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Übergang der DDR in die BRD

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Re: Übergang der DDR in die BRD

Beitrag von Eule » Mo 29. Jun 2020, 17:53

@ riedfritz
1. Die ostdeutschen Stahlarbeiter erhielten kurz nach der Wende aufgrund neuer Tarifverträge 30% mehr Lohn, obwohl die (damals noch nicht übernommenen) DDR- Betriebe keine höheren Erlöse erwirtschafteten. Die Weitergabe dieser Zusatzkosten an die Auftraggeber war nicht möglich, deshalb brachen die Aufträge ganz weg.
Hier liegt ein Denk- oder Sprachfehler vor. Wieso soll die Nichtweitergabe von Lohnkosten dafür gesorgt haben, dass deshalb die Aufträge einbrachen? Das ist betriebs- wie volkswirtschaftlich gesehen ein Fehlschluss.

Der abrupte Umschwung von der sozialistischen Planwirtschaft zur sozialen Marktwirtschaft war ein Fehler, auch wenn. dieses politisch nicht zu vermeiden war.

Kohls Ausspruch von den "blühenden Gärten" fußte auf ein Unwissen über die tatsächliche Lage der DDR-Volkswirtschaft. Auch wenn es für Bummler sehr schmerzhaft ist, der DDR-Staat war nicht nur pleite, er war bankrott.

Trotz aller Mängel ist die Wiedervereinigung ohne Beispiel, das Wichtigste ist, dass sie friedlich vonstatten ging.
Hier stimme ich dir voll und ganz zu. Und dieses war eine Leistung der DDR-Bürger! :!:

 
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Re: Übergang der DDR in die BRD

Beitrag von riedfritz » Mo 29. Jun 2020, 18:07

Die Weitergabe dieser Zusatzkosten an die Auftraggeber war nicht möglich, deshalb brachen die Aufträge ganz weg.
Ganz einfach: Weil man zu den vorherigen Billigpreisen nicht mehr liefern konnte!
Ein Beispiel: Das Stahlwerk in Brandenburg mit 12 Öfen war das letzte Werk in Europa, das noch mit Siemens-Martin-Öfen arbeitete und aufgrund des Energieverbrauchs in keiner Weise mehr konkurrenzfähig war.

Viele Grüße,

Fritz

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Re: Übergang der DDR in die BRD

Beitrag von Aria » Mo 29. Jun 2020, 18:20

Bummler hat geschrieben:Apropos, weil du Historiker erwähnt hast, ich kenne da einen Siegfried Prokop, der schreibt recht anschaulich, z.B. hier:
https://www.freitag.de/autoren/der-frei ... hne-schuld
(…)
So stand denn auch die Entwicklung ostdeutscher Potenziale bei der Ausformung der Einheit nicht auf der Tagesordnung, sondern der Institutionen-, Eliten-, und Ressourcentransfer von West nach Ost. Dabei wurde in den neuen Bundesländern nicht nur die Positionselite verdrängt, sondern auch ein großer Teil der Funktionselite.
Es gab dazu keine Alternative, denn in der DDR konnte jemand eine Führungsposition in den Behörden oder in der Wirtschaft nur erreichen, wenn er in der SED oder – im weit geringeren Maßen – in einer Blockflötenpartei war. Die höheren Posten wurden nach Gesinnung vergeben, nur in Ausnahmefällen nach fachlicher Eignung.

Hätte man diese Personen an ihren Positionen belassen, hieße ihnen noch mehr Möglichkeiten zu geben, ihre Untaten zu verschleiern bzw. das sogenannte Volksvermögen an die Seite zu schaffen, was ohnehin oft genug der Fall war.

riedfritz hat geschrieben:Dem Helmut Kohl wurden die "blühenden Landschaften" bis zum Lebensende um die Ohren geschlagen, aber als er das sagte, war noch kaum jemand bekannt, wie marode das System bereits war.
Doch, Oskar Lafontaine, der damalige Kanzlerkandidat wusste das und sagte, die Wiedervereinigung würde Jahrzehnte dauern. Er rechnete auch vor, dass eine zu schnelle Einführung der D-Mark die ostdeutsche Wirtschaft schwächen würde, was millionen Arbeitslosen zur Folge hätte. Aber die Ostdeutschen wollten all das nicht hören und wählten mit großer Mehrheit Kohl.

