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Nacktheit- Schamgefühl- Gruppendynamik

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Re: Nacktheit- Schamgefühl- Gruppendynamik

Beitrag von Tim007 » Di 9. Okt 2018, 17:24

skyfire hat geschrieben: sondern ein gesundes Selbst- und Körperbewusstsein.


Diese Kernaussage kann ich nur unterstreichen.
Es ist ganz und gar nicht gesund, wenn der eigene Körper als etwas Anstößiges angesehen wird.

 

Re: Nacktheit- Schamgefühl- Gruppendynamik

Beitrag von hajo » Di 9. Okt 2018, 18:15

Die ganze Angelegenheit hat dermaßen viele Aspekte, dass es mir zumindest schwierig erscheint, die alle in der notwendigen Relation zueinander zu betrachten.
Wie ich schon des öfteren schrieb, ist mir die Nacktheit angeboren. Im Gegensatz zu Oberhemd und Unterhose.
Das war mir aus irgendeinem Grund immer bewusst. Ich hab jede Gelegenheit genutzt, nackt zu sein.
Ich hab mich daher m. E. n. nie ausgezogen, sondern höchstens angezogen, wenn erforderlich. Dieser Hinweis erscheint mir schon nicht unbedeutend. Denn wenn Menschen betonen, sie hätten sich ausgezogen, also entkleidet (klingt ähnlich wie entjungfert oder entmannt!), dann - so scheint es mir - machen sie damit deutlich, dass das Bekleidetsein natürlich sei, die Nacktheit jedoch nicht. (Sieht man heutzutage ja in der Sauna...)
Genau dies stimmte nie.
Auch nicht bei der Deutschen Bank. Die ist nämlich auch nicht natürlich.

Dennoch hab ich nie mit meiner Nacktheit andere belasten wollen. "Belästigen" sowieso nie!
Also hab ich mich angepasst.
Oft.
Viel zu oft.

Und dann lernte ich eine Frau kennen, die "alles" über mich wissen wollte.
Also erzählte ich... ... gerne nackt ... am liebsten immer...
"Kein Problem! Ich find's gut. Lass uns so leben!"

Seither passierten die seltsamsten Dinge:
Ich sitzte in meinem Zimmer am Schreibtisch. Es klopft verzagt: "HaJo, hier ist jemand von dem xxx. Der möchte mit dir sprechen."
Da kommt so ein Mann, Anfang Zwanzig in mein Zimmer, Zivi seinerzeit bei uns, sieht einen völlig nackten (nee, nicht ganz: Armbanduhr und Brille...) Mann vorm Rechner sitzen...
... und alles läuft problemlos ab. Wir besprechen die Angelegenheit, basteln an der Homepage...
Klar, weiß ich nicht, ob "die da drüben" dann später gefeiert haben, den Vorsitzenden nackt gesehen zu haben.
Aber seit damals ist es mir egal.

Anderes Beispiel:
Ich liege sommers in der Sonne auf der heimischen Wiese. Wie wohl?
Da erscheint die Tochter in der Terrassentür:
"Da ist Besuch für dich!"
Und schiebt eine Frau auf die Terrasse - meine Auszubildende...
Oder ein anderes Mal meinen alten Freund.
Ja und?

Neuestes Beispiel:
Letzte Woche entfernt ein Bekannter mit "schwerem Gerät" zwei Baumstümpfe aus meiner Wiese.
Da schellt es.
Ich öffne. Nackt, wie ich nun mal bin:
Ich gehe davon aus, es sei mein Bekannter.

Aber es ist der Nachbar. Mit seinem kleinen Sohn. Bringt mir ein bei ihm von Hermes abgegebenes Päckchen.
Der Kleine guckt ein wenig befremdlich, weshalb er auch "wieder zu Mama gehen" darf.
Der Nachbar und ich reden allerdings noch ca. 15 bis 20 min miteinander...

