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Das Sittengesetz

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Re: Der Inhalt des Sittengesetzes

Beitrag von Zett » Mi 16. Nov 2016, 07:12

Inhaltslos kann es nicht sein, sonst könnte es nicht angewendet werden. Wird es aber. Oder wie soll sonst die "Belästigung der Allgemeinheit" (§118 OWiG) auf Nackte angewendet werden?

Hier mal ein Beispiel so einer Auslegung (aus dem alten FKK-Forum):

"Ob ein nacktes Auftreten in der Öffentlichkeit im Einzelfall die in der Gemeinschaftsordnung verankerte Toleranzgrenze überschreitet, hängt von den konkreten Umständen ab — insbesondere der jeweiligen Örtlichkeit, dem situativen Rahmen sowie Anlass und Zweck des Nacktseins."
(Hervorhebung von mir; aus: http://fkk-freun.de/viewtopic.php?t=242 ... 8d258788ba (Beitrag vom 13.09.2011)
Originalquelle nicht bekannt, offensichtlich ist es aber eine Antwort auf eine schriftliche Anfrage (Ende des Textes: "... Im Auftrag")


Bzw. der §118 OWiG hat ja gar nichts anderes zum Inhalt als die "Einhaltung des Sittengesetzes":
"Ordnungswidrig handelt, wer eine grob ungehörige Handlung vornimmt, die geeignet ist, die Allgemeinheit zu belästigen oder zu gefährden und die öffentliche Ordnung zu beeinträchtigen." (Hervorhebung von mir)

Da kann man nun hin- und herspringen und den §118 als verfassungswidrig erklären. Solange er nicht offiziell für verfassungswidrig erklärt wird - und das wird in absehbarer Zeit nicht geschehen -, solange gilt er und solange wird er durch die Richter angewendet.

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Re: Der Inhalt des Sittengesetzes

Beitrag von Hans H. » Mi 16. Nov 2016, 20:58

Mit genug Fantasie kann ich auch einige §§ aus der StVO mit dem Sittengesetz in Verbindung bringen. Aber unser Recht ist kein Fantasiegebilde.
Im genannten §118 steht kein Wort wie Sitte oder Sittengesetz drin. Ein solcher Bezug entspricht nicht der Realität und die zitierten Phrasen haben nichts mit Sitte zu tun.
Das Sittengesetz ist eben einfach deshalb inhaltslos, weil es definitiv kein Gesetz mit diesem Titel gibt. Gemeint waren damit ursprünglich (gemäß Rechtskommentaren zum Art. 2, GG) Sitten-Regeln der Kirche. Da diese aber bei Trennung von Kirche und Staat nicht zur Anwendung kommen dürfen, gibt es seit über 50 Jahren kein Rechtsurteil mehr, das sich auf das Sittengesetz bezieht. Der letzte, später für das Rechtssystem einigermaßen peinliche Fall, war der von Puistola zitierte.

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Re: Das Sittengesetz

Beitrag von Zett » Mi 16. Nov 2016, 22:03

Wikipedia, Stichwort: Sitte: "Eine Sitte ist eine durch moralische Werte, Regeln oder soziale Normen bedingte, in einer bestimmten Gruppe oder Gemeinschaft entstandene und für den Einzelnen verbindlich geltende Verhaltensnorm (vgl. Ferdinand Tönnies, Die Sitte, 1908). Meist beruht sie auf Tradition und Gewohnheit (= „Usus“)."

Und genau darauf zielt ja das "ungehörige", "die Allgemeinheit belästigende" ab, oder nicht?

Dementsprechend ist der §118 OWiG faktisch DER Sittenparagraph, der zur Einhaltung des Sittengesetzes herangezogen wird / herangezogen werden kann!

Ich weiß nicht, warum man da drumherum reden oder das ignorieren muss. Es ist halt so!
Damit hat der Richter Vollmacht (nahezu ein Blanko), um alles zu regeln, was nicht in Paragraphen niedergeschrieben steht. Das mag irgendwie verfassungsmäßig kritisch sein - aber ist halt die juristische Realität.

