Journal of Consumer Protection and Food Safety vom März 2018, Vol 13, pp 25-39 war ein kritischer Beitrag über Nahrungsergänzungsmittel, die in Deutschland nach der Untersuchung etwa ein Drittel der Erwachsenen regelmäßig nehmen. Die haben anhand von Daten gezeigt, dass man fast nichts davon braucht. "fast nichts" heißt aber nicht überhaupt gar nichts. Denn es gibt einige wenige Stoffe, von denen wir in unserer Ernährung nach statistischen Untersuchungen zu wenig haben.
Die Schreiben, dass nach einer Studie des Institutes für Risikobewertung zur durchschnittlichen Nahrungszufuhr in Deutschland die Daten darauf hindeuten:
dass Jugendliche ab 15 Jahren und Erwachsene bei den meisten Vitaminen und Mineralstoffen im Median die Zufuhrreferenzwerte erreichen. Ausnahmen sind Folatäquivalente und Vitamin D sowie Jod (unter der theoretischen Annahme, dass in 30 % der verarbeiteten Lebensmittel Jodsalz verwendet wird) sowie bei Frauen zwischen 14 und 18 Jahren Calcium und Eisen
In einer Grafik zeigen die die Referenzwerte für die Vitamine und Mineralstoffe und da der Median der Männer in Bezug auf die Aufnahme von Vitamin D bei 50% der Frauen bei 40%. Also, der Median bedeutet: die Hälfte der Männer nehmen weniger als 50% bis höchstens 50% auf und die Hälfte der Frauen weniger als 40% bis höchstens 40%. Klar wird aus dem Text, dass dieser Wert keinen Mangel bedeuten muss, aber kann (Thema Sonne, wobei der Referenzwert für Vit. D schon so gerechnet ist, dass nur 25% durch die normale Ernährung erreicht werden kann).
Jedenfalls liegen wir hier deutlich weiter nördlich, als die Orte der USA, in denen der Vitamin-D-Mangel im Winter ein Thema ist, und nach dieser Studie erreichen wir in überwiegender Mehrzahl auch mit der normalen Ernährung keine ausreichende Vitamin-D-Versorgung. Wir zählen in D. also flächendeckend zu den Bevölkerungskreisen, die für die oben genannte Studie der USPSTF schon mal gar nicht einbezogen wurden, das heißt: für die auch die Schlussfolgerungen nach eigener Aussage der USPSTF nicht gelten.
Fazit: sehr intelligent zitiert von der sz! Und noch intelligenter sind einige der darauf geäußerten Antworten hier im Forum!