Wie könnte man Unentschlossene ermutigen, FKK zu machen?

[Eule]

@ NeuerWind
Es dürfte zwischen uns nicht strittig sein, dass wir in einer Gesellschaft leben, die im Normfall bekleidet ist. Vorschulkinder haben oftmals kein Problem damit, sich unbekleidet zu bewegen. Ihnen wird dann aufgetragen, sich zu bekleiden, weil dieses so nötig sei. Später wird dann oftmals die fehlende Kleidung oder die unvollständige Kleidung als unmoralisch bezeichnet. Dieses ist die Regelsituation, in der wir alle erzogen wurden.
Wenn ich nun nicht in eine Familie hineingeboren werde, die bereits FKK praktiziert, ich mich also unbekleidet fremden Menschen zeigen soll, so kommt diese Erziehungsbotschaft, dass man dieses nicht dürfe, weil es unschicklich oder unmoralisch sei, einem erst einmal mahnend in den Sinn. Und diese anerzogene Normbotschaft muss ich dann erst einmal überwinden, wenn ich mich auf einem FKK-Gelände entkleide und mich unbekleidet bewege. Bei dem Einen ist dieser moralische Druck nicht so groß und dann schnell überwunden und bei dem Anderen ist dieser moralische Druck groß und muss mit Mühe überwunden werden.
Ich denke, hier handelt es sich um eine Erfahrung und ein Wissen, welches so alltäglich und unspektakulär ist, so dass man darüber nicht weiter reden muss. Oder irre ich mich hier?

[Campingliesel]

Fremde am FKK-Strand anzusprechen halte ich für keine gute Idee.

Gerade die sind aber hier und könnten es jetzt ausprobieren. Freunde und Bekannte zu überzeugen, das bringt nichts.

Ich bin überzeugt, man muß die Leute da verbal abholen, wo sie gedanklich sind.

Einige Annahmen, die ich solchen Menschen unterstelle:

1. Die sind ja nackt, das traue ich mich nicht
2. Die sind ja nackt, vergewaltigen die mich jetzt?
3. Hey, ich könnte Fotos machen und die erpressen
4. Was tun die denn, wenn sie ihr Nachbar hier nackt sieht?
5. Ich komme später wieder mit versteckter Kamera vorbei, um sie aufzunehmen und dann zuhause zu onanieren/masturbieren
6. Ohje, ist das Herr X? Was mache ich nur nächstes Mal, wenn ich ihn sehe, ich kann ihm doch nicht in die Augen schauen, nachdem ich ihn nackt gesehen habe!
7. Was würden meine Freunde/Freundinnen über mich denken, wenn sie mich hier nackt sähen?
8. Meine Mutter hat mir gesagt, nicht anschauen, also schaue ich beschämt auf den Boden
9. Ja schämen die sich denn gar nicht? Nackt sein gehört in die eigenen vier Wände beim Sex und beim Arzt.
10. Hmm, leckeres vogelfreies Frischfleisch(diese Gedanken unterstelle ich insbesondere Muslimen).

Du hast völlig recht, dass das sehr schwierig ist. Bei Verwandten, Freunden usw funktioniert es meistens gar nicht. An langen Stränden an Nordsee oder Ostsee oder in Frankreich, wo sich Textil- und Fkk- Plätze abwechseln können , kommt es sicherlich oft vor, dass Textile durch die FKKLER durchlaufen. Bei uns an den Seen ist das so abgetrennt, daß das vermieden wird. Auch bei FKK Campingplätzen grenzt selten ein textilplatz direkt dran an, wo die Textilen auch noch durchlaufen müssten. Da ist auch am Strand der Abstand zum nächsten Textilstrand noch gross genug, damit das Problem vermieden wird. Ich weiss auch nicht, wie man Angezogene ansprechen könnte, die sich absolut weigern, nackt zu sein. Vor allem wenn schon die Bademeister oder Aufpasser nichts sagen.

[Arno]

@Eule:
Das ist ein Kernpunkt, den Du zutreffend darstellst, unsere Erziehung, die Nacktsein ab einem bestimmten Alter als "unschicklich" beinhaltet.

