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Strassburg

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Re: Strassburg

Beitrag von Klaus_59 » Fr 2. Jan 2015, 20:50

Aria hat geschrieben:Die Tatsache, dass wir hierzulande - vom Amtsgericht, Landgericht, Oberlandesgericht, Bundesgerichtshof bis zum Bundesverfassungsgericht – 5 Gerichtsinstanzen haben, die auch bei eindeutiger Gesetzeslage unterschiedlich urteilen können, beweist doch, dass auch eine eindeutige Definition von Ordnungswidrigkeiten uns nicht weiter helfen würde.

Das liegt aber nicht an den Gesetzen, sondern an den Menschen, die sie anwenden. Würden sie die Gesetze so anwenden, wie sie geschrieben wurden und wären die Gesetze so formuliert, dass sie eindeutig wären, dann bräuchten wir nur eine einzige Instanz. Leider entspricht das aber nicht der Realität. Das Schlimme daran ist, dass es keine Garantie für eine Qualitätssteigerung der Urteile mit steigender Instanz gibt. Ich habe persönlich das Gegenteil erlebt. Außerdem wurde ich schon von einem Richter erpresst. Ich wollte einen konfiszierten Gegenstand zurück bekommen und der Richter sagte, wenn ich darauf bestünde, würde er mir den Prozess machen und er wüsste auch schon, wie das ausginge.

Ich habe durchaus Vertrauen in das Recht, aber nicht in die Menschen, die darüber entscheiden.

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Re: Strassburg

Beitrag von Klaus_59 » Fr 2. Jan 2015, 20:54

nordnackt hat geschrieben:Nacktheit ist schön und erfüllt mich mit großer Freude. Jedenfalls mir ist aber bewusst, dass die Mehrheit in der Gesellschaft ganz andere Sorgen und Bedürfnisse hat, so dass vornehmlich ganz andere Angelegenheiten zu regeln sind.

Was aber nicht bedeuten darf, dass weniger Wichtiges, wie die Nacktheit, schludrig und nach Gutdünken abgeurteilt werden darf.

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Re: Strassburg

Beitrag von kristofnrw » Fr 2. Jan 2015, 21:18

Klaus_59 hat geschrieben:Ich habe durchaus Vertrauen in das Recht, aber nicht in die Menschen, die darüber entscheiden.
Ja, Klaus59, genau das ist das Problem, das immer bestehen bleiben wird, solange Menschen über KOMPLEXE Sachverhalte urteilen müssen. Es sind nicht so sehr die Gesetz und die Argumente wie ihre sehr subtile GEWICHTUNG und die der zu berücksichtigenden Parameter (mildernde Umstände usw.), die von PERSON zu PERSON verschieden sind. Komplexität lässt sich nicht von vornherein durch möglichst präzise Gesetze antizipieren. In der Theorie schon, aber in der Praxis führt das dann LEIDER oft dazu, dass Gesetze stur angewandt werden, auch wenn der gesunde Menschenverstand etwas anderes verlangt. Unser ganzes System beruht darauf, dass man letztlich Richtern als integren menschlichen Instanzen - mangels übergeordneter, übermenschlicher Instanzen - vertraut, aber wohlwissend, dass das System nicht PERFEKT ist und seine Grenzen hat. Daher die Berufsungsmöglichkeit. Und selbst da zeigt die Erfahrung leider, dass die Richter bei einer Berufung nicht eine höhere moralische Instanz darstellen, sondern nur eine weitere... In der letzten Runde entscheidet dann ein Verfassungsgericht, das nach politischem Proporz besetzt ist. Man vertraut dann also nicht mehr nur auf die Kompetenz der Richter, sondern auf die Verteilung ihrer rechten oder linken Lebensanschauungen. Relativistischer geht's schon gar nicht mehr.

Wichtig ist es aber, trotz allem auf die Kompetenz der Richter zu vertrauen. Würden wir defätistisch auf deren fachliche Ausbildung verzichten, käme das einer Vernichtung des "Rechtsstaats als Ziel" gleich. Und der Weg ist hier wie so oft schon das Ziel (oder Teil des Ziels), das ambitioniert weiterverfolgt werden sollte.

