Es erscheint mühsam, sich durch diesen, mittlerweile über 50 Seiten umfassenden Thread zu arbeiten (mit den Beiträgen zu diesem Thema im alten Forum).
Ich vertrete ebenfalls wie Aria die Ansicht, dass wir einer neuen Epoche der Prüderie entgegen schreiten. Sex und Pornografie ist zwar noch immer allgegenwärtig; im Alltag hingegen wird „zu Markte getragener“ Sex aber immer verpönter. Hier einmal der Versuch einer Aufzählung, die auf eine zunehmende Prüderie in unserer Gesellschaft hindeuten:
- zunehmender Wegfall von FKK-Badezeiten in öffentlichen Schwimmbädern
- Erweiterung von Frauentagen in öffentlichen Saunen zu Lasten der Gemeinschaftssauna
- Einführung von Textiltagen in Saunen
- Zunehmende Verhüllung in den Saunen auch beim Schwitzen
- Bikinis werden in Schwimmbädern immer seltener getragen, umso mehr dafür Badeanzüge und Tankinis.
- Im Gegensatz zu den 1970er und 1980er Jahren sind Bikinis und Badeanzüge heute fast ausnahmslos mit so genannten Cups ausgestattet, die das Abzeichnen oder gar Durchscheinen der Brustwarzen verhindern sollen. Hohe Beinausschnitte werden langsam zum Tabu. Der heute moderne Badeanzug könnte in den 1940er Jahren entworfen worden sein.
- Männerbadehosen: Die klassische Slipform gilt als obzön. Getragen wird heute eine Schlabbershorts, die von einer normalen Shorts für die Straße nicht zu unterscheiden ist. Wichtig: Das Geschlechtsteil darf sich nicht unter der Hose abzeichnen (bei Slip unvermeidlich)
- BH: Bis in die 1990er Jahre war es für Frauen kein Problem, keinen BH zu tragen. Es galt als schick und modern, zu zeigen, was Frau hat, Es wackelte und schlabberte unter T-Shirts und teils transparentenTops, dass es für uns Männer (nicht immer) eine Freude war. Und heute? Kein BH ist ein absolutes No-Go, zumindest unter Tops und T-Shirts. Da sieht man dann auf der Strasse Frauen mit einem Top, unter dem der BH zur Hälfte herausschaut, die Träger sowieso. Bescheuert.
- Dresscode in Arbeitsstätten und Schulen: Es gibt kaum noch eine größere Behörde, an der es nicht einen s.g. Dresscode gibt, an dem sich alle Arbeitnehmer zu halten haben. So ist es in vielen Behörden beispielsweise den weiblichen Mitarbeiterinnen in Abteilungen mit Publikumsverkehr untersagt, Tops mit Spagettiträgern zu tragen oder es wird eine Mindestrocklänge vorgeschrieben. Auch das Tragen von allzu sportlicher Kleidung wird im Berufsleben zunehmend eingeschränkt. Seriosität ist gefragt.
- In der freien Wirtschaft treibt der Dresscode reinste Blüten. Eine Freundin unserer Familie arbeitet als Sekretärin in einem bekannten Industrieunternehmen. Verpflichtend ist für sie das Tragen eines Kostüms und das Rasieren der Beine bis zum Rockansatz. Beinbehaarung bei Frauen ist da ein absolutes Tabu! Diese Bestimmung gibt es übrigens in nicht wenigen Großbetrieben der freien Wirtschaft für weibliche Angestellte, insbesondere in gehobenen Positionen.
- Die neueste Entwicklung: Der Dresscode an Schulen. Das von mir genannte Beispiel einer Würzburger Schule ist nicht das einzige. Das Thema Schulkleidung (Schuluniform) scheint auch wieder aufzuleben.
Ich denke, dass meine Aufzählung, die auf eine zunehmende Prüderie in unserer Gesellschaft hindeuten noch lange nicht vollständig ist.
Wenn man sich die Häufung dieser, wie soll ich sagen, geschlechtsfeindlichen? Haltung in unserer Gesellschaft anschaut denke ich nicht, dass das eine Modeerscheinung ist. Überall in der Öffentlichkeit wird deutlich, dass das Zeigen von Geschlechtsmerkmalen tabu ist.
Ausnahmen gab und gibt es natürlich immer, auch heute. Wenn ich an die Leggings tragenden Mädchen und junge Frauen denke, wobei der Stoff nicht selten einen freien Durchblick gewährt könnte man meinen, dass die Mode eher freizügiger wird. Aber wie gesagt, das sind die Ausnahmen. Der Trend geht in genau die entgegengesetzte Richtung. Gerade an Orten, wo ohnehin wenig bis gar nichts getragen wird geht es heute so züchtig zu wie vor fünfzig Jahren.