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Unterschied Nacktheit/FKK und Voyeurismus/Exhibitiotionismus

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Re: Unterschied Nacktheit/FKK und Voyeurismus/Exhibitiotioni

Beitrag von Aria » Sa 5. Okt 2019, 16:29

Erstmal Dank an Hans H. für seine Ausführungen.

Und dann noch nebenbei:
HaJo hat geschrieben:Diesen Stuss hattest du ja schon mal gepostet. Er wird aber nicht logischer durch ständige Wiederholung.
Aria hat geschrieben: Du redest von Logik, ich von Komik, die sich aus solchen Situationen ergibt, die nicht nur meiner Beobachtungen entsprechen. Es ist also kein Stuss, sondern Realität, aber du kannst das ruhig für Unsinn halten, sprich das, was es gibt, nicht anerkennen.
HaJo hat geschrieben:Ach so.

Steht das irgendwo?
Ja, denn Stuss reden bedeutet laut Duden - Zitat: (in ärgerlicher Weise) unsinnige Äußerung, Handlung; Unsinn.

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Re: Unterschied Nacktheit/FKK und Voyeurismus/Exhibitiotioni

Beitrag von Hans H. » Sa 5. Okt 2019, 19:50

@Aria: Danke für die Rückmeldung. Das zeigt mir, dass es nicht alle für Quatsch halten, was ich schreibe.
Das Thema ist äußerst vielschichtig. Ich kann heute wieder nur einen Teil ergänzen, komme aber noch nicht zu dem, was ich gestern glaubte, in der Fortsetzung als nächstes zu schreiben.

Erst noch ein Punkt zum Nachdenken: Die Verhaltensforscher waren ja rund um die Welt in verschiedenste Kulturen gereist, also nicht nur knapp bis gar nicht bekleidete, sondern auch solche, die sich sehr viel bedeckter verhalten, als wir. Ich hatte es in einem früheren Beitrag schon erwähnt, dass in Teilen von Anatolien Frauen ein starkes Schamverhalten zeigten, wenn sie zusammen mit Fremden am Tisch Abendessen sollten. Das konnte keine Scham sein, weil etwas Verbotenes getan würde oder ein in der Gesellschaft wenig toleriertes Verhalten, denn sie wurden von den eigenen Ehemännern zum gemeinsamen Abendessen mit Freunden aufgefordert, die sie allerdings noch nicht kannten. Das reichte, das diese starke Körperscham eintrat.

Die Rahmenbedingungen, unter denen diese Art Körperscham eintritt, sind also völlig von den Gegebenheiten in der Gesellschaft abhängig. Die Erziehung spielt nur soweit eine Rolle, dass gelernt wurde, was in dieser Gesellschaftsform als normal gilt. Aber es wäre nicht plausibel, die in dem Beispiel eintretende Körperscham auch auf die Erziehung zurückzuführen, weil das voraussetzt, dass etwas Verbotenes oder Unerwünschtes getan würde. Aber gesellschaftlich geprägt war dort: man zeigt sich (als Frau) nur dem Mann, mit dem man auch intim wird, und sich Zeigen bedeutet in solchen Regionen dann schon das Gesicht zeigen. Und damit sind wir wieder genau auf der ursprünglichen Ebene des Schamverhaltens all denen gegenüber, denen die Frau signalisiert, nicht paarungsbereit zu sein. Deshalb sind die Verhaltensforscher überzeugt, dass dies alles vom Urinstinkt her dieselbe Körperscham und von demselben Ursprung herkommend ist.

Warum hört man immer wieder von Mädchen ohne FKK-Erfahrung in der Pubertät „das ist doch ekelhaft“, wenn sie einen nackten Mann sehen? Wäre es für Frauen ekelhaft, dann wäre die Menschheit längst ausgestorben! Aber die sind für Annäherungen noch nicht bereit und empfinden instinktiv eine Ablehnung, weil der nackte Mann, der sich frontal in geringer Entfernung zeigt, vom Instinkt her einer ist, der sich ihnen auf erotischer Basis annähern will. Nur FKK-Erfahrung mit der Sicherheit, dass es zumindest dort nicht so ist, kann dieses instinktive, also im Unterbewusstsein entstehende Gefühl vollständig ausschalten, das sie so zum Ausdruck bringen.

