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Dokumente des gesellschaftlichen Wandels

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Re: Dokumente des gesellschaftlichen Wandels

Beitrag von Hans H. » Sa 28. Jan 2017, 15:05

@Eule: deine Entgegnungen zu meinen Beiträgen erscheinen mir in einigen Punkten widersprüchlich bzw. nicht gestützt durch Argumente. Zum Beispiel:
Protektionismus soll die eigene Wirtschaft, unabhängig von der erbrachten Qualität, schützen.

und weiter unten zu meiner Aussage, dass eine schlechte Qualität damit nicht gerettet werden
Doch, dieses ist oftmals der entscheidende Grund für diese Maßnahmen.

Kannst du mir auch nur ein einziges Beispiel nennen, wo Protektionismus die wegen sehr veralteter Produktionsmethoden über Jahre zurückgebliebene Qualität so schützen konnte, dass die Produktionen langfristig weiterlaufen konnten, die Wirtschaft im Land stabil blieb und es dauerhaft den Bürgern gut ging, ohne dass sich das Land derart von der restlichen Welt abgeschottet hat wie Nordkorea? (allerdings, gut geht es den Bürgern dort nicht).
Nein, hier siehst du nicht den richtigen Zusammenhang. Die deutschen Solarmodule hätten vor chinesischen geschützt werden müssen, nicht weil diese dort billiger produziert wurden.

Lies mal meinen Satz davor. Wo hatte ich geschrieben, dass sie billiger produziert würden? Das die Ursache in China eine andere ist, spielt auch für die Aussage überhaupt keine Rolle, denn sie wurden zu Dumpingpreisen nach Europa exportiert. Deshalb schrieb ich, dass die deutschen Solarmodule hätten mit Protektionismus gerettet werden können. Du widersprichst mir um dann im nächsten Satz genau das zu bestätigen. Verstehe das, wer will, ich aber nicht.
Diese Begründung höre ich jetzt zum ersten Male. Ich halte sie für nicht zutreffend.

Die Aussage von mir, auf die sich das bezieht, war Anfang der 1990ger Jahre eine Analyse in einem der großen politischen Magazine.
Ich denke, du warst zur Wendezeit nicht in der DDR und hattest wohl auch keine Kontakte dorthin.

Spekulieren kannst du viel, aber wissen nicht. Ich finde, das ist eine ziemlich billige Methode, um einen Widerspruch einzuleiten für den man keine anderen ausreichenden Argumente findet. Meine Kontakte waren sehr weitreichend zu Universitäten in der DDR, in Ungarn und in mehreren anderen Ostblockländern einschließlich einer bedeutenden russischen Fakultät meines damaligen Fachgebietes.

Den Satz habe ich allerdings etwas ungenau in Bezug auf die zeitlichen Abläuft formuliert. Es ist nicht das Nachgeben in den allerletzten Tagen vor der Öffnung der Grenze gemeint, so könnte man meine Formulierung fälschlicherweise verstehen, sondern die Entwicklung zu einer großen politischen Unsicherheit, die das im Endeffekt ermöglichte, aber Monate vorher schon einsetzte. Auch die (in der dortigen Regierung keineswegs unumstrittene) Zustimmung aus Moskau resultierte aus dem wirtschaftlichen Zusammenbruch des Ostblocks und der Unterstützung, die man aus dem Westen brauchte.

Weiter unten schreibst du:
Eine sehr gewagte, dennoch falsche, Aussage. Der DDR ist der "Ostmarkt" weggebrochen und der gesamte "Ostmarkt" hätte abgeschottet werden müssen.

Und mit dem nächsten Satz bestätigst du dann meine "gewagte und falsche" Aussage:
Aber dieses hätte am Staatsbankrott nicht geändert.