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Re: Das Sittengesetz

Beitrag von Aria » Do 17. Nov 2016, 18:27

Immer wieder dieser § 118. :D Einfacher halber dazu ein leicht veränderter Statement von mir aus einem anderen Thread.

Der Paragraph ist sicher ein Ärgernis, aber bei näheren Betrachtung wird klar, dass er halbwegs Dinge regelt, die sonst nicht geregelt werden könnten, weil man nicht im voraus wissen kann, was alles in Zukunft noch passieren wird. Es sind ja tausende Handlungen denkbar, die als grob ungehörig angesehen werden könnten - ich glaube, da sind wir uns einig.

Wenn man der Nacktheit in der Öffentlichkeit im § 118 OWiG einen Sonderstatus gewährte, also explizit sagte, sie könne keine „grob ungehörige Handlung“ sein, dürfte man dies auch anderen Handlungen nicht verweigern, die nach diesem Paragraphen bestraft werden können, aber nicht müssen; es kommt auf die jeweilige Situation an.

Das Wesen des § 118 OWiG besteht laut Bundesverfassungsgericht u.a. darin, dass er – Zitat: „auf ungeschriebene Regeln verweist, deren Befolgung nach den jeweils herrschenden und mit dem Wertgehalt des Grundgesetzes zu vereinbarenden sozialen und ethischen Anschauungen als unerlässliche Voraussetzung eines geordneten menschlichen Zusammenlebens innerhalb eines bestimmten Gebietes angesehen wird.“

Mit ungeschriebenen Regeln sind Sitte, Anstand und Ordnung gemeint. Das sind Begriffe, die sich im Laufe der Zeit wandeln – deshalb die Formulierung „Befolgung nach den jeweils herrschenden … sozialen und ethischen Anschauungen“.

Nicht jede grob ungehörige Handlung bzw. nicht jede Handlung, die gegen die öffentliche Ordnung verstößt, wird bestraft – es kommt auf den Einzelfall an und natürlich auf die zu dem Zeitpunkt „herrschenden sozialen und ethischen Anschauungen“. Das mag als ungerecht empfunden werden, aber wenn man anstelle „Sitte, Anstand und Ordnung“ feststehende Begriffe verwendete, müsste für jede einzelne (mögliche) Tat vorher im Gesetz gesagt werden, ob sie zulässig ist oder nicht. Das ist ein Ding der Unmöglichkeit, denn niemand kann im Voraus alle mögliche Taten und Umstände nennen, die jetzt unter Verletzung von Sitte, Anstand und Ordnung subsumiert sind.

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Re: Das Sittengesetz

Beitrag von Zett » Do 17. Nov 2016, 22:56

Jetzt muss ich Dir auch noch Recht geben, weil Du im Prinzip das gleiche mit anderen Worten wiederholt hast, was ich einen Beitrag vor Deinem geschrieben habe ;)

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Re: Das Sittengesetz

Beitrag von Hans H. » Fr 18. Nov 2016, 01:38

... nur mit dem wesentlichen Unterschied, dass Aria dies weder geschrieben noch bestätigt hat: "... der §118 OWiG faktisch DER Sittenparagraph, der zur Einhaltung des Sittengesetzes herangezogen wird / herangezogen werden kann!"
Was Aria schreibt ist tatsächlich vollkommen richtig.
Aber @Zett: darin sehe ich keinerlei Bestätigung von dem hohlen Blabla, dass du davor geschrieben hast. Es ist und bleibt Unsinn, zu behaupten, es gäbe ein Sittengesetz oder ein anderes, das dieses faktisch sei. Diese, deine Behauptung ist etwas ganz anderes, als die sachlich korrekten Ausführungen von Aria.

 
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Re: Das Sittengesetz

Beitrag von gymnosoph » So 20. Nov 2016, 17:21

Konstituierendes Merkmal eines Rechtsstaates ist m. E. (ich bin kein Jurist) u. a., dass Verbote mit Strafandrohung konkret bestimmt sein müssen.

