Ah, FKK-Igel hat eines meiner Lieblingsthemen wieder ausgegraben. Nun ja, es gibt sicherlich einige Neue hier im Forum, die das Uralt-Thema noch nicht kennen. Also:
Als der Begriff
"Freikörperkultur" = FKK geboren wurde, stand mehr dahinter, als nur nackt in den Tümpel zu springen und eine Runde zu schwimmen. Da war eben noch der kulturelle Aspekt (das dritte K). Aus Wikipedia:
"Die Bezeichnung Freikörperkultur ist erweitert aus Körperkultur, worunter Anfang des 20. Jahrhunderts die Hinwendung zum Körperlichen durch Sport, Wandern und andere Freizeitgestaltung in der Natur verstanden wurde. Dies galt als Gegenbewegung zu einem als „muffig“ empfundenen Bürgertum und einer beengten, städtischen Lebens- und Wohnsituation mit wenig Luft und Licht." Und auch aus Wikipedia:
„Sie [diese Lebensweise] kommt zum Ausdruck in der gemeinschaftlichen Nacktheit, verbunden mit Selbstachtung, sowie Respektierung der Andersdenkenden und der Umwelt. Gemeinschaftliche Nacktheit ist ein essentielles Kennzeichen des Naturismus, der die Naturelemente Sonne, Luft und Wasser völlig auswertet. Der Naturismus stellt das physische und psychische Gleichgewicht wieder her, indem er Erholung in einer natürlichen Umgebung bringt, durch Bewegung und Respekt für die Grundprinzipien von Gesundheits- und Ernährungslehre. Der Naturismus fördert viele Aktivitäten, die die Kreativität entwickeln. Völlige Nacktheit ist der geeignetste ‚Anzug‘, um eine Rückkehr zur Natur zu verwirklichen und ist mit Sicherheit der sichtbarste Aspekt des Naturismus, auch wenn sie nicht der einzige ist. Sie hat eine ausgleichende Wirkung auf Menschen, indem sie sie von Spannungen befreit, die durch Tabus und Provokationen der heutigen Gesellschaft verursacht sind, und den Weg zu einer einfacheren, gesunderen und menschlicheren Lebensweise zeigt.“ (Definition der Internationale Naturisten Föderation (INF-FNI) vom Weltkongress Cap d’Agde, 1974).
Im eigentlichen FKK-Gedanken steckt also noch mehr als in Nudismus, was nicht mehr als Nacktheit bedeutet. Freikörperkultur ist eine Lebensform, die Nacktheit einschließt. Der Naturismus-Gedanke als Lebensform wurde ab etwa 1900 populär und in Deutschland von z.B. Adolf Koch und Richard Ungewitter verbreitet.
Von dem damaligen Naturismus-Gedanken ist heute nicht mehr viel geblieben. Lediglich in einigen FKK-Vereinen leben noch ein paar Mitglieder der "alten Garde" gemäß dem ursprünglichen FKK-Gedanken. Aber das sind nur noch wenige. Allerdings ist in einigen FKK-Vereinen auch eine gewisse Renaissance des ursprünglichen FKK-Gedankens zu beobachten. Eintagsfliege? Wer weiß?
Wenn auch von dem ursprünglichen FKK-Gedanken nicht viel übrig geblieben ist, lebt das Kürzel "FKK" weiter, auch wenn damit heute in aller Regel nur noch Nacktheit verbunden wird. Ist das so schlimm? Ich mag den Begriff FKK auch nicht besonders. Dennoch benutze ich ihn häufig.
Hierzu aus meinen Beobachtungen und Erfahrungen unserer 18-jährigen Mitgliedschaft in einem (DFK) FKK-Verein: Das Durchschnittsalter der Mitglieder ist überproportional hoch. Die ältesten Mitglieder sind über 80 Jahre alt und zum Teil über 50, einige wenige 60 Jahre Mitglied im Verein. Sie aber auch jüngere haben den Verein geprägt und eine gewisse Vereinskultur geschaffen und bis heute am Leben erhalten. Sicherlich sind der Verein und deren Aktivitäten nicht mehr mit denen von 1950 zu vergleichen. Gemeinsames nacktes Ringelreihen, Gymnastik und Kreisspiele mit dem Medizinball bei Sonnenaufgang auf der Wiese im Morgentau sind Geschichte. Ausnahme: Vor vielleicht zehn Jahren hat eine damalige Sportstudentin auf dem Freizeitgelände des Vereins Koch-Gymnastik angeboten. Da kamen bei den Veteranen fast die Tränen.
