@ Aria
BOeinNackter hat geschrieben:
Nacktheit ist bedeutet auch Schutzlosigkeit.
Verstehe ich nicht: Ist jemand, der mit Bikini oder Badehose bekleidet ist, weniger schutzlos als jemand, der gar nichts an hat?
Der Begriff nackt wird immer dann genutzt, wenn etwas fehlt. Dieses nicht nur in der realen Begriffswelt, sondern auch in der übertragenen Begriffswelt. Wenn du nackt vor deinem Chef stehst, dann bist du ihm schutzlos ausgeliefert. Dabei ist nicht gemeint, dass du ohne Kleidung vor ihm stehst, sondern dass es nichts gibt, was dich schützt.
In unserem öffentlichen Bewusstsein hat sich aufgrund unserer Zivilisationsgeschichte der Begriff nackt auch für das Fehlen von Kleidung eingeschlichen. Wie ich schon sagte, die Kleidung soll unseren Körper nicht nur bedecken, also vor den Blicken der andren schützen, sondern ist gleichzeitig Ausdruck unseres Standes. Das Gefühl, dass der freie Körper, also der von der Kleidung befreite Körper und damit gleichzeitig der von der einengende Mode befreite Körper, der nätürliche Körper ist, der keine Bedeckung bedarf, ist uns abhanden gekommen. Du weißt ja selbst, welche Erziehungsmethoden angewendet wurden und werden, damit das Kind sich bekleidet und gar
anständig bekleidet. Wenn all die bürgerlichen Moralvorschriften nicht zogen, wurden dann religiös verbrämte vorgeschoben, um das Ziel, sich zu bekleiden, zu erreichen.
Wenn hier die Schutzlosigkeit vor Blicken anderer gemeint sein sollte, dann ist sie nur eine eingebildete, denn die gibt es nur, wenn diese anderen angezogen sind – eine Badehose reicht schon dazu.
Der Blick der anderen steht hier für eine Akzeptanz der bürgerlichen Moral. Es geht hier also nicht um das reale Fehlen der Kleidung aus einer wirtschaftlichen Not heraus oder einer sonstigen Notesituation, es geht hier um das Symbol der Anerkennung der bürgerlichen Moral. Jeder, der sich über das bürgerliche Moralgesetz des Bekleidungszwangs hinwegsetzt, greift dieses an und somit die Auffassung des Betrachters. Jede Normabweichung wird erst einmal bekämpft. Jetzt kannst du sagen, das ist doch das Problem des Betrachters. Ja, richtig. So ist es. Aber der Betrachter überträgt dieses Problem von sich auf denjenigen, der diesen Normverstoß begeht.
Das bedeutet: FKK-ler sind wie die Bekleideten der Meinung, dass sich öffentliche Nacktheit - z.B. am Strand - eigentlich nicht gehört, aber wenn sie alleine oder zu mehreren sind, dann erlauben sie sich diese Nacktheit.
Nein, hier hast du zu schnell geschossen. FKK'ler sind Menschen, die sich schon befreit haben, von einer bürgerlichen Moral, die ihre Berechtigung verloren hat. Deswegen muss man jedoch auch wissen, was die Allgemeinheit denkt und empfindet, um dieser es zu ermöglichen, auch den Schritt in die Freiheit wagen zu können. Wenn ich meine Kleidung ablege, dann bin ich nicht nackt. Ich befinde mich weiterhin im gesellschaftlichen Kontext meiner Zivilisationsgeschichte, aber eben nur unbekleidet.