Ein historisches Beispiel möge dies verdeutlichen. Hierzu ein Zitat aus wikipedia zum Stromdiebstahl:

Der Straftatbestand entstand, nachdem im Rahmen der Elektrifizierung die Rechtsfrage aufkam, ob elektrischer Strom denn eine Sache im Sinne des Diebstahlsparagrafen (§ 242 StGB) sei. Während der französische Kassationshof dies bejahte, entschied das deutsche Reichsgericht zwei mal, dass dem nicht so sei. Die so entstandene Strafbarkeitslücke schloss der Gesetzgeber, indem er am 9. April 1900 mit dem Gesetz, betreffend die Bestrafung der Entziehung elektrischer Arbeit einen eigenen Straftatbestand der Entziehung elektrischer Energie schuf.

Dies war nötig, offenbar hatte es (mindestens) zwei Freisprüche geben, obwohl doch „jeder wusste“, dass man sich nicht Strom besorgen durfte, ohne ihn zu bezahlen.

Ein Unrechtsstaat aber kann mit o. a. dargestellter Spitzfindigkeit wenig anfangen.
Der berüchtigte Roland Freisler wollte ein neues nationalsozialistisches Strafrecht entwickeln. Nach meiner Kenntnis fiel dieses Vorhaben bei Hitler auf wenig Gegenliebe oder gar Widerstand, weil ein – wie brutal auch immer geartetes – Gesetz die Herrscher an den Wortlaut gebunden hätte, jedenfalls so lange, wie man die Fassade eines Rechtsstaates aufrecht erhalten wollte.
Da passte ein Paragraph zum „gesunden Volksempfinden“ schon eher ins Konzept:
„Bestraft wird, wer eine Tat begeht, die das Gesetz für strafbar erklärt oder die nach dem Grundgedanken eines Strafgesetzes und nach gesundem Volksempfinden Bestrafung verdient.“ In einer Diktatur vom Charakter des Nationalsozialismus ist dieses „gesunde Volksempfinden“ natürlich identisch mit dem, was der Diktator meint.

Vor dem Hintergrund der Perversion des Rechtsstaates unter der braunen Diktatur ist es mir unverständlich, wie im Rechtssystem der Bundesrepublik Deutschland unbestimmte Rechtsbegriffe, die immer auch einen Rekurs darauf zulassen, was der jeweilige Richter (und das ist dann oft der Richter am kleinen Amtsgericht in der Kleinstadt) als „öffentliches Ärgernis“, als „Belästigung der Allgemeinheit“, was er als „grob ungehörig“ empfindet.

Aria hat schon oben geschrieben, dass das, „was eine „grob ungehörige Handlung“ ist, nicht definiert ist. Mehr noch: Das ändert sich ständig im Laufe der Zeit.“ Es richtet sich also nach – ja nach was? Dem Zeitgeist? Den „jeweils herrschenden ... sozialen und ethischen Anschauungen“ (BverfG). Es muss also in einer gewissen Zeitperiode eine bestimmte Anzahl von Personen (x) wegen der Handlung Y verurteilt worden sein, aber wenn es um die Verurteilung der Handlung bei der x+1.ten Person geht, dann hat sich die ethische Anschauung so gewandelt, dass ab dann – aber natürlich nicht rückwirkend – das Verhalten Y nicht mehr als zu bestrafender Verstoß gewertet wird. Ist das so? Ja, so scheint es zu sein. In unserem Lande war ja einmal Ehebruch strafbar. Die Strafbarkeit wurde (dann durch Gesetzesänderung) aufgehoben, als es Urteile mit Geldstrafe von 5 DM gab. Und an den Kuppeleiparagraphen sei in diesem Zusammenhang auch erinnert.

Mit Verlaub: Was unterscheidet also die Logik des „öffentlichen“ Ärgernisses, der Belästigung der „Allgemeinheit“, “des groben Ungehörigseins“ vom „gesunden Volksempfinden?“ Ich beispielsweise empfinde es als grob ungehörig, wenn ich beim Betreten eines Speiserestaurants vom Kellner ungefragt geduzt werde, während ich beim Anblick eines jungen verliebten Paares, das an einer Wiesenecke des Berliner Tiergartens oder an einem Baggersee der Lust frönt – man verzeihe es mir – mich einfach nicht gestört fühle.