Aber auch die Gedanken von @Wäller in seinem Beitrag vom 26.09.2023, 13:20 sind richtig. Viele Menschen schämen sich wegen vermeintlicher Makel an ihren Körpern und oft genug schon weil der Zahn der Zeit natürlich nicht spurlos an einem vorübergeht. Das hat freilich noch nichts mit FKK/Textil zu tun.... Aber zutreffend ist, dass bei Selbstakzeptanz, beim Einsehen, welche Vielfalt es bei den Menschen gibt, dass ALLE altern usw., also dass bei Überwindung der Scham Nacktheit umso einfacher ist.

Ich hatte auch eine lange Zeit mit Gedanken "was denken die Leute" und habe schamvoll FKK u.ä. gemieden. Schade!

[Hannes]

Der Wunsch FKK zu machen und damit die Bereitschaft, sich nackt in der Öffentlichkeit zu zeigen,
sollte m.E. von jedem Einzelnen selbst kommen. Dazu braucht es ein gewisses Selbstbewustsein, ein gutes
Körpergefühl (hier kann Sport, Yoga oder Tanz helfen) und das Loslösen von traditionellen,
überholten Moralvorstellungen, die uns im Laufe der Kindheit beigebracht wurden.

Im Laufe des Älterwerdens kommt der ein oder andere zu der Erkenntnis, dass er bestimmte Gepflogenheiten
nicht mehr bedienen möchte, oder dass sie nicht mehr zum Leben, das man führen möchte, passen.
Das ist dann die beste Gelegenheit für Veränderung auch in Sachen Bekleidung.
Konkret: wann und in welcher Situation ziehe ich mir etwas an und wann möchte ich lieber nackt sein.
Und dann ist es natürlich schön, wenn man dabei nicht alleine ist, sondern jemanden kennt, der einen "an die
Hand nimmt" und dazu ermutigt.

[Arko]

Der letzte Satz ist sehr wichtig. Ich glaube, die wenigsten Menschen trauen sich, einfach so alleine FKK auszuprobieren.
Man braucht jemanden, der einen am Anfang an die Hand nimmt oder auch ein bisschen schubst Richtung FKK, ob das Verwandte sind, Freunde, Kollegen.

Wenn der Funke dann übergesprungen ist, dann kann man auch mal alleine los, um neue Strände oder Seen für sich zu entdecken.

[Wäller]

Im Laufe des Älterwerdens kommt der ein oder andere zu der Erkenntnis, dass er bestimmte Gepflogenheiten
nicht mehr bedienen möchte, oder dass sie nicht mehr zum Leben, das man führen möchte, passen.

Diesem Punkt muss ich absolut zustimmen.
Im Laufe der letzten 15 Jahre hat die Anzahl der Menschen, die mich mal am A... können, erheblich zugenommen. Und je größer die Anzahl der Menschen, auf deren Meinung man einfach keinen Wert mehr legt, desto einfacher ist das mit dem Nacktsein

[NeuerWind]

habe schamvoll FKK u.ä. gemieden. Schade!

Das klingt so, als hätte sich dein Leben verkürzt, weil du nicht beim FKK warst.

Ich frage mich im Gegenteil oft: wenn ich nicht zum FKK gehen würde, nie wieder, was wäre das Problem?

Wenn ich nicht zum FKK gehen würde, was würde ich dann tun? Ist das andere besser?

[CHICO]

@ NeuerWind

Geht man tatsächlich zum FKK? Geht man zu einer „Freikörperkultur“? So wird deutlich, dass FKK nichts als eine alte Schimäre ist.

Geht man nicht Schwimmen, sich Sonnen, Wandern usw. und verzichtet ganz banal auf Kleidung, weil es nackt angenehmer und passender ist? Ein solcher natürlicher und selbstverständlicher Vorgang - für viele - nicht alle - braucht keine Verbrämung mit einem Kulturbegriff.

[Campingliesel]

habe schamvoll FKK u.ä. gemieden. Schade!

Das klingt so, als hätte sich dein Leben verkürzt, weil du nicht beim FKK warst.

