Folgender Beitrag ist (mal wieder) etwas lang geworden. Diesen zu lesen ist aber nicht verpflichtend.
FKKSaar_84 hat geschrieben:Wenn es also normal ist dass es jeder macht ist es auch normal für die nächste Generation.
Das wage ich sehr zu bezweifeln. Das Thema wurde in diesem und mehr noch im alten Forum immer wieder thematisiert.
Grundsätzlich hast du recht wenn du sagst, dass man Kinder relativ leicht an FKK heranführen kann und sie auch Spaß daran haben (können). Wir Erwachsenen müssen es ihnen nur entsprechend vorleben. Ich bin selbst in einer Naturistenfamilie aufgewachsen und war mit meiner Familie 18 Jahre Mitglied in einem FKK-Verein. In diesem Umfeld wuchsen wiederum unsere beiden Töchter auf.
Wir verbrachten als Familie fast jedes schöne Wochenende auf dem Freizeitgelände des Vereins. Wohnwagen-Stellplätze, Schwimmbad, Sauna, schönes Vereinshaus, Spielplatz, Volleyballfelder… Kurzum, alles war bestens und unsere Mädels fühlten sich dort gemeinsam mit mehreren anderen Kindern stets pudelwohl. Die Kinder trafen sich auch häufig außerhalb des Vereinslebens zuhause. Wir Erwachsenen übrigens auch.
Was wir Eltern schon die Jahre zuvor bei anderen Familien im Verein beobachteten war die Tatsache, dass die meisten Kinder mit Eintritt in die Pubertät immer seltener ihre Eltern auf das Freizeitgelände begleiteten und irgendwann ganz wegblieben. Bei einigen Kindern machte sich trotz der bis dahin so zwanglos gezeigten Nacktheit plötzlich ein Schamgefühl bemerkbar, welches sich in der Form zeigte, dass einige Mädchen und Jungen plötzlich mit Slip oder Bikini/Badehose über das Gelände liefen.
Die Verweigerungshaltung der Kinder sorgte dann vorübergehend auch für ein anderes Freizeitverhalten der Eltern, die der Kinder wegen dann nicht mehr so häufig auf dem Freizeitgelände erschienen und mit ihren Kindern häufiger etwas anderes unternahmen. Irgendwann waren dann die Kinder so weit, dass Ihre Eltern sie über das Wochenende auch allein lassen konnten oder diese bei Freundinnen/Freunden übernachteten.
Diese Beobachtung bzw. Verhalten der Kinder von FKK-Familien ist nicht neu und hat es immer schon gegeben und ist auch nichts FKK-Vereinsspezifisches. Unsere Elterngeneration hat das aber stets recht gelassen gesehen. Sie konnten sich relativ sicher sein, dass ihre Kinder nach der Phase ihrer "Selbstfindung" wieder zur FKK zurückfanden und diese eines Tages wieder am Vereinsleben teilnahmen. Die nächste FKK-Generation war geboren!
Mitunter tauchte da auch plötzlich nach etlichen Jahren der Abstinenz plötzlich ein ehemaliges Mitglied wieder auf, jetzt jedoch mit Lebenspartner und Kind. Das war dann stets eine freudige Überraschung.
Dieser Selbstläufer funktioniert heute aber nicht mehr oder nur noch äußerst selten. Problem ist, dass sehr viele Kinder von FKK-Familien nach ihrer Zeit der Nacktabstinenz während der Pubertät und auch später eben nicht mehr zur FKK zurückfinden. Das ist u.a. ein Grund dafür, dass FKK-Vereine über Nachwuchs klagen und sie teils zu Senioren-Sportvereinen mutieren, wo bei der Ankunft auf dem Freizeitgelände erst einmal der Rollator aus dem Kofferraum gewuchtet wird.
Wenn die Vereine trotzdem noch "leben" und einen gewissen Mitgliederstand halten können liegt das an den "Eintagsfliegen". Das sind Leute, die sich im Verein anmelden, aber bereits ein Jahr später wieder verschwunden sind.
Ok, über Vereins-FKK wurde im Forum schon viel debattiert. Vereine aller Art klagen über ausbleibenden Nachwuchs; das ist also nichts FKK-Spezifisches. Aber in FKK-Vereinen wird eines deutlich: Die Jugend hat heute und zunehmend kein Interesse mehr an FKK. Für sie ist FKK keine Lebenseinstellung mehr. Sie sieht darin nur noch nacktes Sonnen und Baden, ein Hobby also, mehr nicht. Das ist wie mit den Schützenvereinen. Welcher Jugendliche will da noch schwerbehangen mit Blech an der Jacke, welches den aufrechten Gang kaum noch ermöglicht, mit Wumtata durch das Dorf ziehen?
