Wenn sich Jemand für die juristische Sicht aufs Nacktwandern interessiert, dann empfehle ich ein wenig im Unterforum „ FKK & Recht“ nachzublättern, wo man weitaus genauer darauf eingehen kann. Hier ist das nicht möglich.
In Kurz:
Es gibt das Strafrecht und das Ordnungsrecht. Aus bekannten Gründen kommt hier allenfalls das Ordnungsrecht und hier insbesondere der „Auffangparagraph“ §118 OwiG in Betracht. Dessen Eigenschaft „Auffangparagraph“ zu sein, bedingt seine indirekte Formulierung, die als „Tatbestand“ die „Belästigung der Allgemeinheit“ angibt. Dadurch ergeben sich zwei Optionen, gegen §118 OwiG vorzugehen :
Option 1: „Unbestimmtheit“. In der Tat müssen Normen in dem Sinne bestimmt sein, dass der durchschnittliche Bürger erkennen kann, ob sein Tun gegen diese Norm verstößt. Wenn das nicht der Fall ist, dann würde die Norm gegen die Verfassung verstoßen und wäre daher nichtig. Dieser Weg – ein früheres Forumsmitglied puistola war seinerzeit ein Protagonist dieser Idee - ist nicht beschritten worden.
Option 2: Die „Unbestimmtheit“ des §118 OwiG wird genutzt, um durch praktisches Tun (Nacktwanderungen) nachzuweisen, dass dieses nicht das Kriterium „Belästigung der Allgemeinheit“ erfüllt und daher §118 OwiG nicht aufs Nacktwandern anwendbar ist. Das ist der Weg der gewählt wurde.
Unterstützend waren dabei sicherlich etliche Berichte anerkannter Presseorgane (FAZ, DIE ZEIT, öffentlich-rechtlicher Rundfunk usw.), in denen von friedlichen Begegnungen der Nacktwandernden mit zufälligen Passanten berichtet wurde. Weil diesen Beurteilungen von neutraler Seite ein besonderes Gewicht zukommt, wird auch heute noch davon Gebrauch gemacht.
Die Idee, durch eine Neuformulierung des §118 OwiG die Anwendung aufs Nacktwandern explizit auszuschließen (z.B. durch den Zusatz : „Nacktwandern ist erlaubt“) ist nicht realisierbar.
(1) Eine solche Ergänzung wäre sogar verfassungsrechtlich bedenklich, denn Normen dürfen immer nur festlegen was verboten ist, aber nie was erlaubt ist.
(2) Die Eigenschaft „Auffangparagraph“ zu sein würde dem § 118 OwiG verlorengehen.
Waldwolf hat geschrieben: Er [der Richter] ist derjenige der entscheidet ob es eine Belästigung ist oder nicht.
Nicht im Selbstverständnis der Behörden / Gerichte, die prinzipiell davon ausgehen, dass die getroffenen „Entscheidungen“ keine „Entscheidungen“ im eigentliche Sinne ( so … oder so) sind, sondern das sie bereits vor dem Geschehen feststanden. Das was du „Entscheidung“ nennst, ist also aus ihrer Sicht allenfalls eine „Feststellung“
Waldwolf hat geschrieben: Die Polizei weiß wie ich in vielen Berichten gelesen habe oft selber nicht bescheid.
Das ist aus meiner Sicht entschuldbar – denn es handelt um spezielle Fragen, die im Polizeialltag selten auftauchen. Selbst in England, wo bekanntlich eine Behörde, die sich um die Ausbildung von Polizeibeamten kümmert, explizit Anleitungen veröffentlichte, die eine - aus meiner Sicht - richtige Bewertung des Nacktwanderns enthalten, gibt es immer wieder Missverständnisse, die sich durch Unkenntnis erklären lassen.
Wäller hat geschrieben:Eine breite gesellschaftliche Mehrheit, die das Recht auf Nacktheit uneingeschränkt und überall befürworten würde, ist auch hier in D-Land nicht mal ansatzweise vorhanden
„uneingeschränkt und überall befürworten“ – das ist nicht notwendig.
Wäller hat geschrieben:Dieses Thema jetzt durch sehr hohe Forderungen in den Radarbereich der Medien zu bringen, das sollte man sich sehr gut überlegen.
[/quote]Es kommt sehr stark darauf an, um welche Forderungen es sich handelt, und wie geschickt das gemacht wird. Immerhin haben wir die erfreuliche Toleranz der Gesellschaft gegenüber dem Nacktwandern AUCH der Sichtbarkeit in den Medien zu verdanken. Das war durchaus Absicht.
regenmacher
-