Oder:
Schonsteinfeger wegen irgendwelcher Messungen am letzten Freitag.
Ich öffne. Nackt. Kein Problem.
Nach seinen Messungen, während er den Beleg ausstellt, ein kleines Pläuschen in der Küche mit dem Angebot, die verschiedenen Aktionen demnächst doch zu bündeln.
Bekleidet war ich da immer noch nicht. Bin ich zuhause nie.
Problem?
Nein. Gestern beim üblichen Gang zum Supermarkt ruft jemand und winkt mir von einer nahen Haustür zu: Der o.g. Schornsteinfeger...

Oder heute vormittag.
Zweimal Paketdienst. Beidesmal DHL. Denke zum ersten Mal darüber nach, warum zweimal verschieden? Ob die evt. von verschiedenen Verladestationen losfahren?!

Beidesmal öffne ich wie ich bin - nackt.
Kein Problem. Mit dem Ersten plaudere ich sogar noch ein wenig.
Der Zweite hat es eiliger, ist aber problemlos freundlich.

Hört sich seltsam an?

Nein.
Was ich hier schreibe, erlebe ich seit vielen, vielen Jahren.
"Die Menschen" sind gar nicht so, wenn man nicht selbst dazu beträgt, dass Nacktheit etwas sehr Seltsames sei.
Wenn man sich also zum Sport auf dem "Gelände" etwas anzieht - das gab's vor 30 Jahren nicht...
Oder
Erst direkt vor dem Saunagang den Bademantel ablegt, danach gleich wieder sich drunter versteckt.
Als ich vor mehr als 35 Jahren erstmals öffentliche Saunen aufsuchte, saß man nicht nur nackt in der Sauna, sondern auch davor. Z.B. nackt am Fußwarmbecken, lag nackt auf der Liege und saß nackt an der Bar bei Großsaunen.
Oder
Wenn man gar bekleidet die Sauna aufsucht...

Da verstehe ich die Welt nicht mehr.

Leider sind viele Menschen zwar bereit für alles Mögliche auf die Straße zu gehen - vorausgesetzt, die Zahl der Mitgehenden ist entsprechend groß - aber SIE SELBST sein...
In Zeiten von Twitter, Facebook, whatsApp, Telegram oder Signal ... erscheint das problematischer.

@BOeinNackter

Ich kenne auch viele Menschen, die sich nicht ausziehen. Müssen die ja auch nicht. Aber die besuchen mich, reden mit mir - gut, getanzt haben sie nicht mit mir (liegt aber mehr an mir, vermute ich. Bin ein Nichttänzer).
Beispiel unsere Nachbarn. "Nein! Nackt vor anderen!
Aber ihr dürft gern so rüberkommen. Gibt Leckeres vom Grill...! Haben eh zuviel.
Müsst euch auch nicht erst was anziehen!"


Ich bin nachwievor davon überzeugt:
"Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus!"
Problemlos.

 
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Re: Nacktheit- Schamgefühl- Gruppendynamik

Beitrag von BareBonn » Di 9. Okt 2018, 21:11

Hi!

BOeinNackter hat geschrieben:Ich kenne einige FKKler, für die Nacktwandern, Nackttanz, Nacktsport oder Nacktyoga total unanständig sind. Nackt ist man wo es hingehört, im Liegestuhl oder im Wasser.


Jedenfalls gehöre es nicht außerhalb des FKK-Geländes, da habe man bitteschön was anzuziehen, so wurde es mir schon desöfteren gesagt. Könnte sich ja sonst jemand belästigt fühlen, wenn ein Nackter aus dem Gehege ausbricht :-þ

BiB

 
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Re: Nacktheit- Schamgefühl- Gruppendynamik

Beitrag von tommy08 » Di 9. Okt 2018, 22:14

HTJ hat geschrieben:Ebenso ist das mit dem Schamgefühl. Es ist ebenso paradox wenn sich Leute, die nicht die Idealfigur haben, sich nicht trauen FKK zu machen, da bei FKK ja viel weniger körperliche Mängel eine Rolle spielen.


Es ist doch genau umgekehrt: Leute die nicht die Idealfigur haben (d.h. vor allem ältere) sind ja überproportional am FKK vertreten, während Leute mit makelloser Idealfigur am FKK im Bikini mit T-Shirt darüber am Strand liegen und sogar so ins Wasser gehen, nur weil sie panische Angst haben, "angegafft" zu werden.