Der angeborene Anteil der Körperscham spielt also beim weiblichen Geschlecht keine Rolle, wenn man sich in einem Umfeld bewegt, in dem man niemandem signalisieren muss, dass man nicht paarungsbereit ist. Das ist bei der FKK natürlich der Fall und spätestens nach einer Eingewöhnungsphase spielt die Körperscham keine Rolle mehr. Die anerzogene Scham, die wie gesagt auftritt, wenn man etwas Verbotenes oder Unerwünschtes tut, dürfte ja bei FKK-Neulingen sofort vom ersten Schritt in dieser Umgebung an schon nicht mehr auftreten, weil man ja definitiv weiß, nichts Verbotenes zu tun. Dennoch tritt oft für die erste Zeit eine Körperscham auf, die bei den einen nach kürzester Zeit vorbei ist, bei den Anderen erst nach ein paar Tagen.

Im sonstigen Leben tritt dieselbe Körperscham auch auf: Ein nicht bewusst gesteuertes Abwenden des Blicks, wenn ein Mann die fremde Frau "zu scharf" ansieht, gehört zu demselben Verhaltensmuster. Viele werden sagen, das Abwenden des Blicks steuern sie bewusst. Das ist sicher mit einiger Lebenserfahrung und Übung tatsächlich so, aber dieses unbewusste Verhalten kommt viel häufiger vor, als man es selbst glaubt und ganz besonders bei jungen Mädchen in der Pubertät. Dem liegt dasselbe Empfinden zugrunde, das in anderer Situation als Körperscham bewertet werden kann.

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Re: Unterschied Nacktheit/FKK und Voyeurismus/Exhibitiotioni

Beitrag von HTJ » So 6. Okt 2019, 08:11

@ Hans H.
Ich denke, dass man manchmal das Gleiche meint, bloß andere Worte benutzt, und sich so missversteht. Ich habe es so ausgedrückt, dass wir eben auf Grund unserer sexuellen Selbsbestimmung sehr sensibel in Bezug auf unseren Körper reagieren, und so eher Schamgefühle bekommen als bei anderen Dingen. Auch das scheint angeboren zu sein. Andererseits zeigt deine Antwort auch: Eine direkte angeborene Nackt- Scham ( im Sinne was wir als nackt bezeichnen ) gibt es nicht. Die Naturvölker drücken ihre Abgrenzung und Schamgefühle eben auf andere Art und Weise aus. ( sich abwenden oder die angesprochene Hüftschnur)
Es gibt ja einen gerne angeführten Aspekt, dass Kinder irgendwann von selber nach Kleidung verlangen, und sich nicht mehr nackt zeigen wollen. Das hat aber damit zu tun dass eben auch Kinder irgendwann merken, dass es außerhalb der Familie andere soziale Normen gibt, und sie dann diese Normen dann annehmen.
Ein Aspekt ist ja der angesprochene " Scannerblickt" .Das hat aber nicht unbedingt was mit Nacktheit zu tun. Auch im bekleideten Zustand möchte niemand gern angestarrt werden. Weil es der Situation nicht angemessen ist. Dagegen ist es ja vollkommen normal, wenn jemand eine Rede hält oder jemand ein Musikstück aufführt diesen Menschen dann ständig anzuschauen.

