In der Süddeutschen ist das Thema "Moral und Öffentlichkeit" erst wieder thematisiert worden.
https://www.sueddeutsche.de/kultur/meto ... -1.4363181Verlage schreiben ihren Autoren wieder regelmäßiger sogenannte "Moralklauseln" in die Verträge.
Nanu, wo kommt denn das her?
Kritiker sehen eine neue Welle "moralischer Panik", und ein Instrument zur politischen Kontrolle. Assoziationen werden geweckt zu den Moralklauseln, die in den Zwanzigerjahren in Hollywood eingeführt wurden, um die großen Filmstudios vor allzu skandalösen Eskapaden ihrer Stars zu schützen. Als Urknall gilt der Skandal um den extrem beliebten Stummfilmstar Roscoe "Fatty" Arbuckle. Nach einer exzessiven Party wurde er der brutalen Vergewaltigung einer jungen Frau beschuldigt, die zu ihrem Tod führte.
Aha, sexueller Missbrauch ist wohl wieder das Thema, aber vor allem auch:
Seine Filme durften nicht mehr gezeigt werden, was seinem Studio natürlich hohe Verluste bescherte.
Ja, die Ökonomie. Wenn monetäre Verluste drohen ist jede Methode legal, sich zu schützen.
Das geht nach mancher Meinung ganz schön weit:
Deswegen kann man den Willen zur sittlichen Kontrolle als Symptom eines Arbeitsverhältnisses sehen, das die Philosophin Elizabeth Anderson in ihrem neuen Buch als "Private Regierung" (Suhrkamp) beschreibt. Unternehmen entwickelten in den USA ein Ausmaß der persönlichen Kontrolle über ihre Angestellten, die das eines republikanischen Staates längst übertreffen, sie verhielten sich wie "kommunistische Diktaturen": Sie haben "die gesetzliche Autorität, das außerdienstliche Leben ihrer Arbeiter ebenfalls zu regeln - ihre politischen Aktivitäten, sprachlichen Äußerungen, die Wahl des Sexualpartners, Gebrauch von Freizeitdrogen." Das Privatleben müsse ein Arbeitnehmer den privaten Ansprüchen seines Betriebs unterordnen, und dabei höchste Transparenz walten lassen. Wer sich daran nicht halte, dem drohe der Verlust der Lebensgrundlage oder das Exil. Anderson spricht von einem "Autoritarismus am Arbeitsplatz", einer undurchsichtigen Herrschaft, auf die Arbeitnehmer keinerlei Einfluss nehmen können.
Da braucht man das Neue Deutschland nicht mehr lesen. Für mich jedenfalls ist dieser Artikel ein weiterer Beleg dafür, dass der gesellschaftliche Wandel eine ökonomische Ursache hat.