Zitat aus Wikipedia: Am 18. Mai 1990 wurde der Staatsvertrag über die Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion mit der DDR unterzeichnet, der am 1. Juli in Kraft trat. In der Frage des Umtauschkurses der wegfallenden Mark der DDR in die Deutsche Mark setzte Kohl aus politischen Erwägungen den – finanzwirtschaftlich unrealistischen – Kurs von 1:1 bei Löhnen, Gehältern, Mieten und Renten durch. Dies erwies sich später als starke Belastung für die Betriebe der neuen Bundesländer. In diesem Zusammenhang prägte Kohl die Metapher der „blühenden Landschaften“ für den erwarteten wirtschaftlichen Aufschwung Ostdeutschlands.

HTJ hat geschrieben:Die Betriebe in der DDR hätten mehr Zeit haben müssen, sich an das neue Wirtschaftsysten anzupassen. Wäre diese Zeit da gewesen? Es wird ja immer gesagt, die Menschen wären abgewandert, wäre die D-Mark nicht gekommen.
Ja, sie wären abgewandert: Mir klingelt immer noch in den Ohren dieses „Kommt die D-Mark, bleiben wir, kommt sie nicht, geh'n wir zu ihr“. Es gab da eine Demonstration mit 60.000 Leuten, die mit Koffern in der Hand über die noch bestehende Grenze gingen - und wieder zurück, nur um zu demonstrieren, dass sie es ernst meinten.

HTJ hat geschrieben:Allerdings hat auch Helmut Kohl die Dinge beschleunigt.
Natürlich tat er das, schließlich war er Politiker. Und Politiker sagen fast immer das, was die Wähler hören wollen. Gut, es gibt auch Ausnahmen, siehe Lafontaine, aber die Geschichte lehrt uns, dass Menschen belogen werden wollen, wenn sie meinen, sie könnten davon profitieren.

HTJ hat geschrieben:Als nun alles gelaufen war mit der deutschen Einheit hätte man auch manches anders machen können.
Ja, im Nachhinein ist man immer schlauer.

HTJ hat geschrieben:In Jena z.B. hat Lothar Späth einiges aufgebaut, so daß es hier noch einigermaßen gut aussieht, und nicht alles tot ist.
Jena liegt in Thüringen, und Thüringen war, wie teilweise auch Sachsen, schon vor dem II. Weltkrieg wirtschaftlich stark, so dass Arbeiter aus dem angrenzenden Bayern täglich nach Thüringen pendelten. Aber die anderen Länder waren vor dem Krieg landwirtschaftlich orientiert und mussten dann in der DDR eine brutale Industrialisierung über sich ergehen lassen, koste es was es wolle. Aus Ländern ohne industrieller Tradition kannst du nicht einfach so das Niveau von Westdeutschland erreichen, das dauert eben.

HTJ hat geschrieben:Ich finde es auch unfair von Tim007 die Sozialleistungen in die Gesamtkosten mit einzurechnen. Dies hat nichts mit den Kosten der Einheit zu tun.
Sondern?

HTJ hat geschrieben:Es wird ja immer gesagt, wie schön Straßen und Plätze in Ostdeutschland sind. Nur wird von schönen Straßen und Plätzen niemand satt.
Das haben die Kommunen und Länder selbstständig entschieden – frage sie, warum sie das gemacht haben. Sie hätten auch den vielen arbeitslosen Facharbeitern unter die Arme greifen und ihnen Startkapital für eine Firmenneugründung geben können.

HTJ hat geschrieben:Zum Tod von Rohwedder: Wem hat es genützt. Ich glaube bis heute nicht daran, daß es die RAF war.
Ah, eine neue Verschwörungstheorie? Habe noch nie davon gehört.

 
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Re: Übergang der DDR in die BRD

Beitrag von Tim007 » Mo 29. Jun 2020, 18:24

Eule hat geschrieben:Und dieses war eine Leistung der DDR-Bürger!


Nicht nur das.