 
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Re: Nacktheit- Schamgefühl- Gruppendynamik

Beitrag von tommy08 » Di 9. Okt 2018, 22:25

skyfire hat geschrieben:okay, ist jetzt 12-13 Jahre her, aber "na und"? Ist ein Mädel aus den 90ern, und damit auch schon eine "Generation weiter".


Vor 12-13 Jahren war die Situation am FKK noch eine völlig andere. Da gab es noch viele Jugendliche, die nackt badeten und damit kein Problem hatten. Heute sieht man das gar nicht mehr. Möglicherweise liegt das an den Smartphones/Fotohandys, die jede(r) Jugendliche ständig dabei hat - man hat Angst, nackt fotografiert zu werden. Denn Jugendliche haben heute am Strand ihr Handy auch ständig parat, manche nehmen es sogar ins Wasser mit, weil sie ohne das Ding nicht mehr leben können. :P

 
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Re: Nacktheit- Schamgefühl- Gruppendynamik

Beitrag von Campingliesel » Mi 10. Okt 2018, 10:00

tommy08 hat geschrieben:
skyfire hat geschrieben:okay, ist jetzt 12-13 Jahre her, aber "na und"? Ist ein Mädel aus den 90ern, und damit auch schon eine "Generation weiter".


Vor 12-13 Jahren war die Situation am FKK noch eine völlig andere. Da gab es noch viele Jugendliche, die nackt badeten und damit kein Problem hatten. Heute sieht man das gar nicht mehr. Möglicherweise liegt das an den Smartphones/Fotohandys, die jede(r) Jugendliche ständig dabei hat - man hat Angst, nackt fotografiert zu werden. Denn Jugendliche haben heute am Strand ihr Handy auch ständig parat, manche nehmen es sogar ins Wasser mit, weil sie ohne das Ding nicht mehr leben können. :P


Da hast Du völlig recht. Selbst 2007 war die Situation auf Koversada noch anders. Wenn auch nicht mehr ganz so wie in den 70ern und 80ern.
Aber selbst wenn der Pillenknick auch eine Rolle spielt, so hat sich das erst in den 80ern ein bißchen ausgewirkt. Aber längst nicht so wie es heute aussieht.

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Re: Nacktheit- Schamgefühl- Gruppendynamik

Beitrag von HTJ » Mi 10. Okt 2018, 10:11

@ hajo
Ich fand deinen Beitrag interessant. Man muß aber sagen die Situationen, die du schilderst spielen sich in deiner Wohnung ab. Da bist du der Herr im Haus. Ganz anders sähe es in der Öffentlichkeit aus. Ich habe zum Beispiel von einen Berliner Bad gelesen, wo sich die Leute etwas überziehen müssen nachdem sich andere Leute beschwert haben. Ich habe ja auch schon mal überlegt ob es helfen würde offensiver mit Nacktheit umzugehen. Zum Beispiel ohne Handtuch durch die Sauna laufen. Aber ich denke das bringt nichts. Entweder es interessiert niemand oder Leute beschweren sich wie in Berlin. Ich glaube auch nicht daß die Leute, die bei dir waren, hinterher überzeugte FKKler sind.

Oft wird ja in diesen Forum gesagt daß die Sexullisierung an allen schuld ist. Sicher gibt es diese. Aber ich denke die Sexualisierung ist vielleicht zu 10-20 Prozent an den Problemen des FKK beteiligt. Ich habe ja schon mal in einen anderen Thread geschrieben daß die totale Angepasstheit der heutigen jungen Generation das größte Problem ist. Ich habe dazu was gefunden:
http://www.fr.de/wissen/zeitgeist-als-die-autoritaeten-broeckelten-a-589860
Hier wird sehr gut der Zeitgeist der 2000er Jahre beschrieben.

 
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Re: Nacktheit- Schamgefühl- Gruppendynamik

Beitrag von BMO » Mi 10. Okt 2018, 10:45

HTJ hat geschrieben:Ich habe zum Beispiel von einen Berliner Bad gelesen, wo sich die Leute etwas überziehen müssen nachdem sich andere Leute beschwert haben.