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Re: Unterschied Nacktheit/FKK und Voyeurismus/Exhibitiotioni

Beitrag von Hans H. » So 6. Okt 2019, 15:07

Dieser Interpretation meiner Ausführungen kann ich zustimmen, denn nachdem ich begonnen hatte über die nun einige Zeit zurückliegende Diskussion genauer nachzudenken und die wenigen Textkopien herauszusuchen, die ich noch finden konnte, wurde mir auch klar (und das hatte ich inzwischen auch geschrieben), das in der Verhaltensforschung von einer angeborenen Körperscham die Rede war und nicht von Nackt-Scham. Letzteres Wort wurde nach meiner Erinnerung in dem Geo-Artikel vor einigen Jahren zu diesem Thema benutzt. Aber solche scheinbar kleine Ungenauigkeiten, die aber bei weiterem Nachdenken doch entscheidend sind, kommen schnell vor, wenn ein Reporter eines populärwissenschaftlichen Magazins über ein Interview mit einem Wissenschaftler berichtet. Und diese Körperscham kann sich je nach Kultur auf verschiedene Art und Weise auswirken. Das kann Nacktheit sein, aber das kann auch das Zeigen der Beine im kurzen Rock sein, wo es nicht üblich ist, und es kann schon das Zeigen des Gesichts sein. Je nach Kultur hat das Zeigen von diesem "Mehr oder Weniger" dieselbe Auswirkung.

Aber das sollten wir unbedingt auch berücksichtigen: Da die Wirkung des Frauenkörpers auf den Mann keinesfalls von der Farbe beeinflusst wird (sonst hätte das auch in der Evolution verschiedener Hautfarbe nicht funktioniert!), ist die Wirkung auf den Mann wie beim Anblick eines nackten Frauenkörpers auch da, wenn die Frau hautenge Kleidung trägt, besonders wenn moderne hautenge Hosen die sogenannte Konturnaht haben, die den Stoff deutlich zwischen die Pobacken hineinzieht, dann darunter nur einen Stringtanga, so dass es wie eine zweite Haut ist und die Körperform voll abgebildet wird. Bei manchen ist bei dünnen Sommerhosen auch vorn die Form sehr deutlich abgebildet und dazu kommt das dünne hautenge T-Shirt ohne etwas darunter.

Das wird alles bei uns voll toleriert bzw. meistens für schön befunden, wenn eine gut aussehende junge Frau sich so kleidet. Da die Wirkung auf hormoneller Basis und auf den Puls bei Männern nicht anders ist, als wenn sie eine ganz nackte Frau sehen, ist es doch eigentlich nicht nachvollziehbar, warum dann Nacktheit in unserer Gesellschaft so eingeschränkt wird. Klar, das ist jetzt wieder nur die eine Blickrichtung. Für die umgekehrte, von der Frau zum Mann, kann ich in dieser Argumentationslinie nichts beitragen. Aber aufgrund der angeborenen Empfindungen, die wie geschrieben von der männlichen Rivalität ausgehen, sind es auch in erster Linie die Männer selbst, die nicht wollen, dass andere Männer sich nackt zeigen.

Und das mit dem Scannerblick ist genauso klar, das dies nicht nur mit Nacktsein zutun hat. Aber nur da wird immer wieder so klar betont, dass dieser verboten sei. Im bekleideten Zustand ist der zumindest oft auch unhöflich und kann verunsichern. Bei den Frauen, die bewusst so herumlaufen, wie oben geschrieben, habe ich aber oft den Eindruck, die wollen angesehen werden, und nicht nur im Gesicht.

Aber: ich war mit dem vorhergegangenen Text noch nicht fertig. Die Fortsetzung folgt noch.

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Re: Unterschied Nacktheit/FKK und Voyeurismus/Exhibitiotioni

Beitrag von Aria » Mo 7. Okt 2019, 12:27

Hans H. hat geschrieben:… wurde mir auch klar (und das hatte ich inzwischen auch geschrieben), das in der Verhaltensforschung von einer angeborenen Körperscham die Rede war und nicht von Nackt-Scham.
Auch der Begriff Körperscham ist zu einengend, denn dieser tritt immer dann auf, wenn man mit eigenem Verhalten, dazu gehören auch Kleidung, Reden, Tun, die geschriebenen oder ungeschriebenen Gesetze einer Gesellschaft verletzt. Dazu gehört ganz eindeutig auch die Hüftschnur, denn die ist nichts anderes als ein Zeichen der (Nicht)-Bereitschaft zu Intimitäten. Ähnliches gibt es auch in unserer Kultur: Durch unverschämte Worte kann man ein Frau in die gleiche Bedrängnis bringen, wie in Amazonas durch die Aufforderung, die Hüftschnur abzulegen. Zu dieser Art von Scham Körperscham zu sagen, wäre nicht richtig.

