Eule hat geschrieben:Ich habe dir zu keinem Zeitpunkt vorgeworfen, dass du hier falsche Texte vorstellst.
Nein, aber du zweifelst nun plötzlich daran und sagst, du müsstest die überprüfen, was dir aber leider nicht möglich sei, weil du in der Provinz wohnst. Wieso zweifelst du, schließlich weißt du genau – und du hast das eben selbst bestätigt –, dass ich nichts erfinde und meine Zitate immer stimmen.
Eule hat geschrieben:Was ich dir vorwerfe ist eine böswillige Unterschlagung von entlastenden Texten …
Für entlastende Texte bist du zuständig. Aber da kommt nie was, nur Drumherumgerede.
Eule hat geschrieben:… ein böswilliges Verharren in historische Zeiten, die heutzutage keine Bedeutung mehr haben …
Das Verhalten von heutigen Menschen ist das Ergebnis ihrer moralischen Erziehung und mindestens der ihrer Eltern und Großeltern, wahrscheinlich aber viel mehr. Warum? Weil sich die Moral nicht so schnell ändere. Du hast selbst gesagt, die sexuelle „68-Revolution“ wäre nur eine Mode gewesen, die bürgerliche Moral ist aber im Wesentlichen die gleiche geblieben. Und in der Tat: Die heutigen Vorurteile der Mehrheit gegenüber der Nacktheit im öffentlichen Raum sind die gleichen wie vor 100 Jahren.
Also müssen wir weit in die Historie zurückgehen, um herauszufinden, wann haben Menschen begonnen, die Nacktheit vor fremden Menschen als unschicklich oder als unsittlich zu betrachten. Ich habe dazu eine Erklärung angeboten, die du als gewagte These bezeichnet, aber ihr nichts entgegengesetzt hast.
Eule hat geschrieben:… ein völliges ignorieren des Wissens und des Zeitgeistes der jeweiligen Epoche und damit eine böswillige Verfälschung der Realität.
Wissen hat in Bezug auf Nacktheit nichts verloren, denn schon immer wussten Menschen, dass die Nacktheit natürlich ist, schließlich wurden sie vor tausenden von Jahren auch nackt geboren. Und der Zeitgeist wird von Menschen kreiert. Sie sind es, die sagen, das gehöre sich, jenes aber nicht.
Die Geschichtsschreibung Europas vermerkt nur kurze Perioden, in denen es
nicht verpönt war, nackt in der Öffentlichkeit zu sein. Aber sie vermerkt auch Perioden, in denen es besonders streng darauf geachtet wurde, dass die Geschlechtsteile nicht zu sehen waren. Diese prüden Zeiten dauerten immer viel länger als jene, in denen die Nacktheit lockerer gesehen wurde.
Und weil die Prüderie des 19. Jahrhunderts noch nicht so lange zurückliegt, habe ich Texte zitiert, die belegen, dass u.a. die katholische Kirche es war, die auf Züchtigkeit achtete und alles verbot und wegschloss, was sie als unsittlich bezeichnete – ich habe dazu als Beispiel den Prozess gegen Maler der „Nackten Maja“ gebracht. Sie konnte das tun, weil sie dazu in der Lage war.
Und die Prüderie der 1950er Jahre war zum Teil auch ein Produkt der Kirche, denn noch 1929 pochte der Papst darauf, dass die Kirche in Punkto Sittlichkeit weiterhin die Kontrolle über die Schulen haben müsse, wie sie sie zuvor hunderte vor Jahren gehabt hatte – siehe dazu das zweite Zitat aus der betreffenden
Enzyklika. Das war jedoch das letzte Aufbäumen der „höchsten moralischen Instanz auf Erden“ (Selbstbezeichnung der katholischen Kirche), denn dieser Apell erreichte zwar unsere Großeltern und zum Teil auch unsere Eltern, doch mit dem II. Vatikanum war damit vorbei: Die Kirche erkannte, dass sie nicht mehr an ihren alten Zöpfen festhalten darf, will sie nicht völlig den Kontakt zu ihren Schäfchen verlieren.
Wer gegen diese Interpretation der Geschichte Einwände hat, soll sie hier nennen und bitte genauso mit Zitaten belegen, wie ich es getan habe.