Ich verstehe es durchaus, wenn manche DDR-Bürger sensibel reagieren, wenn Besser-Wessis die Leistungen, die es natürlich auch gegeben hat, niedermachen. Und wenn Unternehmen, die mit Herzblut betrieben worden waren, plattgemacht worden sind. Dabei wird allerdings übersehen, dass das nur deshalb möglich war, weil das System nicht konkurrenzfähig war.

Einseitige Schuldvorwürfe gen Ost und West greifen zu kurz.

 
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Re: Übergang der DDR in die BRD

Beitrag von riedfritz » Mo 29. Jun 2020, 18:56

Tim007 hat geschrieben:Ich verstehe es durchaus, wenn manche DDR-Bürger sensibel reagieren, wenn Besser-Wessis die Leistungen, die es natürlich auch gegeben hat, niedermachen.
Dabei darf man aber die Leistung der Westbürger, die die Umleitung der Investitionen meist klaglos hingenommen haben, auch nicht unter den Tisch fallen lassen.

Viele Grüße,

Fritz

 
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Re: Übergang der DDR in die BRD

Beitrag von Tim007 » Mo 29. Jun 2020, 20:06

Das sehe ich auch so.
Daher die Blumen, die ich mir von Bummler erhoffe. :-)

 
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Re: Übergang der DDR in die BRD

Beitrag von norbert » Mo 29. Jun 2020, 20:33

Man sollte beim Betrachten der deutschen Geschichte nicht den ungleichen Start der beiden deutschen Staaten nach Kriegsende außer Acht lassen. Ebensowenig die Möglichkeiten einer wirtschaftlichen Entwicklung unter der Planwirtschaft und dem Einfluß der UdSSR.

 

Re: Übergang der DDR in die BRD

Beitrag von Naturpaar6568 » Mo 29. Jun 2020, 20:46

Völlig richtig Norbert,

Du hast mir vorweggenommen, was ich sagen wollte.
Es ist den Westdeutschen nicht zu verübeln, dass sie auf ihren erreichten Wohlstand stolz sind. Der ist aber ursprünglich auf den Aber- und Abermilliarden gewachsen, den die Westalliierten in das zerbombte Westdeutschlöand gepulvert haben. Sie haben damit erst nachgelassen als sie spürten, dass Westdeutschland auf eigenen Füßen stehen kann.
Während dieser Zeit haben die Russen noch den letzten brauchbaren Rest aus dem zerbombten Ostdeutschland herausgeholt, ganze Eisenbahnstrecken demontiert und komplette Industriebetriebe mitgehen lassen (die sie dann in Sibirien verschrottet haben, weil sie damit nicht klar kamen). In den rund 40 Jahren ihres Bestehens war die DDR per Gesetz gezwungenermaßen permanenter Geldgeber für die UdSSR und für Kuba, und nahezu alle Wirtschaftsgeschäfte wurden zum einseitigen Vorteil der UdSSR ausgehandelt.
Das wäre ein wahres Wirtschaftswunder gewesen und nicht das im Westen, wenn die DDR dann auch noch die Möglichkeiten zu Rücklagen gehabt hätte.
Das ändert andererseits aber auch nichts an der Tatsache, dass sich die DDR durch ihre eigene völlig unlogische Planwirtschaft selbst in den Ruin gelotst hat. Aber das ist eine andere, erst später entstandene Geschichte.

 
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Re: Übergang der DDR in die BRD

Beitrag von Tim007 » Mo 29. Jun 2020, 21:09

norbert hat geschrieben:Man sollte beim Betrachten der deutschen Geschichte nicht den ungleichen Start der beiden deutschen Staaten nach Kriegsende außer Acht lassen. Ebensowenig die Möglichkeiten einer wirtschaftlichen Entwicklung unter der Planwirtschaft und dem Einfluß der UdSSR.


Das spielt sicherlich auch eine Rolle, wird aber nicht dem Umstand gerecht, dass das "sozialistische" Wirtschaftssystem nirgends funktioniert.

 
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Re: Übergang der DDR in die BRD

Beitrag von norbert » Mo 29. Jun 2020, 21:19

Tim007 hat geschrieben:...dass das "sozialistische" Wirtschaftssystem nirgends funktioniert.

Die Menschen in der DDR haben es sich nicht ausgesucht.

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