Kleidung: Man schämt sich in unserer Gesellschaft schon, wenn man einige Jahrzehnte alte Kleider trägt, bei den Jugendlichen genügen dafür schon einige Jahre. Jede größere Abweichung vom Normalen im Aussehen oder im Verhalten, erweckt Neugier und/oder Ablehnung und/oder Geringschätzung der anderen. Ein sehr selbstbewusster Mensch wird darüber hinwegsehen, aber auch er wird sich nicht altmodisch kleiden, es sei denn: Er will provozieren.

Das ist auch der Grund der Ablehnung von Intimschmuck in FKK-Kreisen: Sie sind neidisch oder fühlen sich durch dieses Anderssein provoziert, obwohl das vielleicht gar nicht in der Absicht des Anderen liegt.

Übrigens gibt es diese Art von Ablehnung, ja fast Feindschaft auch unter den Tieren: Die Entenfamilie, die als erste Küken ausführt, wird von noch nachwuchslosen Enten nicht selten attackiert – bis auch sie Nachwuchs haben. Ich weiß nicht, wie zuverlässig diese Information ist, denn ich habe das vor Jahren irgendwo gelesen. Aber ich habe selbst beobachtet, dass fremde Erpel die Küken attackieren, und wenn der „Familienvater“ nicht dazwischen ginge, wären sie bald keine mehr. Es scheint, dass es auch im Tierreich einen Hang zur Gleichmacherei gibt, d.h. es soll möglichst keiner aus der Reihe tanzen.

 
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Re: Unterschied Nacktheit/FKK und Voyeurismus/Exhibitiotioni

Beitrag von Kartunger » Mo 7. Okt 2019, 14:24

Aria hat geschrieben:
Übrigens gibt es diese Art von Ablehnung, ja fast Feindschaft auch unter den Tieren: Die Entenfamilie, die als erste Küken ausführt, wird von noch nachwuchslosen Enten nicht selten attackiert – bis auch sie Nachwuchs haben. Ich weiß nicht, wie zuverlässig diese Information ist, denn ich habe das vor Jahren irgendwo gelesen. Aber ich habe selbst beobachtet, dass fremde Erpel die Küken attackieren, und wenn der „Familienvater“ nicht dazwischen ginge, wären sie bald keine mehr. Es scheint, dass es auch im Tierreich einen Hang zur Gleichmacherei gibt, d.h. es soll möglichst keiner aus der Reihe tanzen.


Ich meine hier liegst du falsch - in der Tierwelt geht es nur darum seine eigenen Gene fortzupflanzen und dem eigenen Nachwuchs die bestmöglichen Lebensbedingungen zu geben. Männliche Löwen fressen z.B. die Jungen eines anderen Männchen und decken dann die Löwin um eigenen Nachwuchs zu haben. Libellenmännchen packen ein Weibchen am Genick und schleudern es so lange bis es die befruchteten Eier eines anderen Männchens verloren hat um es dann selbst zu befruchten.

Grüße
Kartunger

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Re: Unterschied Nacktheit/FKK und Voyeurismus/Exhibitiotioni

Beitrag von Aria » Mo 7. Okt 2019, 18:13

Das mit dem Löwen ist klar, Kartunger, weil da eine reelle Chance besteht, dass er dadurch früher zum Zuge kommt. Aber Entenpaare sind quasi verheiratet und der „Vater“ ist noch da und verteidigt seine Küken vehement. Ja selbst wenn er körperlich schwächer ist, hat er durch seinen Mut Erfolg. Und wenn er verlöre und alle seine Küken umgebracht würden, würde die Mutter nicht mit dem Mörder zusammengehen wollen – das ist so gut wie ausgeschlossen, solange ihr "Mann" noch lebt.