Aber es ist bis heute etwas hängen geblieben: Das ist zum einen der Sport. In den meisten FKK-Vereinen, die dem DFK angeschlossen und Mitglieder im jeweiligen Landessportbund sind, wird der gemeinsame Sport großgeschrieben. Zudem ist bei recht vielen Mitgliedern Naturverbundenheit und eine gesunde Lebensweise erkennbar. Dies äußert sich u.a. in einer gesunden Ernährung und der Meidung von Genussgiften. Als Tagesgast auf dem Freizeitgelände bekommt man all dies sicherlich kaum mit. Wer aber über viele Jahre fast jedes Wochenende dort bei seinem Wohnwagen verbringt kennt irgendwann fast alle Gewohnheiten der anderen, campenden Vereinsmitglieder. Es ist so etwas wie eine Familie. So verkehren auch viele Vereinsmitglieder außerhalb des Vereinslebens miteinander oder/und fahren gemeinsam in Urlaub.
Nach einer Zeit des Mitgliederschwunds in den FKK-Vereinen über viele Jahre scheint sich die Lage jetzt etwas zu stabilisieren, zumindest wird derzeit der Status quo erhalten. Neue Mitglieder kommen und gehen. Von denen die gehen ist nicht selten so etwas zu hören wie „Das ist uns zu Öko.“ Es bleiben dann die neuen Mitglieder, denen es nicht einzig darum geht, im Sommer für relativ wenig Geld nackt am Pool zu liegen oder die Sauna zu besuchen. Sicherlich gibt es auch Mitglieder, die für den „alten Zopf“ wenig übrig haben und den Verein einfach als preisgünstige FKK- und Saunamöglichkeit nutzen. Das macht aber auch nichts. Jeder so, wie er mag.
Es bleibt festzuhalten, dass es gerade in den alten FKK-Vereinen, gegründet Anfang/Mitte des 20. Jhd. noch eine nicht zu unterschätzende Anzahl von Mitgliedern der "FKK-Reformbewegung 1933" gibt, die in diesem Sinne leben und ihre Lebensphilosophie teils sogar an die jüngeren Mitglieder weiter tragen. Noch ist dieser Geist der ursprünglichen FKK und des Naturismus in den Vereinen also nicht total erloschen. Dies war ein Grund, weshalb ich mich in einem solchen Verein wohl fühlte, weil ich dieser Lebensform durchaus etwas abgewinnen kann, zumal ich von meinem Elternhaus her in einer solchen Welt aufgewachsen bin. Dass ich mit meiner Familie dem Verein letztlich den Rücken gekehrt habe hat andere Gründe. Es mag sicherlich Vereine geben, wo von diesem "Geist" nur noch wenig oder nichts zu spüren ist. Dies dürfte u.a. mit dem Alter der Vereine zu tun haben, die in späteren Jahren teils einzig zum Zweck einer nackten Freizeitgestaltung im Grünen gegründet wurden. Dennoch habe ich auch dort zumindest den Eindruck, dass in diesen jüngeren Vereinen ein gewisser "gesunder Zeitgeist" herrscht, jedenfalls mehr als in meinem 08/15 (Textil)Sportverein in dem ich aktives Mitglied bin. Als Beispiel sei nur das Rauchen erwähnt. In dem FKK-Verein, in dem wir Mitglieder waren hatten auffällig wenige Mitglieder geraucht. Da ich auch heute noch Kontakte zum Verein und einigen Mitgliedern pflege weiß ich, dass dies auch jetzt noch der Fall ist. In unserer Tischtennis- und Boule-Gruppe außerhalb des FKK-Vereins wird deutlich mehr geraucht.
Ich persönlich finde mich übrigens eher wieder unter der Bezeichnung Naturist als FKKler.
Meine Angaben mögen subjektiv sein. Solle sich ein jeder seine eigene Meinung dazu bilden. Ein Richtig oder Falsch kann es nicht geben.