:?: :?: :?:

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Re: Dokumente des gesellschaftlichen Wandels

Beitrag von Aria » Sa 28. Jan 2017, 16:05

riedfritz hat geschrieben:Ich wollte damit etwas ironisch ausdrücken, daß man der DDR-Bevölkerung weismachte, daß die Produkte mit westlichen Standards mithalten konnten.
Wäre dies in größerem Umfang der Fall gewesen, hätte man über den Export Devisen erwirtschaften können.
Die DDR hat Devisen, also harte Währungen, nur bekommen, wenn sie ihre Produkte unter Gestehungskosten in den Westen verkaufte. Dazu gehörten auch die eigenen Bürger, die man für durchschnittlich 50.000 DM pro Kopf verkaufte.

Das war lange kein Problem: Was die DDR im Handel mit dem Westen verlor, machte sie im Osten wett, denn die sog. Brüderländer im Osten kauften gerne Produkte „Made in GDR“, denn sie hatten selbst noch schlechtere – es heißt ja: Im Land der Blinden ist der Einäugige König. Aber Anfang der 80-er Jahre ging das nicht mehr. Das Jahr 1983 war das Jahr des Milliardenkredits der Bundesrepublik an die DDR. Die Gründe dafür laut einer Sendung des MDR aus dem Jahr 2015 – Zitat:

Im Vorjahr erwirtschaftet die DDR eine negative Zahlungsbilanz von 30 Milliarden DM. Finanziert mit Devisenkrediten importiert die DDR Rohstoffe und Agrarprodukte aus dem Westen. Moderne Industrieanlagen werden zum Beispiel aus Japan eingeführt, um die eigene Exportleistung zu stärken und damit auch die Importkosten auszugleichen.

Doch die Erfolge in der Warenausfuhr werden durch die Kreditzinsen und Tilgungen aufgezehrt, weitere Devisenkredite sind notwendig. In den Jahren vor 1983 verschlechtert sich die Situation auf dem Kreditmarkt weltweit. Die Zahlungsunfähigkeit von Polen, Ungarn und Rumänien lässt das Vertrauen westlicher Banken in die DDR schwinden. Hinzu kommt, dass die Sowjetunion Ende 1981 die vertraglich vereinbarten Erdöllieferungen reduziert. Damit wird der wichtige devisenbringende Mineralölexport in den Westen enorm beeinträchtigt, die DDR muss in Milliarden-Höhe in die Umstellung von Heizöl auf Braunkohle investieren.


In weiteren Jahren verschlechterte sich die Situation noch, weil sich die östlichen Nachbarländer unter dem Eindruck der um sich greifenden Perestroika von der sozialistischen Planwirtschaftsformen ab- und der Marktwirtschaft zuwandten. Sie kauften im Westen nicht nur Fertigprodukte, sie produzierten in den Join-Venture-Unternehmen mit Westkapital und -knowhow selbst verstärkt Konsumgüter von guter Qualität, was vor allem die DDR, bis dahin Primus in diesen Dingen, zu spüren bekam: Ihre Produkte waren auch dort nicht mehr konkurrenzfähig. Das Fatale dabei: Trotz der wegbrechenden Märkte hielt die DDR an der Planwirtschaft fest, was u.a. Gorbatschow veranlasste zu sagen: Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben.

Zusammenfassend kann man sagen: Der Niedergang der DDR begann nicht mit der Wiedervereinigung, sondern bereits 10 Jahre früher. Die Wiedervereinigung, vor allem aber die Gleichsetzung der DDR-Mark mit der Deutschen Mark, die die Produkte aus der Ex-DDR unverhältnismäßig verteuerte, war der Todesstoß für deren Industrie. Doch die Agonie, in der nur noch, wenn überhaupt, für die Halde produziert wurde, wurde durch westliche Transferleistungen kaschiert.

An diesem Tropf, ein Vierteljahrhundert später, hängen die Ex-DDR-Länder heute noch – und beschuldigen trotzdem den Westen der Republik, für ihr „Unglück“ verantwortlich zu sein. Aber das ist menschlich: Nie ist man selbst schuld: es sind immer die anderen.