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Re: Unterschied Nacktheit/FKK und Voyeurismus/Exhibitiotioni

Beitrag von Hans H. » Mo 7. Okt 2019, 22:05

Aria hat geschrieben:Das ist auch der Grund der Ablehnung von Intimschmuck in FKK-Kreisen: Sie sind neidisch oder fühlen sich durch dieses Anderssein provoziert, obwohl das vielleicht gar nicht in der Absicht des Anderen liegt.
Nach den von mir hier wieder ausgegrabenen Überlegungen würde ich hier überwiegend die Provokation vermuten, weil die Genitalien besonders betont, also hervorgehoben und damit präsentiert werden. Das führt dann gefühlsmäßig zur Reaktion wie beim tierischen Verhalten der Sexualpräsentation. Die Überlegungen zu diesem Thema wollte ich hier ohnehin noch fortsetzen, also gleich nach den nächsten zwei Sätzen.

Bei den Enten wäre ich auch vorsichtig, das Verhalten mit dem der Löwen zu vergleichen. Außerdem gibt es das nur dann bei den Löwen, wenn das andere Männchen nicht mehr lebt, also meistens dann, wenn es bei einem Rivalenkampf nicht überlebt hat.

Die erwähnte Sexualpräsentation ist bei den Primaten nicht nur ein Verhalten der männlichen Tiere, wenn auch bei den Männchen häufiger als bei den Weibchen und bei mehr verschiedenen Arten vorkommend. Von weiblichen Affen wird beschrieben, dass sie gelegentlich sehr deutlich ihren Unterleib präsentieren, sogar Handstand mit gespreizten Beinen wurde beobachtet. Dieses Verhalten und die männliche Sexualpräsentation bei Affen empfinden die Mehrheit der befragten Zoobesucher als abstoßend. Auch das kommt von der instinktiven Scham. Fast niemand derselben Menschen sagt, das abstoßend zu finden, wenn man bei einem kurzhaarigen Hund den Darmausgang ständig und sehr deutlich sieht. Das Gefühl „abstoßend“ entsteht bei dem genannten Verhalten im Affengehege dadurch, dass beim Anblick der Affen im Zoo dieses Verhalten als aufdringlich sexuell betont wahrgenommen wird. Und das ist nicht nur bewusst so, sondern auch Gefühls-gesteuert im Unterbewusstsein.

Die Sexualpräsentation findet sich nun bei Menschen nicht etwa direkt bei der Exhibition wieder, wie man bei oberflächlicher Betrachtung vermuten könnte (das hatte ich damals so in die Diskussion eingebracht). Exhibition wird eher als ein besonderer, im Allgemeinen als nicht normal empfundener, besonders starker Auswuchs dieses Verhaltens bezeichnet (die Bewertung „nicht normal“ dürfte mehr oder weniger auch gesellschaftlich geprägt sein). Im täglichen Leben sehen wir ein aus der ursprünglichen Sexualpräsentation in die menschliche Zivilisation übergegangenes, aber abgeschwächtes Verhalten in einem typischen Macho-Gehabe mancher Zeitgenossen, und zwar im bekleideten Zustand im normalen Alltag:

Da habe ich gerade in der Berliner Zeitung einen Beitrag einer Reporterin gelesen, welche Verhaltensweisen der Mitmenschen ihr (und vielen anderen) in der U- und S-Bahn am meisten missfallen. Da kam als erstes Beispiel der Macho, der sich in der Nähe einer jungen Frau breitbeinig hinsetzt, dabei fast den Platz für zwei beansprucht und mit Blickkontakt eine Anmache versucht. Dieses breitbeinige Hinsetzen, in Verbindung mit Anmache, oder auch im Stehen, dabei die Füße mindestens hüftbreit auseinander mit etwas vorgeschobener Hüfte, ist ein unbewusstes Verhalten. Wäre es bewusst, dann würde es jeder Mann vermeiden, weil zu gut bekannt ist, dass dieses Verhalten in der Regel als unzivilisiert, weil triebgesteuert (also tierisch), bewertet wird.