Ich frage mich im Gegenteil oft: wenn ich nicht zum FKK gehen würde, nie wieder, was wäre das Problem?

Wenn ich nicht zum FKK gehen würde, was würde ich dann tun? Ist das andere besser?

Es kommt wohl darauf an, warum man nicht mehr FKK machen würde. Ich hatte auch schon mal Zeiten, wo ich keine FKK gemacht habe. Der erste Zeitraum war, als ich meinen Mann kennengelernt hatte und der zunächst kein Interesse an der FKK hatte. Es dauerte 6 Jahre, bis er es dann endlich mal probierte. Und er war nach 3 Wochen total begeistert davon. Allerdings endete diese Zeit dann trotzdem mit der Scheidung 1990. (aber nicht wegen der FKK). Dann hatte ich wieder eine längere Pause während der 90er Jahre, teils aus Mangel an Gelegenheiten, keine Urlaube auf FKK-Campingplätzen, teils aber auch wieder wegen einem Partner, der auch kein Interesse daran hatte. Auch das ging wieder auseinander, aber auch nicht wegen der FKK.Er hatte es wenigstens dann mal probiert. Erst als ich 2000 einen neuen Partner hatte, und der kein Problem mit der FKK hatte, konnte ich endlich wieder auch an FKK-Urlaube denken. Und dann gab es auch die neuen Möglichkeiten an unseren Seen mit den FKK-Stränden. Mein jetziger Partner hatte auch nie Probleme wegen der FKK und praktiziert das schon seit seiner Jugend.
Und so können wir an unseren Seen und eben auch im Urlaub FKK machen.
Ich denke, wenn ich immer total auf die FKK hätte verzichten müssen und kein Partner hätte das je mitgemacht, dann wäre es schon problematisch für mich gewesen. Ich habe zwar kein Problem damit, auch ab und zu mal an einen Textilstrand oder Schwimmbad zu gehen, aber total auf die FKK verzichten, vor allem im Urlaub, möchte ich nicht mehr.
Deswegen ist es meiner Meinung nach viel schwieriger und ebenso ein Zwang, wenn man wegen dem Partner total drauf verzichtet, als wenn man versucht, den Partner dazu zu bringen. Natürlich nicht mit Zwang, aber mit persönlicher Überredungskunst. Aber wenn einer verlangt, daß jemand dem Partner zuliebe darauf verzichtet, dann kann man ebenso auch verlangen, daß es einer dem Partner zuliebe mal wenigstens probiert. Und meistens ist es das kleinere Problem, sich dazu zu überwinden, als für den, der sein Leben lang drauf verzichten muß oder es nur alleine oder gar heimlich ausleben kann. Wenn der eine sich dazu überwunden hat und es ihm gefällt, ist das Problem gelöst. Aber wenn der andere ständig nur allein oder heimlich FKK macht, dann besteht dieses Problem ewig und liegt immer zwischen den beiden.

[Eule]

@ NeuerWind

Arno hat geschrieben:
habe schamvoll FKK u.ä. gemieden. Schade!

Das klingt so, als hätte sich dein Leben verkürzt, weil du nicht beim FKK warst.
Ich frage mich im Gegenteil oft: wenn ich nicht zum FKK gehen würde, nie wieder, was wäre das Problem?

Es geht hier Arno um das hinzugewonnene Gefühl der Freiheit, eine Verbesserung und Erweiterung seiner Lebensqualität. Mit diesem Gefühl der Freiheit und der hinzugewonnenen Lebensqualität steht auch Arno nicht alleine da. Viele von uns erleben dieses ständig neu.

Wenn ich nicht zum FKK gehen würde, was würde ich dann tun? Ist das andere besser?

Diese Frage kannst du nur dir selbst beantworten. Was jetzt im Vergleich besser ist, hängt einzig alleine von deinem eigenem Empfinden ab. Für mich ist das Kriterium "besser" nicht vorhanden. Für mich zählt nur die Frage, was jetzt in der augenblicklichen Situation angebracht ist.
Freiheit bedeutet, zwischen mindestens zwei Möglichkeiten auswählen und entsprechend handeln zu können.