von Mandragora » Do 26. Sep 2019, 09:31
Es ist jetzt schon etwas länger her, dass ich diesen Bericht geschrieben habe und ich wollte ihn erst nicht ins Forum stellen (wer weiß, an welchen Haarspaltereien sich hier wieder einige hochziehen), aber da ich mir einmal die Mühe gemacht habe, soll das nicht vergebens gewesen sein:
Meine Freundin und ich waren vom 13.7. bis 27.7. in Euronat und davon möchte ich gerne berichten.
Arbeitsbedingt konnte ich nur Urlaub in der Saison nehmen und dementsprechend waren auch die Preise.
Die Hinfahrt war sehr anstrengend. Freitagnachmittag, erster Ferientag in NRW und dann über 1000 km.
Die Überfahrt über die Gironde dauerte eine gute Viertelstunde plus zweieinhalb Stunden Wartezeit.
Kosten: 35 €, die lassen sich das gut bezahlen. Die Alternative wäre ca. 200 km Umweg.
Wir hatten ein Haus im Dorf Asien (Siberie Nr.2), da konnte man wirklich nicht drüber meckern.
Sehr großzügig und geräumig, sauber, alles vorhanden (nur Staubsauger scheint es in französischen Ferienhäusern nicht zu geben) und schweineteuer (ca. 1000 € pro Woche).
Da Euronat ja riesengroß ist (ca. 1,5, x 2,5 km) hatten wir auch Fahrräder gemietet.
Uns hat es dort sehr gut gefallen, die Häuser stehen großzügig verteilt im Gelände und nicht dicht an dicht, da es sich um einen aufgelockerten Pinienwald handelt ist man auch der Sonne nicht schutzlos ausgeliefert, es ist immer genug Schatten vorhanden.
Dann gibt es den großen Zentralplatz, dort befinden sich die Geschäfte und Restaurants wo man alles für den täglichen Bedarf kaufen kann (allerdings zu entsprechenden Preisen).
Man kann dort alles nackt erledigen und muss sich nicht wie bei einigen anderen Geländen zum Einkauf oder Restaurantbesuch extra bekleiden.
Man kann schöne Spaziergänge unternehmen und sich die einzelnen Dörfer ansehen, wir haben das vor allem für „Nudic Walking“ mit den Stöcken genutzt.
Der Strand ist sehr weitläufig und wenn man sich etwas abseits platziert, hat man auch schön seine Ruhe.
Das Schwimmbad haben wir auch mal besucht, aber das ist nichts Besonderes: Voll, laut, eng und kein Schatten. Der überdachte Teil ist da noch der sinnvollste, da kann man Bahnen schwimmen.
Ansonsten gibt es jede Menge Animationen, die mich aber nicht interessierten.
Meine singbegeisterte Freundin hat allerdings sofort einen Chor gefunden, der alle zwei Tage stattfindet und wo sie auch rege teilnahm.
Viele Sachen kosten leider extra, so z. B. Sauna und Minigolf, ich finde das sollte im Gesamtpreis enthalten sein (in der Domaine de la Sabliere z.B. war es so).
Wir hatten Glück mit dem Wetter: Fast die ganze Zeit Sommerwetter, aber auch nicht so eine irrsinnige Hitze wie hier mit über 40°C, da war bei 36°C Schluss und auch der Wind machte die Hitze, vor allem am Strand, erträglicher.
Bei schlechtem Wetter kann ich mir aber vorstellen, dass es langweilig wird.
Mögliche Ausflugsziele gibt es nicht sehr viele und wenn, dann ist es mit viel Fahrerei verbunden.
Die Landschaft hat ja auch nicht allzu viel zu bieten.
Soulac-sur-mer ist ein nettes kleines Örtchen, aber auch in eine halben Stunde komplett erwandert.
Den Lac d’Hourtin wollten wir uns mal ansehen, aber man kommt kaum ans Ufer ran und an normales Baden ist da auch nicht zu denken, die wenigen Badestellen sind fest in der Hand der Textilen.
Bordeaux war uns zu weit weg, zu groß und zu stressig.
So haben wir uns die meiste Zeit auf dem Gelände aufgehalten und einen ruhigen und erholsamen Urlaub genossen.
Es gab auch unschönere Dinge:
Tagsüber war es herrlich ruhig, obwohl unser Haus an einer recht viel befahrenen Straße lag und auch die Hauptstraße, die zum Zentralplatz führt, nicht weit weg war.
Abends so ab halb zehn allerdings ging auf diesem Platz das Remmidemmi los, was sich in einem ständigen „Bummbumm“ äußerte und erst so gegen halb eins zu Ende war.
Es war zwar insofern erträglich als dass es ca. dreihundert Meter weit weg war, aber es nervte trotzdem.
Und wenn das Remmidemmi dann zu Ende war, kehrten alle zurück zu ihren Unterkünften und das taten die auch nicht gerade leise.
Was ich sehr schade fand: Die „Nacktenquote“.
Ich kann nicht verstehen, wie man auf ein Naturistengelände fahren kann um sich dann nicht auszuziehen.
Tagsüber, bei schönstem Sommerwetter, lag die Nacktenquote bei geschätzt 60%, abends ging sie gegen Null, auch wenn es noch warm genug war.
Viele zogen sich nur am Strand aus und nahmen das wohl als notwendiges Übel in Kauf.
Das sehen dann neue Gäste, die noch unsicher sind und die bleiben dann auch meist angezogen weil sie sich an den anderen orientieren und so wird der Naturismus nach und nach ausgehebelt.
Das meinte übrigens auch die Chorleiterin meiner Freundin (die macht dort wohl verbilligten Urlaub dafür, dass sie diese Animation anbietet), aus monetären Gründen werden immer mehr Zugeständnisse an die Textilen gemacht.
Irgendwann kommen dann die Bekleidungsregeln für bestimmte Teile des Geländes.
Ich habe die Möglichkeit zum Nacktsein natürlich voll genutzt, kam mir abends aber manchmal recht exotisch dabei vor.
Gerade das überall nackt sein können macht doch den Reiz eines solchen Urlaubs aus.
Fazit: Es war ein schöner, erholsamer Urlaub.
Nochmal würde ich aber wohl nicht dort hinfahren: Die lange Fahrt und die Wartezeiten sind eine Quälerei, die Umgegend ist recht schnell erkundet, bei schlechtem Wetter kann man nicht viel machen und es gibt einfach noch zu viele andere Reiseziele, für nächstes Jahr liebäugele ich mit Dänemark. Das ist, soweit ich weiß, nacktenfreundlich, nicht so weit weg und ich war dort noch nie, außer auf der Durchreise.
Trotzdem kann ich Euronat empfehlen. In der Vor- oder Nachsaison dürfte es um einiges ruhiger sein und natürlich auch preislich wesentlich moderater.
Aber auch in der Hauptsaison verläuft sich alles so, dass es einem nicht zu voll vorkommt.
Führe ich nochmal hin, würde ich mich aber um ein Haus in einem der Amerika Dörfer bemühen:
Weiter weg vom Remmidemmiplatz (auch von der Windrichtung her günstiger, der Lärm wird nicht zu einem hin geweht) und näher am Strand.