Free2015 hat geschrieben:Die Frage ist doch: warum haben viele Angst dass irgendwo in dieser Bilderflut ein Foto von Ihnen herumschwimmem könnte?
Auch, weil viele Nachteile im Beruf befürchten, insbesondere in Berufen mit viel Kundenkontakt. Es ist schließlich bekannt, dass es in den USA sogar eine ganze Menge an Kündigungen gegeben hat, weil Nacktbilder oder fast-Nacktbilder von den Personen im Internet aufgetaucht sind. Allerdings ist mir kein entsprechender Fall aus Deutschland bekannt, andererseits hat es die Androhung der Kündigung im Falle der Beteiligung am Nacktjoggen, seinerzeit mit P. Niehenke zusammen, tatsächlich gegeben. Die betroffene Person (übrigens weiblich) hat damals daraufhin an der Teilnahme verzichtet.
Im Übrigen (und das hatte ich bereits mehrfach an verschiedenen Stellen des Forums betont) ist §22 KUG (KUG: "Kunst-Urhebergesetz"; §22: "Das Recht am eigenen Bild") nur ein Teil der Regelungen. Dieses Recht war ursprünglich nur als besondere Form des Urheberrechts in Bezug auf die Abbildung der eigenen Person gedacht, nämlich dafür, dass jemand, dessen Bild veröffentlicht wird, einen Anspruch auf urheberrechtliche Vergütung für seine Abbildung haben kann (unabhängig vom zusätzlichen Urheberrecht des Bildautors). Dieser §22 KUG wird heute tatsächlich sehr von der ursprünglichen Bedeutung entfernt auch in Bezug auf das Persönlichkeitsrecht zitiert, aber das Persönlichkeitsrecht ist strenger.
Während es im §22 KUG die Ausnahme für "zufälliges Beiwerk" gibt, gilt nach dem Persönlichkeitsrecht (das älteste diesbezügliche Urteil ist schon von 1968), dass es verboten ist, ohne Zustimmung des Betroffenen ein Bild zu veröffentlichen, auf dem er so abgebildet ist, dass sein Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt werden könnte. Diese Beeinträchtigung kann unter Umständen auch dann noch eintreten, wenn die Person gemäß §22 KUG "zufälliges Beiwerk" im Hintergrund, aber noch erkennbar wäre. Das ist nach neuerer Rechtsprechung immer dann der Fall, wenn die Situation einen privaten Charakter hat. Dazu zählt auch der Strand und die Liegewiese (das entsprechende Urteil bezog sich auf Personen mit Badekleidung, nackt wäre das dann erst recht der Fall), und dazu zählt auch der Aufenthalt in einer Gaststätte (ist zwar öffentlich zugänglich, aber dennoch sind die Anwesenden nicht von jedem Passanten zu sehen - so wurde das begründet).
Eine solche Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts geltend zu machen, wenn man an einer öffentlichen Massenveranstaltung teilnimmt, ist jedoch fast unmöglich, auch wenn es sich um den CSD oder den WNBR handelt. Seltene Ausnahmen bei Massenveranstaltungen wären z.B. wenn einem normal bekleideten Zuschauer aus irgend einem Grund die Kleidung kurzzeitig in ungünstiger Art und Weise verrutscht.
Das Persönlichkeitsrecht ist nun Mal ein Recht, das für jeden gilt. Es ist absolut unangemessen, aufgrund einer eigenen andersartigen Einstellung zu fragen, warum in aller Welt ein anderer sein Persönlichkeitsrecht in Anspruch nehmen will. Das ist jedermanns eigene Angelegenheit, wie er das sieht, so wie es auch jedermanns eigene Angelegenheit ist, ob er Facebook, Whatsapp, Payback benutzt, ein Google- oder Yahoo-Profil e.t.c. hat. Man kann stundenlang darüber diskutieren, wie sehr das Persönlichkeitsrecht durch diese Anwendungen beeinträchtigt werden können, aber es ist die Entscheidung eines jeden Einzelnen, wie weit er mit der Verfügbarkeit seiner Daten freiwillig geht.
Und genau so ist es jedermanns eigene Entscheidung, was er in Bezug auf Bilder seiner Person zulässt und was nicht. Über die Empfindungen Anderer zu diskutieren oder jemandem sogar Ängstlichkeit vorzuhalten, ist eine ausgesprochen intolerante Einstellung, die eigentlich gerade hier nicht her gehört. Das Persönlichkeitsrecht in Bezug auf öffentliche Nutzung von Daten und Bildern ("Informationelle Selbstbestimmung") ist eben dafür da, dass jeder selbst darüber entscheiden kann, was mit den Daten und Bildern über ihn geschieht, solange es nicht ein Gesetz in einem bestimmten Kontext bestimmt hat (wie z.B. für Fahndungsfotos).
Übrigens, da es oft verwechselt wird: Diese o.g. Regelungen haben nichts mit dem Verbot des Fotografierens zu tun, sondern das ist an mehreren anderen Stellen gesetzlich geregelt (u.a. StGB). So ist z.B. jegliches Fotografieren und jede Videoaufnahme aus dem Versteck heraus verboten sowie aus erhöhten Positionen in andere Gärten und Zimmer hinein, von Unfallopfern in hilfloser Situation (und noch ein paar weitere Fälle, die aber im Forum schon früher diskutiert wurden). In Badeanstalten/Freibädern kann darüber hinaus aufgrund des Hausrechts ein Fotografierverbot ausgesprochen werden (gibt es inzwischen in zunehmender Zahl auch in Textil-Bädern).
Wenn letztere Fälle nicht zutreffen, ist das von Anderen erkennbare private Fotografieren erlaubt (auch am öffentlich zugänglichen FKK-Strand, aber immer so, dass jeder die Möglichkeit hat, dem Foto auszuweichen), aber nach o.g. Ausführungen die Verwendung der Fotos eingeschränkt. Das Fotografieren mit dem Handy ist aber nur dann erkennbar, wenn das Handy deutlich in Fotografierhaltung vor der Person gehalten wird. In anderen Fällen ist es ein verbotenes Fotografieren aus dem Versteck heraus.