Das kommt aber nur bei solchen Männern vor, die sich sowohl anderen Männern gegenüber als auch Frauen gegenüber (fast) immer selbst dominant empfinden (und kein eigenes Gespür für die Wirkung ihres Verhaltens haben). Diese Körpersprache wird nicht nur von einigen Menschen bewusst, sondern ganz allgemein von allen auch unbewusst (also gefühlsmäßig) klar verstanden. Die Folge ist das Abwenden von Frauen, die das nicht wollen, aber auch eine deutliche Anhebung des messbaren Stresslevels bei den anderen Männern in der Nähe (Gefühl der Provokation). Wir vermeiden zivilisationsbedingt gelernt in der Regel den in ursprünglichen Gesellschaften daraus resultierenden Streit, wenn bei diesem Verhalten ein zweiter Mann zugegen ist (oder mehrere).

Das eigene Verhalten wird zwar oft sehr bewusst und mit gelernten Erfahrungen gesteuert, denn der Verstand schaltet schließlich mit zunehmendem Lernen auch immer mehr das instinktive Verhalten aus, aber auch mit völlig unbewussten Verhalten kann über die angeborene Körpersprache ein Streit vermieden werden, der sonst bereits entstehen könnte, wenn ein Mann eine Frau zu deutlich ansieht und ein Rivale das beobachtet. Dabei lässt sich sowohl in unbekleideten als auch in bekleideten Kulturen dieselbe Körpersprache in recht ähnlicher Form wiederfinden, wie bei den Primaten.

Diesem instinktiven Verhalten der Zurückhaltung liegt auch wieder dasselbe Gefühl zugrunde, das dann als Körperscham bezeichnet wird, wenn in fast nackten Kulturen der Mann ein Minimum bedeckt hält, um Aggression und Streit unter möglichen Rivalen zu verhindern. In ganz nackten Kulturen ist es das zur Seite drehen, um sich nicht frontal zu zeigen, was die Gefühle verursachen könnte, die bei der Sexualpräsentation bei den gegenüberstehenden verursacht werden (wie geschrieben, die Steigerung des Stresslevels bis hin zum Angriff bei einem Mann und das meistens negativ besetzte Gefühl der Frau, möglicherweise gleich sexuell belästigt werden zu können). Bei der FKK dürfte nach meiner Meinung die Forderung: „Scannerblick verboten“ aus diesen unterbewussten Gefühlen herkommen, denn damit vermeidet man das entstehen dieser instinktiven und negativ empfundenen Gefühle. Ein bestimmter Blick kann schließlich bereits als sexuelle Annäherung empfunden werden.

Diese Aufforderung „Scannerblick verboten“ wäre ja eigentlich nicht nötig, da sich doch eigentlich alle einig sind, dass es keine ungewollten sexuellen Annäherungen am FKK-Strand gibt. Aber das Wissen nützt nichts, wenn die unterbewussten Empfindungen bei vielen Menschen so eintreten. Auch hier ist wieder zu beachten, dass es vom persönlichen Selbstgefühl abhängt (ob man sich mehr oder weniger dominierend in der Umgebung empfindet), ob dieses oder gar keine oder eine gegenteilige Empfindung eintritt. Aber diejenigen, die es mögen, angesehen zu werden, müssen eben auch an die Gefühle der anderen denken, für die es zu viel Stress bedeuten würde. Wie bei vielen Regeln in der Gesellschaft muss man beachten, dass auch die emotional schwächeren einigermaßen stressfrei leben können.

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Re: Unterschied Nacktheit/FKK und Voyeurismus/Exhibitiotioni

Beitrag von Bummler » Di 8. Okt 2019, 08:23

Aria hat geschrieben:
Kleidung: Man schämt sich in unserer Gesellschaft schon, wenn man einige Jahrzehnte alte Kleider trägt, ...


Bei uns ist das anders.
Frau schämt sich, wenn Mann (ich) alte Kleidung (Hemden oder so) trägt.
Ich schäme mich überhaupt nicht, sondern fühle mich in den alten Klamotten wohl.