Hier ist ein ausführlicher Bericht dazu: https://www.rbb24.de/panorama/beitrag/2018/02/vabali-spa-berlin-sauna-pool-bademantel-nackt.html. Die Beschwerden kamen angeblich vor allem von ausländischen Gästen, die so viel Nacktheit nicht gewohnt sind. Die "Ausländer" kamen wohl auch aus dem westlichen Teil Deutschlands...

Aus dem gleichen Grund werden die Nacktbadegelegenheiten in Berlin auch immer spärlicher. Außerhalb von FKK-Vereinen gibt es jetzt offenbar nur noch ein Bad, in dem einmal pro Woche nackt gebadet wird. Diese letzte verbliebene Möglichkeit ist nur durch starkes Engagement der Betroffenen noch nicht geschlossen worden.

Das ist m.E. zu viel vorauseilender Gehorsam gegenüber anderen Kulturen. Ich finde auch, dass man hier offensiver auftreten sollte, bezweifle aber auch, dass das nicht viel hilft - es sei denn, man organisiert sich und tritt in einer großen Zahl auf. Die Gefahr ist dann aber, dass solche Aktionen ins Lächerliche gezogen werden.

Was kann man machen?

 

Re: Nacktheit- Schamgefühl- Gruppendynamik

Beitrag von hajo » Mi 10. Okt 2018, 11:18

HTJ hat geschrieben:@ hajo
Ich fand deinen Beitrag interessant. Man muß aber sagen die Situationen, die du schilderst spielen sich in deiner Wohnung ab. Da bist du der Herr im Haus.
Stimmt.
Aber meine Nacktheit versteckt sich nicht; es sind immer wieder andere involviert, die möglicherweise die Chance haben, auf diese Weise von der Selbstverständlichkeit der Nacktheit ein wenig mitzubekommen. Das funktioniert sogar ziemlich gut.
Denn ich bin nicht anders, wenn ich nackt bin als wenn ich bekleidet bin. Wer also beim Reden mit mir zur Seite sähe oder mit mir telefonierte, bekäme nicht mit, dass ich keine Klamotten anhabe.
Aber selbst das nackte Telefonieren in der eigenen Wohnung(!) war ja dem Gerd Winter alias Horst Evers einen eigenen Sketch wert... :D
Es scheint also schon etwas Grundsätzlicheres zu sein, ob man sich auszieht oder anzieht...

Der von dir verlinkte Artikel ist hoch interessant und entspricht in sehr vielem meinen Beobachtungen bzw. Gedanken.
Vor allem dies:
Besonders hart geht der Autor mit Foren wie Facebook ins Gericht. Sie „pervertierten“ zwischenmenschliche Begriffe, „auf deren Bedeutung sich Generationen verständigen konnten“ und deuteten diese „komplett“ um. So sei „Freundschaft“ dort „nur noch eine formlose elektronische Anfrage, die keine emotionalen Verpflichtungen nach sich zieht und jederzeit per Mausklick aufgekündigt werden kann“. Jöricke geht so weit, zu behaupten, auf diese Weise förderten soziale Netzwerke „asoziales Verhalten“.

Schon seit vielen Jahren bezeichne ich solche Netzwerke als asoziale Netzwerke, geht es doch nicht selten um Hassbeiträge, Verunglimpfungen, die natürlich - oft per Bild und Video unterstützt - schnell erstellt und Sekunden später in die Welt hinausgeschrien werden.

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Re: Nacktheit- Schamgefühl- Gruppendynamik

Beitrag von ostfriesenpaar » Mi 10. Okt 2018, 11:40

"So sei „Freundschaft“ dort „nur noch eine formlose elektronische Anfrage, die keine emotionalen Verpflichtungen nach sich zieht und jederzeit per Mausklick aufgekündigt werden kann“. Jöricke geht so weit, zu behaupten, auf diese Weise förderten soziale Netzwerke „asoziales Verhalten“.

Recht gebe ich dem Autor, zumindest auf die Wortwahl "Freundschaft" bezogen.

Aber komischerweise werden "Freunde" bei Facebook in anderen Ländern als "Follower" oder ähnliches bezeichnet.
Also, mal wieder ein typisch deutsches Problem....genau wie die Verwendung des FKK Begriffs.

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