Udo Nudo hat geschrieben:In diesem Artikel
http://www.nw.de/nachrichten/aus_aller_ ... -ging.htmlfielen mir diese Sätze auf:
„Und das Publikum der Zeit wollte gern Nacktheit sehen. In Italien war die Aktmalerei längst etabliert.“
„Cranach hatte auch ein Gefühl dafür, was in der Zeit angesagt war: nicht nur Nacktheit, sondern auch Bärte. Fast alle Männer auf seinen Bildern tragen Vollbart: onduliert, gebürstet, gekämmt, in Form gebracht.“
Nicht nur Bärte sind damals allgegenwärtig gewesen, auch die Schamhaarlosigkeit der Frauen ist kein Phänomen der heutigen Zeit: Nach den Bildern zu urteilen, scheinen fast ausnahmslos alle Frauen der damaligen Zeit sich der Schamhaare entledigt zu haben.
Das ist nicht nur auf den Bildern zu sehen, die unter dem Link zu sehen sind, den Bummler hier reingestellt hat, sondern auch auf fast allen anderen mindestens 200 Jahre alten Gemälden:
Quelle: Wikipedia
In der Kirche Santa Maria del Carmine in Florenz gibt es dieses Bild (Sündenfall) von Masolino da Panicale. Das Besondere daran: Weder Adam noch Eva scheinen Schamhaare zu haben. Das ist äußerst selten, denn die Geschlechtsteile von nackten Personen (meistens sind das Adam und Eva) wurden zumindest auf den Kirchenbildern fast immer mit irgendwelchen Gegenständen verdeckt, vorwiegend mit Zweigen oder Blättern.
Irgendwo habe ich gelesen, dass die im alten Griechenland* und im römischen Reich bei den freien Bürgern übliche Sitte der Schamhaarentfernung während des Frühmittelalters im Westen verloren gegangen, im Osten aber, dem byzantinischen Teil des römischen Reiches, erhalten geblieben ist. Diese Sitte wurde – wie auch die römische Badekultur – von den Muslimen übernommen und später von Kreuzfahrern nach Europa gebracht. Jedenfalls berichtet Usama ibn Munqidh, ein arabischer Chronist der Kreuzzüge, wie ein Franke – so wurden die Kreuzfahrer damals von den Arabern bezeichnet – bei einem Besuch im Bad diese Rasur bei sich und bei seiner Frau oder seiner Geliebten vornehmen ließ.
Das o.g. Bild ist in der Frührenaissance entstanden, und in der Tat ist auf den Renaissancebildern kaum eine nackte Frau mit Schamhaaren dargestellt – sofern man das überhaupt sehen und beurteilen kann. Man kann davon ausgehen, dass in der Zeit das der Realität entsprach – zumindest bei Frauen des Adels und des gut situierten Bürgertums.
Hans Memling: Vanity and Salvation
Lucas van Leyden, 1530, The Fall of Man
After Barthel Beham
Print made by Sebald Beham
1543
Adam and Eve
Drei nackte Frauen und Tod - SKD Online Collection - Staatliche Kunstsammlungen Dresden
16th Century Anatomy and Pornography? De dissectione partium corporis humani libri tres, Charles Estienne, 1545; Guest Post by Morbid Anatomy
Maitre ES (ca. 1420 bis ca. 1468): Fou et jeune fille au miroir (allégorie de la luxure)
[Le Fou et la femme à l'écusson] : [estampe] / [Maître E. S.]
Erst später als mit der Gegenreformation sich der Ruf verstärkte, das Baden fördere die von der Kirche unerwünschte sexuelle Lust, wurde es unüblich: Statt sich zu waschen, kratzte und puderte man lieber. Und trug Perücken, um das fettige Haar zu verbergen. Allerdings gab es auch damals schon die Filzläuse – und dagegen half kein Kratzen und kein Pudern, dagegen half nur: Rasieren!
* In Lysistrata des Aristophanes (411 v. Chr. erstmals aufgeführt) wird das gleich am Anfang erwähnt –
Zitat:
LYSISTRATE.
Ei, Boioterin,
Schön ist dein Unterland!
KALONIKE.
O freilich, ja,
Und säuberlich gejätet und gerupft!