Langer Rede kurzes Fazit: M. E gehören alle Paragraphen obiger unbestimmter Zeitgeistorientierung in den Müllhaufen der Geschichte, da sie sich nicht mit einem Rechtsstaat vertragen.

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Re: Das Sittengesetz

Beitrag von Hans H. » So 20. Nov 2016, 21:52

@gymnosoph: das ist endlich mal ein richtig guter Beitrag zu diesem Thema.
Um das Thema in diesem Kontext fortzusetzen, empfehle ich die Lektüre dieses Beitrags:
https://www.grundrechteschutz.de/gg/fre ... chkeit-258
Wichtig ist, was am Ende zu den ursprünglichen drei Schranken der allgemeinen Handlungsfreiheit geschrieben wird. Zum nicht existenten Sittengesetz ist unten der bereits zuvor genannte Fall zitiert, der später mit der Rehabilitation der Homosexuellen endgültig die rechtliche Anwendung dieses nur im Kirchenwesen, aber nicht im staatlichen Recht existierenden Gesetzes beendet hat. Die Hinweise zur "Schranke der verfassungsmäßigen Ordnung" weisen klar darauf hin, dass es zu diesen ein Gesetz oder eine Gemeindesatzung etc. geben muss, damit diese Einschränkungen möglich sind. Jetzt wird natürlich leicht auszulegen sein, dieser § 118 OWiG sei ein Gesetz, das eine solche Schranke begründet.

Aber: die Handlung muss "grob ungehörig" sein, was z.B. bei Nacktwandern, Nacktjoggen etc. angesichts von Fernsehsendungen wie "Adam sucht Eva" wohl zunehmend zweifelhaft zu begründen ist und muss geeignet sein, die Allgemeinheit zu belästigen oder zu gefährden und die öffentliche Ordnung zu beeinträchtigen. Das wird wohl außerhalb geschlossener Ortschaften und Abseits von befahrenen Straßen nicht begründet werden können. Für sexuelle Handlungen muss jedoch zusätzlich der § 183a StGB berücksichtigt werden, wobei der Begriff "öffentlich" auch dehnbar ist. Auf einer Waldlichtung ist das sicher nicht öffentlich, auch wenn mal Passanten vorbeikommen.

Wichtig ist, dass der Art 2 GG einen umfassenden Schutzbereich für jegliches menschliches Verhalten umfassen sollte und dass nicht jede Belästigung einen für Art 2 I GG relevanten Eingriff darstellt. Daher gilt in der Rechtslehre u.a. dass stets zu prüfen ist, ob eine Bagatelle vorliegt. In einem Fall zum Reiten im Wald (per Suchfunktion sind mehrere Kommentare zu dem Fall zu finden) hieß es, dass Reiten im Vergleich zu spezielleren Freiheiten eher eine untergeordnete Rolle spielt und daher eine „Bagatelle“ darstellt. Damit wurde geschlossen, dass der Schutzbereich eröffnet ist.

Was sind nun die "spezielleren Freiheiten" für die das ggf. nicht gilt? - also Freiheiten, bei deren Ausübung die Belästigung der Allgemeinheit also keine Bagatelle ist?
Das knüpft genau an der Stelle des Abschlusses von gymnosoph an, denn dass ist unbestimmt, solange man nicht konkret festlegt, dass diese Dinge, die damit gemeint sein können, auch konkret zu benennen sind. Wenn eine Gemeinde, wie jetzt teilweise in Spanien geschehen, das Nacktbaden in bestimmten Bereichen untersagt, dann ist die Sache klar geregelt. Ebenso klar ist dort, dass es überall erlaubt ist, wo kein solches lokales Verbot für einen klar definierten Bereich besteht. Nur so kann die Unbestimmtheit des Rechts beseitigt werden!

Dem Schluss-Fazit schließe ich mich daher voll an.

