HTJ hat geschrieben:Da ab den 1970er Jahren Nackheit kein Tabu mehr war, haben sich die Medien darauf gestürzt. Und die Medien zeigen eben das, was die Menschen sehen wollen, nämlich junge, hübsche Frauen. Aria hat ja mal gesagt, Medien haben keinen Einfluß, weil sie sowieso das zeigen, was Menschen sehen wollen. Nein, gerade, weil Medien das zeigen, was Menschen sehen wollen, haben sie einen Einfluß. Es ist ja so, wenn wir auf der Straße oder im Supermarkt sind, sehen wir alle möglichen Menschen, hübsche und nicht so hübsche. Wenn aber die Medien nur das zeigen, was Menschen sehen wollen, empfinden die Menschen diesen Ausschnitt dann als Realität. Vergleichen sich die Menschen dann mit sich selber, wird man sich dann immer als häßlich empfinden und schämt sich.
Ich weiß nicht, HTJ, was an meiner Darstellung so schwer zu verstehen ist, daher hier noch einmal die Reihenfolge der Ereignisse:
1. Die „68er-Revolution“, d.h. die geänderten Ansichten in der Bevölkerung über die Nacktheit/Pornografie hatten in den 1970er Jahren den Gesetzgeber dazu veranlasst, Gesetze zum Thema „unzüchtige Schriften” zu ändern, sprich zu liberalisieren.
2. In der Folge wurden Kioske nicht mehr nur mit halbnackten Frauen bepflastert, sondern auch mit mehr oder weniger schönen Nackedeis. Auch FKK-Zeitschriften waren nun frei verkäuflich und nicht mehr nur per Post zu beziehen.
Aber jetzt wie du zu sagen, weil die Medien Menschen nicht mehr halbnackt (in Bikini oder Badeanzug), sondern ganz nackt brachten, sind sich die Leser und Zuschauer bewusst geworden, dass sie selbst unvollkommen sind, das ist schon weit hergeholt.
Viel bezeichnender ist mMn folgendes Zitat daraus:
Die Weltoffenheit einer multikulturellen Stadt meint schließlich auch eine gewisse Rücksichtnahme auf eigene und andere Kulturen. Auf Menschen mit einem empfindlicheren Schamgefühl.
Das hat nun nichts mit Prüderie, Religion, Kopftuch oder gar Burkini zu tun. Nein, es geht eher darum, dass eine vermeintliche Progressivität oft peinlich wirkt. Jugendliche, zumal in der Pubertät, haben da ein sehr natürliches Fein- und Schamgefühl, sie finden die nackten Älteren (und gar Eltern) besonders peinlich.Anders als der Autor Dr. Peter von Becker denke ich, dass die Peinlichkeit, die die Jugend bei Ansicht von Nackten empfinden, durchaus etwas mit der neuen Prüderie zu tun hat, deren Anfänge ich in der Mitte der 1980er Jahre sehe. Der spätere Bundekanzler Kohl, der bekanntlich aus Altersgründen bei der „68er-Revolution“ nicht mitmachte, hat schon 1980 eine „geistig-moralischen Wende“ gefordert, die er dann in seinen 16 Regierungsjahren auch nach Kräften vorantrieb.