Shiva205 hat geschrieben:Ich denke, man kann Freikörperkultur nur sinnvoll betreiben, verstehen und diskutieren, wenn man auch bereit ist offen über die Probleme zu sprechen, die von Vielen mit Nacktheit assoziiert werden.
Eben: Exhibitionismus ist z.B. ein Problem, das der FKK schadet, aber darüber zu sprechen ist hier wohl ein no go. Dafür ist aber dieses Forum gern bereit über FKK-fremde Themen zu diskutieren – siehe z.B. Weltmeisterschaft 2018 Thread.
Shiva205 hat geschrieben:Ich halte nichts davon Themen im Vorfeld einfach zu tabuisieren. Schliesslich soll die Freikörperkultur ja auch dazu beitragen, dass die Menschen nicht nur äußerlich frei vom Bekleidungszwang werden, sondern auch innerlich ihre Ängste und Tabus abbauen, die oft mit dem Gefühl der Nacktheit oder mit dem Anblick von Nackten verbunden sind.
Dass die Mehrheit der Leute hierzulande sich dem Bekleidungszwang stillschweigend unterwirft, dies aber nicht zugibt, sondern sogar verteidigt, ist auch auf Angst zurückzuführen, aus der Reihe zu tanzen.
Shiva205 hat geschrieben:Öffentliches Masturbieren und andere sexuelle Aktivitäten waren dagegen nie in Mode. Selbst Naturvölker ziehen sich dafür zurück.
Menschenaffen im Zoo machen es - wie mir authentisch erzählt wurde, auch gerne vor Publikum. Vielleicht könnte man allzu aufdringlichen Exhibitionisten ja auch so einen Schau-Käfig anbieten, wo sie sich hinter einer Glasscheibe ausleben können, die Andere vor ihnen "schützt".
In einer Gesellschaft wie der unseren, die nicht einmal Nacktheit in der Öffentlichkeit akzeptiert und ggf. sogar bestraft, würde so ein Käfig keine Minute irgendwo stehen können. Wer einfache Nacktheit nicht sehen will, wird bei so einem Käfig wohl in Ohnmacht fallen – es sei denn eine schöne nackte Frau spielt darin mit sich selbst.
Shiva205 hat geschrieben:Was "Natur"völker anbelangt - die sind in Wirklichkeit auch Kulturvölker, halt mit einer etwas anderen Kultur, die uns natürlicher erscheint - aber die haben auch alle möglichen abstrusen Tabus.
Ja, man könnte auch sagen, Tabus sind ein Zeichen der Kultur, d.h. je mehr Tabus, desto höher die Kultur.
Aber das ist natürlich Schmarrn, denn je weniger Tabus es in einer Gesellschaft gibt, desto höher ist sie entwickelt. Wäre dem anders, müssten wir im Westen muslimischen Gesellschaften mit ihren vielen Tabus eine höhere Kultur zubilligen, was aber vor allem diejenigen verneinen würden, die sich hierzulande selbst als europäischen Patrioten bezeichnen.
Das generelle Problem aller Gesellschaften ist, dass sie die gerade geltenden Tabus für absolut notwendig erachten, weil sie mit diesen aufgewachsen sind und nichts anderes wirklich kennen. Deswegen ist es so schwierig, Tabus abzubauen. Trotzdem gelingt das ab und zu. FKK-ler z.B. haben sich vor 100 Jahren von dem Tabu der Nacktheit in der Öffentlichkeit befreit, sind aber immer noch eine Minderheit in einem Meer von Zwangsbekleideten, die nach wie vor nicht bereit sind, sich auszuziehen – nicht einmal im Hochsommer am Strand. Warum? Weil sich nicht gehört!
Warum gehört sich nicht? Darum! Das ist die Antwort, die man gewöhnlich kleinen Kindern gibt, wenn sie unzulässige Fragen stellen, d.h. Tabus ansprechen, auf die man keine begründete Antwort geben kann.