 
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Re: Dokumente des gesellschaftlichen Wandels

Beitrag von riedfritz » Sa 28. Jan 2017, 16:46

Hallo Aria,

vielen Dank für Deine ausführliche Erläuterung der früheren Situation.
Was Bummler m.E. immer einseitig darstellt: Die guten Geschäfte der deutschen Industrie inkl. der Exporteure füllen nicht nur die Kassen der Aktionäre und Anteilsinhaber sondern sichern ebenfalls die Beschäftigung, nicht nur im Inland sondern auch die der ausländischen Zulieferer usw., die Löhne der Arbeitnehmer in allen Branchen, die Steuereinnahmen aus denen auch die Infrastruktur und die Leistungen benachteiligter Personengruppen bezahlt werden.
Wie würde es in der Mehrzahl der deutschen Bundesländer aussehen, wenn nicht einige Länder wirtschaftlich so excellent dastünden und deren Defizite ausgleichen könnten.

Viele Grüße,

Fritz

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Re: Dokumente des gesellschaftlichen Wandels

Beitrag von Hans H. » Sa 28. Jan 2017, 19:01

@Aria: sehr gute Darstellung! Und riedfritz: auch deine Ergänzung trifft voll zu.
Hierzu ein Nachtrag von mir:
Aria hat geschrieben:Die DDR hat Devisen, also harte Währungen, nur bekommen, wenn sie ihre Produkte unter Gestehungskosten in den Westen verkaufte.

Das galt auch für das von mir zuvor gewählte Beispiel mit dem Hersteller Pouch, der Zelte und Faltboote nach Westdeutschland verkaufte. Man konnte die Produkte zu diesen Preisen nach der Wende keinen Tag länger ohne Verluste verkaufen, selbst kurz nach der Wende schon nicht, als die Löhne noch gar nicht gestiegen waren. Höhere Preise waren aber auf dem Markt für deren Produkte nicht erzielbar. Die Gründe hatte ich zuvor genannt.

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Re: Dokumente des gesellschaftlichen Wandels

Beitrag von Zett » So 29. Jan 2017, 09:11

riedfritz hat geschrieben:Ich wollte damit etwas ironisch ausdrücken, daß man der DDR-Bevölkerung weismachte, daß die Produkte mit westlichen Standards mithalten konnten.
Wäre dies in größerem Umfang der Fall gewesen, hätte man über den Export Devisen erwirtschaften können.


Der Export der DDR zur Bundesrepublik Deutschland betrug zum Ende der DDR (19989) 7,2 Mrd. DM!

(https://books.google.de/books?id=XyLQBg ... nd&f=false)

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Re: Dokumente des gesellschaftlichen Wandels

Beitrag von Zett » So 29. Jan 2017, 09:26

Aria hat geschrieben:Der Niedergang der DDR begann nicht mit der Wiedervereinigung, sondern bereits 10 Jahre früher.
Der Niedergang der DDR begann mit ihrer Gründung! Da die DDR kein real eigenständiger Staat war, sondern defakto eine Kolonie Moskaus, ist es unsinnig, die Entwicklung, auch die wirtschaftliche, abgetrennt von der Entwicklung des Mutterlandes zu betrachten.

Aria hat geschrieben:An diesem Tropf, ein Vierteljahrhundert später, hängen die Ex-DDR-Länder heute noch – und beschuldigen trotzdem den Westen der Republik, für ihr „Unglück“ verantwortlich zu sein. Aber das ist menschlich: Nie ist man selbst schuld: es sind immer die anderen.
Das typische Besser-Wessi Vorurteil. Ja, jetzt sind es nicht mehr die Bayern, die man mit Milliarden aus tiefsten Agrarzeiten geholt hat, jetzt sind es die mehr oder weniger gewollt (von beiden Seiten!) angeschlossenen "neuen" Bundesländer.
Dass ein völlig andersgeartetes Wirtschaftssystem, ohne Unternehmertun, ohne Finanzen, Jahrzehnte von "freien" Handel abgeschottet, von Westkonkurrenz von einem Tag auf den anderen überrollt, von der Politik zögerlich bis dilettantisch, wenn nicht sogar feindlich behandelt, schlechte Voraussetzungen hat, sich zu entwickeln, ist eine Sache, die eben dazu führen muss, dass die, die unter den Folgen leiden - und das sind im Osten nicht gerade wenige - keine so gute Meinung vom Westen haben.

