@ BOeinNackter
Deinen Beitrag habe ich sehr aufmerksam gelesen. Mein Eindruck ist, dass wir höchstwahrscheinlich nicht weit voneinander liegen. Uns trennt sicherlich nur die Bewertung und Umschreibung der Begriffe.
Die Nacktheit beschreibt ein Fehlen. Wissenschaftlich ist dieses beim Menschen das Fehlen des Felles. Im allgemeinen Sprachgebrauch ist dieses das Fehlen einer Bekleidung. Mit der Nacktheit wird somit schlechtweg eine Zustandsbeschreibung und/oder Eigenschaft beschrieben. Die Sexualität ist einerseits ein Gefühlt und ein Trieb und anderseits eine bestimmte Handlungsabfolge. Wenn jemand mir sagt, er fühle sich nackt, so umschreibt dieser das Gefühl der Schutzlosigkeit, also ein Gefühl aus einem Mangel heraus.
Die meisten sexuelle Reitze werden nicht mit der Nacktheit gesetzt, sondern mit der Bekleidung. Die Art und Weise, wie die Bekleidung genutzt und ausgestattet wird, um etwas zu bedecken oder zu umranden, löst in der Tat mehr sexuelle Reitze aus, als wenn dieser Mensch keine Bekleidung trägt. Aber deswegen kommt keiner auf die Idee zu erklären, die Bekleidung gehöre zur Sexualität.
Mit deiner Aussage:
Für mich gehörten die Themen Nacktheit und Sexualität seit meiner Kindheit immer zusammen. Das ist eine sehr lange und wechselvolle Geschichte.
willst du mir sicherlich sagen, dass die moralische Verurteilung der Nacktheit mit der sexuellen Gefahr gleichgesetzt wurde. Es gab einfach keine anderen Möglichkeit, die Nacktheit aus bürgerlicher Sicht zu verteufeln. Ja, solche bürgerlich-moralischen Totschlagargumente habe ich in meiner Kindheit in verschiedenster Ausführung auch gehört. Nur wusste ich, dass diese Argumente dummes Zeug sind und hilflose Argumente waren.
Ich kenne eine Vielzahl von Gesundheits- und Erziehungsbücher des ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts und die dort geäußerten Vorstellungen zur Nacktheit. Die Anweisung, insbesondere an Mädchen, sich Sägemehl auf das Badewasser zu streuen, um die eigene Nacktheit nicht zu sehen, habe ich dort vorgefunden. Der Anblick des eigenen unbekleideten Körpers wurde als gefährlich und verwerflich bezeichnet. Dieses ist der Ausdruck einer extremen Körperfeindlichkeit. Um diese Körperfeindlichkeit begründen zu können, wurde dieses mit der Sexualität, ein moralisch sehr extremes Tabu, verbunden. Wenn Aria schreibt:
Die ganze Gesellschaft – bis auf wenigen Ausnahmen – sieht den Zusammenhang von Sexualität und Nacktheit. Selbst die Mehrheit der FKK-ler ist der gleichen Meinung, sonst würden sie sich auf FKK-Geländen nicht so abschirmen bzw. so heftig auf etwaige Textiler reagieren.
dann erkenne ich in dieser Äußerung die bayrisch konservative dörfliche bzw. kleinstädtische Erziehung, die Aria erhielt. Diese Äußerung ist natürlich Unsinn, nicht weil Aria Unsinn erzählt. Nein, sie gibt den Inhalt der Erziehung wieder, die sie erhalten hat. Aber dieser Erziehungsinhalt ist Quatsch.
Die Nacktheit beschreibt einen Zustand und die Sexualität ein Gefühl und eine Handlungsabfolge. Darum sind dieses beide unterschiedliche Gegenstände, die nicht zwingend verbunden sind. Ich kann sexuelle Impulse aus einer Nacktheit heraus erhalten, aber ebenso auch aus dem Zustand einer Bekleidung. Wenn ich unbekleidet bin, muß ich nicht sexuell erregt sein oder werden oder entsprechend handeln. Ich muss nicht, ich kann es. Bei einer Gleichsetzung der Nacktheit mit der Sexualität oder einer Festen Verbindung müsste ich es. So sehe ich diese Problemlage.