von BOeinNackter » Mo 21. Apr 2025, 17:06
Irgendwann hatte ich hier mal was zur Sexualethik geschrieben, mit der Betonung der Notwendigkeit, zu lernen, offener und ungehemmter darüber zu sprechen.
Leider sind, wie man gerade sieht, schon die Begriffe, Sexualität, Geschlechtlichkeit und Erotik nicht ohne weiteres für alle gleich verständlich. Es ist zwar interessant, zu erkunden, wie diese Worte in verschiedenen Zusammenhängen benutzt werden und wurden, allein, um manche Schriften darüber besser verstehen zu können. Wenn aber jemand diese Worte benutzt, wird nur diese Person selbst erklären können, was in jeweiligen Fall gemeint war.
Sexualität ist z.B. ein Wort, das sehr unterschiedlich verwendet wird. Weil es immer noch mit einem Tabu belegt ist, sie immer noch zu negativ bewertet wird, manchen immer noch als etwas Verbotenes gilt, wird immer gern behauptet, dies oder das habe nichts mit Sexualität zu tun. Aktmalerei, nackter Tanz, Tantramassage, Burlesque, von all dem und sicher noch anderem habe ich gehört, es habe nichts mit Sex zu tun. Ich finde das manchmal komisch und bei FKK ist es mir auch peinlich. Der Verzicht auf Kleidung, besonders auf die Bedeckung der Sexualorgane, wird von fast allen anderen Menschen mit Sexualität in Verbindung gebracht. Wer erklären möchte, dass man das in bestimmten Fällen etwas anders sehen könnte, kann das sicher nicht einfach mit der platten Leugnung bewerkstelligen.
Sicher kann ich sagen, dass ich gerade mal nicht an Sex denke, wenn ich mit meiner Frau hier sitze und Tee trinke. Es könnte aber sein, dass andere allein den Gedanken daran hoch erregend finden.
Schon mehrfach habe ich meine Lieblingstänzerin Anna Halprin zitiert: Nacktheit wird immer mit etwas Verbotenem verbunden, der Sexualität. Allerdings, was ist so schlimm an der Sexualität?
Ich glaube, sie trifft damit den Kern des Problems, die Tabuisierung dieses Themas. Kann man nicht akzeptieren, dass Menschen Nacktheit erregend finden? Können wir nicht darüber reden, wie wir ethisch mit diesem Fakt umgehen wollen oder sollten? Menschen, die gerne nackt sind, brauchen Akzeptanz, auch von Menschen, die das eigentlich als Überschreitung ihrer Schamgrenzen empfinden. Sicher geht es auch darum, welche Aktivitäten eher in einen intimen Raum gehören. Welche Berührung, welche Blicke und welche Haltungen und Bewegungen werden in einer Gemeinschaft oder in einer Öffentlichkeit akzeptiert?
Meine Vorstellung von Ethik ist, dass alle darauf achten sollten, dass es allen gut geht. Es ist auch Teil der INF-Definition des Naturismus und der erste Satz der INF-Vision von 2022 lautet:
Eine Welt, in der jeder Mensch mit oder ohne Kleidung in Freiheit leben kann, mit Respekt füreinander und für die Umwelt.
Auch Geschlechtlichkeit, Sexualität oder Erotik sollen solcher Ethik gerecht sein. Wir sollten uns nicht der menschlichen Natur schämen, aber unser Handeln nach ethischen Grundsätzen gestalten. Ich habe immer noch die Hoffnung, dass gerade aus dem Naturismus heraus gute Beiträge dazu möglich sind.
Die menschliche Geschichte war lange geprägt durch den Kampf gegen die Natur. Dazu passte auch, dass Menschen nicht so gern wahrnehmen wollten, wie sehr sie zu dieser Natur gehörten. Nacktheit öffnet den Blick auf diese Natur und heute ist vielleicht die Zeit gekommen, mehr daran zu denken, mit der Natur, deren Teil wir sind, zu leben. Wie können wir gut leben, ohne so viel anderes Leben um uns herum zu zerstören. Wie können wir lernen, wie wertvoll und wichtig all dieses Leben ist, wozu auch die Sexualität, in ihrer ganzen menschlichen Vielfalt gehört. Auch das, was wir Kultur nennen ist schließlich eine Folge unserer Natur.