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Re: Strassburg

Beitrag von Klaus_59 » Fr 2. Jan 2015, 22:04

@Kristof

Ich möchte jetzt nicht auf das alles eingehen und auch nicht das Rechtssystem auseinandernehmen. Es ging ja nur um Nacktheit, und das ist keine Komplexe Angelegenheit. Und es ging darum, ob ein so unbestimmtes Gesetz wie §118 OWiG überhaupt anwendbar ist. In meinen Augen geht es außerdem darum, ob Nacktheit, unabhängig von der Rechtmäßigkeit des §118 OWiG, überhaupt geahndet werden darf. Letzteres ist hier gerade nicht das Thema, meines Erachtens aber mindestens genauso wichtig.

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Re: Strassburg

Beitrag von Aria » Sa 3. Jan 2015, 15:35

Klaus_59 hat geschrieben:Es ging ja nur um Nacktheit, und das ist keine Komplexe Angelegenheit. Und es ging darum, ob ein so unbestimmtes Gesetz wie §118 OWiG überhaupt anwendbar ist. In meinen Augen geht es außerdem darum, ob Nacktheit, unabhängig von der Rechtmäßigkeit des §118 OWiG, überhaupt geahndet werden darf.
Die Geschichte zeigt uns, dass die Justiz die Rechtmäßigkeit des §118 OWiG bisher nicht in Frage gestellt hat, sonst wäre irgendein §118-Fall vor dem Bundesverfassungsgericht gelandet, das dann über die Rechtmäßigkeit des §118 OWiG entscheiden müsste.

Ordnungswidrigkeit ist eine Ermessungssache: Man kann, aber man muss nicht einschreiten. Und wenn man einschreitet, dann kann man, muss aber nicht urteilen – man kann das Verfahren auch einstellen. Der Spielraum muss so groß sein, denn sonst würden sich unsere Gerichte statt mit Straftaten nur noch mit Ordnungswidrigkeiten beschäftigen. Die Unbestimmtheit des §118 OWiG dient auch diesem Zweck.

Ein weiterer Zweck der Unbestimmtheit ist die Offenheit gegenüber gesellschaftlichen Veränderungen: Verliert ein Verstoß gegenüber gesellschaftlichen Regeln an Bedeutung, muss man nichts ändern – ein solcher Verstoß wird einfach nicht mehr verfolgt. Natürlich kann das auch in die umgekehrte Richtung gehen.

Das muss man in Kauf nehmen, denn die Alternative wäre eine Gesetzgebung, in der alles, was vorkommen kann, d.h. jede Kleinigkeit, festgeschrieben werden müsste. Das kann niemand wollen.

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Re: Strassburg

Beitrag von Puistola » Sa 3. Jan 2015, 16:34

Du glaubst also allen Ernstes, die Ordnungsbehörden und Richter
hätten in Deutschland (und Teilen der Schweiz) die Funktion von Sittenwächtern?

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Re: Strassburg

Beitrag von Klaus_59 » Sa 3. Jan 2015, 18:53

Aria hat geschrieben:Ein weiterer Zweck der Unbestimmtheit ist die Offenheit gegenüber gesellschaftlichen Veränderungen: Verliert ein Verstoß gegenüber gesellschaftlichen Regeln an Bedeutung, muss man nichts ändern – ein solcher Verstoß wird einfach nicht mehr verfolgt. Natürlich kann das auch in die umgekehrte Richtung gehen.

Damit ist das Gesetz aber willkürlich anwendbar. Wir bräuchten eigentlich nur einen einzigen §§:

Bestraft wird, was nach dem gesunden Menschenverstand bestraft gehört. Das Strafmaß richtet sich nach der Schwere der Tat.

Schließlich weiß doch jeder, dass Raub nicht richtig ist. Wofür muss es noch extra erwähnt werden?

Aria hat geschrieben:Das muss man in Kauf nehmen, denn die Alternative wäre eine Gesetzgebung, in der alles, was vorkommen kann, d.h. jede Kleinigkeit, festgeschrieben werden müsste. Das kann niemand wollen.