Hans H. hat geschrieben:Und das ist nicht nur bewusst so, sondern auch Gefühls-gesteuert im Unterbewusstsein.


Hier möchte ich anmerken, dass es Verhalten gibt, welches man über Übung vom bewussten Ausüben in das Unterbewusstsein "verschieben" kann. Man also Verhalten dann unbewusst (ohne Nachzudenken) ausführt, wenn es verinnerlicht ist.
Das bestes Beispiel ist Training, z.B. beim Auto fahren.
Möglicherweise ist dies aber auch bei unserem Schamverhalten so. Meine beiden Enkel (2 und 3 Jahre) jedenfalls sind noch völlig schamlos, egal wie sie selbst rumlaufen oder was sie so alles sehen.

Aber das nur als Ergänzung zu deinen sehr informativen Ausführungen.

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Re: Unterschied Nacktheit/FKK und Voyeurismus/Exhibitiotioni

Beitrag von Hans H. » Di 8. Okt 2019, 23:48

Bummler hat geschrieben:Hier möchte ich anmerken, dass es Verhalten gibt, welches man über Übung vom bewussten Ausüben in das Unterbewusstsein "verschieben" kann. Man also Verhalten dann unbewusst (ohne Nachzudenken) ausführt, wenn es verinnerlicht ist.
Das bestes Beispiel ist Training, z.B. beim Auto fahren.
Klar, bei jedem trainierten Verhalten. Besonders bei technischen Sportarten (Abfahrtschi, Surfen etc.) muss die Reaktion schneller sein, als man denken kann. Dein Übergang zum Schamverhalten ist sicher in Bezug auf das durch Erziehung (nicht nur familiär, auch vom Umfeld) gelernte oder geprägte Verhalten völlig richtig. Hier war aber die Frage, wie groß der Anteil ist, der gemäß Aussagen aus der Verhaltensforschung als angeborener Anteil existiert, der aber noch nicht im Kindesalter eintritt. Kein Zweifel, dass in unserer Gesellschaft der frühkindlich geprägte oder gesellschaftlich geprägte Anteil der Scham der dominierende ist. Daher kommen ja die vielen hier zitierten Beobachtungen, aus denen geschlossen wurde, es gebe nur diesen.

Aus den wenigen von mir hier wiedergegebenen Dingen lassen sich an manchen Stellen Argumente dafür erkennen, dass es diesen Anteil aber ebenso auch den Gegenpol der Zeigefreudigkeit gibt. Wie immer gibt es natürlich zwischen den Extremen alle Zwischenwerte. Und das ist es, was es uns unmöglich macht, mit unseren begrenzten Einzelbeobachtungen eine Aussage für pro oder contra zu belegen. Wir kommen ja auch als FKK und Saunafreunde nicht mit dem gesamten Spektrum der Breite dieser Gefühlswelt in Kontakt, sondern nur mit denen, die sich von vornherein auf der diesbezüglich freieren Seite befinden. Schon deshalb sind unsere Beobachtungen und Informationen aus Gesprächen nicht repräsentativ.

Die Wissenschaftler aus der Arbeitsgruppe in Seewiesen und anderen Instituten dieses Fachs hätten bestimmt viel mehr Argumente, als ich hier schreiben konnte. Heute hätte ich auch auf der Basis unserer Diskussionen hier viel tiefer greifende Fragen, als vor Jahren. Die Kontakte sind längst abgerissen und mehr kann ich hier nicht einbringen, als was ich aus noch begrenzt vorhandener alter Literatur, eigenen Aufzeichnungen damaliger Notizen und der Erinnerung hervorbringen kann. Wie geschrieben, das war für mich eine Zeit lang ein Studiums-Hauptfach, von dem ich mich aber dann abgewendet hatte, weil es mir eine ziemlich brotlose Kunst zu werden schien, aber man verfolgt dann natürlich über Jahre, was die anderen tun und vor Allem diejenigen, die man an der Uni selbst kennengelernt hatte.

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