Aria hat geschrieben:Das ist auch der Grund der Ablehnung von Intimschmuck in FKK-Kreisen: Sie sind neidisch oder fühlen sich durch dieses Anderssein provoziert, obwohl das vielleicht gar nicht in der Absicht des Anderen liegt.
Nach den von mir hier wieder ausgegrabenen Überlegungen würde ich hier überwiegend die Provokation vermuten, weil die Genitalien besonders betont, also hervorgehoben und damit präsentiert werden. Das führt dann gefühlsmäßig zur Reaktion wie beim tierischen Verhalten der Sexualpräsentation. Die Überlegungen zu diesem Thema wollte ich hier ohnehin noch fortsetzen, also gleich nach den nächsten zwei Sätzen.
Bei den Enten wäre ich auch vorsichtig, das Verhalten mit dem der Löwen zu vergleichen. Außerdem gibt es das nur dann bei den Löwen, wenn das andere Männchen nicht mehr lebt, also meistens dann, wenn es bei einem Rivalenkampf nicht überlebt hat.
Die erwähnte Sexualpräsentation ist bei den Primaten nicht nur ein Verhalten der männlichen Tiere, wenn auch bei den Männchen häufiger als bei den Weibchen und bei mehr verschiedenen Arten vorkommend. Von weiblichen Affen wird beschrieben, dass sie gelegentlich sehr deutlich ihren Unterleib präsentieren, sogar Handstand mit gespreizten Beinen wurde beobachtet. Dieses Verhalten und die männliche Sexualpräsentation bei Affen empfinden die Mehrheit der befragten Zoobesucher als abstoßend. Auch das kommt von der instinktiven Scham. Fast niemand derselben Menschen sagt, das abstoßend zu finden, wenn man bei einem kurzhaarigen Hund den Darmausgang ständig und sehr deutlich sieht. Das Gefühl „abstoßend“ entsteht bei dem genannten Verhalten im Affengehege dadurch, dass beim Anblick der Affen im Zoo dieses Verhalten als aufdringlich sexuell betont wahrgenommen wird. Und das ist nicht nur bewusst so, sondern auch Gefühls-gesteuert im Unterbewusstsein.
Die Sexualpräsentation findet sich nun bei Menschen nicht etwa direkt bei der Exhibition wieder, wie man bei oberflächlicher Betrachtung vermuten könnte (das hatte ich damals so in die Diskussion eingebracht). Exhibition wird eher als ein besonderer, im Allgemeinen als nicht normal empfundener, besonders starker Auswuchs dieses Verhaltens bezeichnet (die Bewertung „nicht normal“ dürfte mehr oder weniger auch gesellschaftlich geprägt sein). Im täglichen Leben sehen wir ein aus der ursprünglichen Sexualpräsentation in die menschliche Zivilisation übergegangenes, aber abgeschwächtes Verhalten in einem typischen Macho-Gehabe mancher Zeitgenossen, und zwar im bekleideten Zustand im normalen Alltag:
Da habe ich gerade in der Berliner Zeitung einen Beitrag einer Reporterin gelesen, welche Verhaltensweisen der Mitmenschen ihr (und vielen anderen) in der U- und S-Bahn am meisten missfallen. Da kam als erstes Beispiel der Macho, der sich in der Nähe einer jungen Frau breitbeinig hinsetzt, dabei fast den Platz für zwei beansprucht und mit Blickkontakt eine Anmache versucht. Dieses breitbeinige Hinsetzen, in Verbindung mit Anmache, oder auch im Stehen, dabei die Füße mindestens hüftbreit auseinander mit etwas vorgeschobener Hüfte, ist ein unbewusstes Verhalten. Wäre es bewusst, dann würde es jeder Mann vermeiden, weil zu gut bekannt ist, dass dieses Verhalten in der Regel als unzivilisiert, weil triebgesteuert (also tierisch), bewertet wird.
Das kommt aber nur bei solchen Männern vor, die sich sowohl anderen Männern gegenüber als auch Frauen gegenüber (fast) immer selbst dominant empfinden (und kein eigenes Gespür für die Wirkung ihres Verhaltens haben). Diese Körpersprache wird nicht nur von einigen Menschen bewusst, sondern ganz allgemein von allen auch unbewusst (also gefühlsmäßig) klar verstanden. Die Folge ist das Abwenden von Frauen, die das nicht wollen, aber auch eine deutliche Anhebung des messbaren Stresslevels bei den anderen Männern in der Nähe (Gefühl der Provokation). Wir vermeiden zivilisationsbedingt gelernt in der Regel den in ursprünglichen Gesellschaften daraus resultierenden Streit, wenn bei diesem Verhalten ein zweiter Mann zugegen ist (oder mehrere).
Das eigene Verhalten wird zwar oft sehr bewusst und mit gelernten Erfahrungen gesteuert, denn der Verstand schaltet schließlich mit zunehmendem Lernen auch immer mehr das instinktive Verhalten aus, aber auch mit völlig unbewussten Verhalten kann über die angeborene Körpersprache ein Streit vermieden werden, der sonst bereits entstehen könnte, wenn ein Mann eine Frau zu deutlich ansieht und ein Rivale das beobachtet. Dabei lässt sich sowohl in unbekleideten als auch in bekleideten Kulturen dieselbe Körpersprache in recht ähnlicher Form wiederfinden, wie bei den Primaten.
Diesem instinktiven Verhalten der Zurückhaltung liegt auch wieder dasselbe Gefühl zugrunde, das dann als Körperscham bezeichnet wird, wenn in fast nackten Kulturen der Mann ein Minimum bedeckt hält, um Aggression und Streit unter möglichen Rivalen zu verhindern. In ganz nackten Kulturen ist es das zur Seite drehen, um sich nicht frontal zu zeigen, was die Gefühle verursachen könnte, die bei der Sexualpräsentation bei den gegenüberstehenden verursacht werden (wie geschrieben, die Steigerung des Stresslevels bis hin zum Angriff bei einem Mann und das meistens negativ besetzte Gefühl der Frau, möglicherweise gleich sexuell belästigt werden zu können). Bei der FKK dürfte nach meiner Meinung die Forderung: „Scannerblick verboten“ aus diesen unterbewussten Gefühlen herkommen, denn damit vermeidet man das entstehen dieser instinktiven und negativ empfundenen Gefühle. Ein bestimmter Blick kann schließlich bereits als sexuelle Annäherung empfunden werden.
Diese Aufforderung „Scannerblick verboten“ wäre ja eigentlich nicht nötig, da sich doch eigentlich alle einig sind, dass es keine ungewollten sexuellen Annäherungen am FKK-Strand gibt. Aber das Wissen nützt nichts, wenn die unterbewussten Empfindungen bei vielen Menschen so eintreten. Auch hier ist wieder zu beachten, dass es vom persönlichen Selbstgefühl abhängt (ob man sich mehr oder weniger dominierend in der Umgebung empfindet), ob dieses oder gar keine oder eine gegenteilige Empfindung eintritt. Aber diejenigen, die es mögen, angesehen zu werden, müssen eben auch an die Gefühle der anderen denken, für die es zu viel Stress bedeuten würde. Wie bei vielen Regeln in der Gesellschaft muss man beachten, dass auch die emotional schwächeren einigermaßen stressfrei leben können.