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Re: Das Sittengesetz

Beitrag von Aria » Mo 21. Nov 2016, 17:44

gymnosoph hat geschrieben:M. E gehören alle Paragraphen obiger unbestimmter Zeitgeistorientierung in den Müllhaufen der Geschichte, da sie sich nicht mit einem Rechtsstaat vertragen.
Das sagt sich so leicht, aber bedenke, dieses Gesetz ist das Ergebnis einer langen Entwicklung des Rechts. Mit anderen Worten: Wir alle haben bisher nichts Besseres gefunden.

Aber vielleicht hast du was Besseres in der Hinterhand, um erstens eine ordnungswidrige Belästigung der Allgemeinheit als solche festzustellen, und zweitens zu bestrafen?


Hans H. hat geschrieben:Daher gilt in der Rechtslehre u.a. dass stets zu prüfen ist, ob eine Bagatelle vorliegt.
Das ist bereits einkalkuliert, denn § 118 OWiG steht nicht im Strafgesetzbuch, sondern in einem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten, das nur Geldbußen kennt.

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Re: Das Sittengesetz

Beitrag von Hans H. » Mo 21. Nov 2016, 22:39

Die Bagatellfrage bezog sich in den Rechtskommentaren zum Thema "Reiten im Wald" auf die Frage, ob eine Belästigung vorliegt, aufgrund der die persönlichen Freiheiten nach Art 2 I GG eingeschränkt werden dürfen. Dort ging es um das Verbot in einer Gemeindesatzung, dessen Verfassungsmäßigkeit angezweifelt wurde.

Für die Fälle "Nackt im öffentlichen Raum" ist der § 118 OWiG die Regelung, die die persönlichen Freiheiten nach Art 2 I GG einschränken kann. Also ist die Situation vergleichbar (den Art. 2 GG einschränkende gesetzliche Regelung ist vorhanden).

Wenn nun festgestellt würde, dass es sich bei einer Handlung, die von Manchen als Belästigung empfunden werden kann, um eine Bagatelle handelt, so dass die Möglichkeit der Belästigung in dem Fall nicht einschränkend auf die pers. Freiheiten nach Art 2 I GG des Handelnden wirken kann, dann möchte ich zur Diskussion stellen, in wieweit das mit dem § 118 OWiG bereits einkalkuliert ist: Aria: denkst du, dass es möglich ist, dass dieselbe Handlung als Bagatelle im Sinne der Möglichkeit der Einschränkung der pers. Freiheiten nach Art 2 I GG aber nicht als Bagatelle im Sinne des § 118 OWiG gewertet wird? Nur so könnte ich hier "Das ist bereits einkalkuliert" verstehen.

Nun ist es aber so, dass keinesfalls erst nach GG und dann nach § 118 beurteilt würde, weil Art 2 GG fordert, dass Einschränkungen nur aufrund eines Gesetzes möglich sind und hier gerade der § 118 OWiG die Grundlage für diese Einschränkung bietet. Daraus würde ich folgern, dass es nicht bereits einkalkuliert ist, sondern dass die Forderung der Bagatellprüfung für die relevanten Fälle voll auf die Anwendung des § 118 OWiG übertragen wurde. So wie im Fall "Reiten im Wald", der zur Verfassungsklage geführt hat, womit zu prüfen ist, ob die Gemeindesatzung in dem Fall gegen Art 2 GG verstößt, ist auch bei der Anwendung des § 118 OWiG theoretisch möglich, nach einem Kampf durch die zuerst erforderlichen Instanzen eine Verfassungsklage einzureichen zur Klärung, ob der umstrittene Fall in Bezug auf die "Belästigung der Allgemeinheit" nicht eine Bagatelle darstellt und daher nicht anhand § 118 OWiG in die Grundrechte des Art 2 GG eingegriffen werden darf. Doch so eine Verfassungsklage würde sehr wahrscheinlich nicht angenommen wegen zu geringer Bedeutung für die Allgemeinheit. Angenommen wird nur eine sehr kleine Quote der eingereichten Klagen.

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