Um vom Vereins-FKK wegzukommen: Die Jugend hat heute andere Interessen. Ja, sie geht natürlich auch zum Sonnen und Baden an den See oder ins Schwimmbad. Da hat sich gegenüber früheren Zeiten wohl kaum etwas verändert. Aber eben bitte angezogen. Entweder in einem schicken Bikini mit Markenemblem oder einer Knielangen Schlabbershorts mit zwölf Taschen. Aber nackig? Iiihhh! "Das ist doch pervers" und andere Sprüche begleiten heute die FKKler. Hinzu kommt die allgegenwärtige Schussbereitschaft von Smartphone-Kameras. Das Thema hatten wir hier immer wieder. Die Angst, nach einem nacktem Sonnenbad am See auf immer und ewig in allen sozialen Netzwerken zur Schau gestellt zu werden ist einfach da und auch berechtigt. Und dann wären da noch die zig anderen Fun-Sportarten und andere Freizeitmöglichkeiten, denen heute die Jugend lieber nachgeht und mit denen wir Alten nichts am Hut haben (weil wir nicht mehr können).
Ob wir es nun wahr haben wollen oder nicht: Auch wenn wir uns noch so sehr bemühen werden wir das Rad nicht zurückdrehen können. Momentan ist nackt sein in der Öffentlichkeit bei den meisten jungen Menschen einfach ein No-Go. Da täuscht auch nicht die Tatsache drüber hinweg, dass wir Jugendliche und junge Menschen in der gemischten Sauna antreffen oder hier und da ein neuer Nacktwanderweg entsteht. Die allgemeine Tendenz ist einfach eine andere.
Und somit komme ich auf die Aussage von FKKSaar_84 zurück, Zitat:
„Wenn es also normal ist dass es jeder macht ist es auch normal für die nächste Generation“.
Erstens macht nicht jeder FKK. Es war schon immer eine recht kleine Minderheit. Zweitens macht die nächste Generation schon lange nicht mehr unbedingt dass, was ihnen ihre Eltern vorlebten. Das war einmal. Unsere Jugend ist heute viel selbstbewusster als in früheren Zeiten. Kinder erlernen heute nicht mehr unbedingt den Beruf ihrer Eltern und gehen deren vorgelebten Hobbys nach. Stattdessen zieht es sie früher als ehemals aus dem Elternhaus, studieren irgendwo auf der Welt und machen
ihr Ding. Familienzusammenhalt, Normen und Werte, Traditionen u.a. sind alles Dinge, die zwar noch bei unseren Kindern vorhanden sind, aber nicht mehr den Stellenwert haben wie einst einmal.
Wir können und sollten dagegen auch nichts unternehmen. Das ist der Lauf der Dinge, die wir nicht beeinflussen können. Was wir können und tun sollten ist, unseren Kindern das lebensnotwendige Rüstzeug mitgeben, damit sie in unserer heutigen Ellenbogengesellschaft bestehen können. Ich denke, dass meine Frau und ich das mit unseren beiden Töchtern geschafft haben. Nun ja, mit FKK haben die beiden nichts mehr am Hut, und dennoch scheinen sie glücklich. Sie sind in anderen Freizeitbereichen aktiv. Der Sohn unserer Nachbarn hat auch nichts (mehr) für die große, über viele, viele Jahre entstandene Modelleisenbahn seines Vaters übrig. Ist das denn so schlimm?
Dennoch dürfen wir aber darauf hoffen, dass eines Tages FKK wieder seinen Stellenwert in der Gesellschafft erhält, den es mal hatte (nach Möglichkeit einen größeren).
Aber das werden wir nicht mehr erleben.
Hier eine Lebensweisheit von dem libanesischen Philosophen und Dichter Khalil Gibran, welche ich vor langer Zeit während meines Studiums las und die mich außerordentlich beeindruckte und sowohl mich und meine Frau in der Erziehung unserer Kinder stets leitete.
Ich denke, das passt vielleicht zum Thema. Vielleicht sind deshalb unsere Kinder keine FKKler geworden?
Deine Kinder sind nicht deine Kinder.
Sie sind die Söhne und Töchter der Sehnsucht
des Lebens nach sich selbst.
Sie kommen durch dich, aber nicht von dir,
und obwohl sie bei dir sind,
gehören sie dir nicht.
Du kannst ihnen deine Liebe geben, aber nicht deine Gedanken;
denn sie haben ihre eigenen Gedanken.
Du kannst ihrem Körper ein Heim geben,
aber nicht ihrer Seele;
denn ihre Seele wohnt im Haus von morgen,
das du nicht besuchen kannst,
nicht einmal in deinen Träumen.
Du kannst versuchen ihnen gleich zu sein,
aber suche nicht, sie dir gleich zu machen,
denn das Leben geht nicht rückwärts
und verweilt nicht beim Gestern.
Du bist der Bogen, von dem deine Kinder
als lebende Pfeile ausgeschickt werden.
Lass deine Bogenrundung in der Hand
des Schützen Freude bereiten.