 
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Re: Dokumente des gesellschaftlichen Wandels

Beitrag von riedfritz » So 29. Jan 2017, 15:30

Zett hat geschrieben:Das typische Besser-Wessi Vorurteil. Ja, jetzt sind es nicht mehr die Bayern, die man mit Milliarden aus tiefsten Agrarzeiten geholt hat, jetzt sind es die mehr oder weniger gewollt (von beiden Seiten!) angeschlossenen "neuen" Bundesländer.
Du darfst aber nicht vergessen, daß die Aufnahme der Millionen Flüchtlinge, die im Gegensatz zu den "Ossis" alles verloren hatten, ein Beispiel für gelungene Integration ist und als Gemeinschaftsleistung aller Bürger der westlichen Bundesländer, ohne großes Gejammere von angeblich Benachteiligten, vonstatten ging. Außerdem hatte das gesamte Deutschland Kriegstote und Kriegsversehrte, hauptsächlich Männer, zu verkraften. Da könnte der Spruch "Jammern auf hohem Niveau" passen.


Viele Grüße,

Fritz

 
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Re: Dokumente des gesellschaftlichen Wandels

Beitrag von riedfritz » So 29. Jan 2017, 16:34

Meinen letzten Post möchte ich noch etwas ergänzen: Bayern war ein Agrarland, zugegeben, aber nicht durch ein ideologisches System bankrott gewirtschaftet, sonst hätten bayerische Städte mit Hochtechnologie (u.a. Regensburg: Messerschmitt, München: Krauss-Maffei, Augsburg u. Nürnberg: MAN, Schweinfurt: Kugellagerindustrie) am Kriegsende nicht ständig unter den Luftangriffen der Alliierten gelitten.

Viele Grüße,

Fritz

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Re: Dokumente des gesellschaftlichen Wandels

Beitrag von Zett » So 29. Jan 2017, 18:55

riedfritz hat geschrieben:
Zett hat geschrieben:"Jammern auf hohem Niveau"
passt weniger für die Ostdeutschen, vielmehr für die Westdeutschen. Deren finanzielles Niveau ist ja um ein Vielfaches höher als das der Ossis. Und was die jammern, wie viel sie für die Ossis schon ausgegeben haben!! Siehst es ja hier.
Die Gleichsetzung der Eingemeindung der ehemaligen DDR mit der Nachkriegszeit hinkt reichlich. Den Kriegsflüchtlingen wurde wohl kaum etwas durch die Bundesregierung kaputtgemacht und deren Wirtschaft wurde auch nicht durch bundesdeutsche Treuhand und bundesdeutsche Wirtschaft plattgemacht.
Man kann nicht einfach alles in einen Topf schmeißen, was nun wirklich rein gar nichts miteinander zu tun hat.

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Re: Dokumente des gesellschaftlichen Wandels

Beitrag von Zett » So 29. Jan 2017, 19:00

riedfritz hat geschrieben:Meinen letzten Post möchte ich noch etwas ergänzen: Bayern war ein Agrarland, zugegeben, aber nicht durch ein ideologisches System bankrott gewirtschaftet, sonst hätten bayerische Städte mit Hochtechnologie (u.a. Regensburg: Messerschmitt, München: Krauss-Maffei, Augsburg u. Nürnberg: MAN, Schweinfurt: Kugellagerindustrie) am Kriegsende nicht ständig unter den Luftangriffen der Alliierten gelitten.

Nun musst Du nur noch erklären, warum Du mir das erzählst! Ich bin und war nie ein Freund des russisch-ostdeutschen Staatssystems. Man konnte sich das nur leider nicht ganz so leicht heraussuchen, wo man geboren wurde.
Und das andere, dass es neben viel Agrar auch ein wenig Industrie in Bayern gab, ändert nichts daran, dass massig Gelder nach Bayern geflossen sind, und jetzt, da Bayern gut da steht, die Bayern jammern (auf verdammt hohem Niveau, um mal auf diese Worte zurückzukommen), dass sie anderen Ländern auch mal etwas abgeben sollen.

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