@ BOeinNackter
Was angeboren ist und was nicht, ist eine relativ müßige Diskussion, wenn man stattdessen über Eigenschaften und Verhaltensmuster redet, die sich mehr oder weniger schwierig ändern lassen.
Dieses sehe ich völlig anders. Denn etwas, was in den Genen niedergelegt ist, lässt sich zwar unterdrücken, aber grundsätzlich nicht ändern. Eigenschaften gehören in die Rubrik angeboren, weil diese im Menschen angelegt sein müssen, auch wenn diese in einem Lernprozess aufgeweckt und verfeinert werden. Bei den Verhaltensmustern muss man zwischen den triebgesteuerten und den sozialen Verhaltensmustern unterscheiden Ziel einer jeden Erziehung ist es, die triebgesteuerten Impulse beherrschen zu lernen. Dieses gelingt auch in der Regel. Die sozialen Verhaltensmuster sind alle Grundsätzlich erlernt. Es gibt keine soziale Verhaltensnorm, die ohne einen Lernprozess internalisiert werden könnte.
Leider wird von Wissenschaftlern die Fähigkeit, Scham zu entwickeln, als wichtiges Mittel zur Sozialisation gesehen.
Warum leider?
Die Scham oder besser gesagt das sich schämen müssen ist der Hinweis an das entsprechende Individuum, dass es sich nicht sozialgemäß verhalten hat. Dieser Satz von dir zeigt jedoch gleichzeitig auf, dass der Inhalt der Scham, also weswegen man sich schämen soll oder muss, eine von außen gesetzte Botschaft ist, welches das entsprechende Verhalten normieren soll. Wie willst du einem zu erziehenden den deutlich machen, dass dieser gewisse Grenzen nicht übertreten darf, auch dann nicht, wenn gerade keiner hinschaut?
Die Begriffe Voyeurismus und Exhibitionismus werden hier leider auch sehr oberflächlich verwendet. Beide Begriffe wurden und werden zu den sexuelle Perversionen gezählt, die alle als psychiatrische und strafrechtliche Begriffe genutzt wurden.
Hier gehe ich mit dir völlig einig. Diese beiden Begriffen werden viel zu häufig benutzt und in der Regel dann auch noch völlig unzutreffend, so dass hier eine moralische Aussage hinzu kommt, die hier nicht hinein gehört. Voyeurismus und Exhibitionismus beschreiben in erster Linie medizinische Sachverhalte, die ggf. auch im Strafrecht ihre Bedeutung haben. Und nur in diesen beiden Fachgebieten gehören sie hin. Wer diese beiden Begriffe nutzt, um eine starke moralische Botschaft zu senden, der mißbraucht diese beiden Begriffe.
Auch das Wort, Sexualität ist keineswegs eindeutig klar.
Für mich schon. Wobei ich gleichzeitig sagen muss, dass der Begriff der Sexualität nicht nur die körperliche Vereinigung zweier Menschen umfasst. Ebenso halte ich die Einengung der kath. Amtskirche für unzutreffend, die die Sexualität nur im Rahmen eines Zeugungsaktes erlaubt. Wenn du mit dieser deinen Hinweis aussagen willst, dass die Grenzziehung zwischen einem sexuellen und einem nicht sexuellen Verhalten nicht eindeutig ist, dann kann ich deiner Aussage zustimmen.
Es ist aber sicher einsehbar, dass zwischen einer Scham, nackt zusehen zu sein oder der Scham, jemanden angerempelt oder angebrüllt zu haben, beim Klauen oder Lügen erwischt worden zu sein, gewisse Unterschiede vorhanden sind.
Keine Frage. Wie bei Allem in unserem Leben gibt es auch bei der Scham von Inhalt her unterschiedliche Grade der Bewertung. Aber dieses dürfte kein Problem sein.
Wenn jemand einen Nacktwanderer deswegen anzeigt, kann oder muss die Polizei in dieser Richtung ermitteln. In der Zeitung steht dann das die Polizei jenen Verdächtigen suche und wieder glauben mehr Leute, dass Nacktwandern bestraft werden kann.
Das ist das Problem der deutschen Polizei. Sie müssen jeder Anzeige nachgehen, und sei diese auch noch so dumm und einfältig. Die deutsche Polizei darf von sich aus keine Ermittlungen einstellen. Dieses kann erst der Staatsanwaltschaft oder das Gericht machen. Ja, diese deine Befürchtung teile ich, aber ich wüsste jetzt auch nicht, wie man dieses verhindern könnte. Die Dummheit liegt nun mal in der gebräuchlichen Verallgemeinerung.
Lust am Sehen und Zeigen würde ich nicht durchweg als sexuell sehen.
Aber hier muss man auf die höchst sensiblen Grenzen achten.
Nur, was macht ein sexuelles Interesse so verwerflich? Wieviel traditionelle Prägung steckt dahinter?
Ich stimme dir hier auch zu. Aber bedenke, es kommt hier ganz besonders darauf an, die sensiblen Grenzen peinlichst genau einzuhalten. Es steckt wahnsinnig viel traditionelle Prägung dahinter und vielen Menschen ist dieses nicht bewusst. Daher kommt das Märchen vom angeborenem Schamgefühl. Ich kann diese Prägung jedoch nur dann aufbrechen, wenn ich mich stets korrekt verhalte und immer wieder auf den Sachverhalt der fehlerhaften Prägung hinweise. Aber dieser Erkenntnisprozess dauert und dauert.
Die Fähigkeit, Scham zu entwickeln ist sicher wichtig für die Anpassung an akzeptierte Gepflogenheiten einer Gesellschaft. Ob diese Fähigkeit nun angeboren ist, weiß ich nicht, aber ich glaube, wir haben sie alle.
Mit dieser Aussage begibst du dich jetzt einen Schritt vor der Aufnahme und Internalisierung der Schambotschaften. Ein Mensch, der diese Fähigkeit nicht oder nicht im erforderlichen Umfange hat, wird untergebracht. Zu seinem und zum Schutz der Gesellschaft.
Aktzeichnen ist eine gute Wahrnehmungsschule.
Ja, für die Entwicklung des eigenen und fremden Körperbildes. Aber du meintest hier sicherlich, zum Abbau eines unzutreffenden Schaminhaltes. Ja, auch hierfür.