Wieso soll das niemand wollen können? Ich will es. Auf die Kleinigkeiten kann man übrigens verzichten. Es ist kleinlich, Kleinigkeiten bestrafen zu wollen, was schon im Wort steckt.

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Re: Strassburg

Beitrag von kristofnrw » Sa 3. Jan 2015, 19:13

Es gibt Situationen, Klaus, die kann man nicht im Vorfeld erahnen. Nicht einmal mit höchstanalytischen Fähigkeiten könnte jemand erraten, wie genau es bei Dir in der Wohnung aussieht. Denn es ist ein abgeschlossener Raum. Wenn in einer Situation mehrere solcher Räume zusammentreffen, wird es nicht nur komplizert, sondern komplex. Nichts Konkretes lässt sich voraussehen. Ein Gesetz, das die Situation dennoch einigermaßen erfassen will, muss abstrakt bleiben und Freiraum für Interpretation lassen. Man kann nur in der Situation und vor Ort selbst entscheiden, was zu tun ist.

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Re: Strassburg

Beitrag von Klaus_59 » Sa 3. Jan 2015, 19:25

Mit meiner Wohnung hat das jetzt weniger zu tun.
Es wäre leicht einen § zu formulieren, nach dem Nacktheit in der Öffentlichkeit verboten wäre. Das wurde mit einer exhibitionistischen Handlung so gemacht und auch mit einer sexuellen Handlung. Mit Nacktheit wurde es nicht gemacht, weil es nicht strafbar sein sollte. Es ist nicht rechtens, alle nicht strafbaren Handlungen mit einem universellen §§ aufzufangen, um sie eben doch strafbar machen zu können. Das wird doch wohl jedem einleuchten.

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Re: Strassburg

Beitrag von Aria » Sa 3. Jan 2015, 19:47

Puistola hat geschrieben:Du glaubst also allen Ernstes, die Ordnungsbehörden und Richter hätten in Deutschland (und Teilen der Schweiz) die Funktion von Sittenwächtern?
Vielleicht weißt Du nicht, was in Deutschland im Grundgesetz steht, deshalb 2 Zitate daraus:

Artikel 1
(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

Artikel 2
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

Schon bei dem, was eines Menschen würdig oder unwürdig ist, gibt es Differenzen: Die einen sagen, das Nacktsein eines Menschen in der Öffentlichkeit verletze die Würde nicht nur des Nackten selbst, sondern auch die Würde derer, die diese Nacktheit sehen (müssen). Die anderen sagen: Das ist Unsinn, denn Nacktheit ist etwas total Natürliches, schließlich werden wir alle nackt geboren. Darauf die ersten: Ja, pinkeln ist auch etwas Natürliches, dennoch pinkelt niemand in der Öffentlichkeit. Und dem stimmen auch die zu, die in der öffentlichen Nacktheit nichts Schlimmes sehen. Daran sieht man das Problem: Wo soll man Grenze ziehen?

Und im Artikel 2 wird ein Sittengesetz angesprochen, das es nicht gibt. Dieses Sittengesetz gibt es dennoch, allerdings nur in den Köpfen der Menschen, wo es während der Kindheit und Jugend hineingekommen ist. Und weil jede/r während dieser Zeit ein etwas anders Bild von dem, was sich gehört bzw. nicht gehört, bekommen hat, kann es keine Einigung darüber geben, wann man gegen dieses Sittengesetz verstößt und wann nicht. Einfachheithalber bestimmt daher die Mehrheit, was noch erlaubt ist und was nicht mehr. Man nennt das: Gesellschaftlicher Konsens. Der ist aber keine feste Größe – es ändert sich ständig, wie die Geschichte zeigt.


Klaus_59 hat geschrieben:
Aria hat geschrieben:Das muss man in Kauf nehmen, denn die Alternative wäre eine Gesetzgebung, in der alles, was vorkommen kann, d.h. jede Kleinigkeit, festgeschrieben werden müsste. Das kann niemand wollen.
Wieso soll das niemand wollen können? Ich will es. Auf die Kleinigkeiten kann man übrigens verzichten. Es ist kleinlich, Kleinigkeiten bestrafen zu wollen, was schon im Wort steckt.
Du sagst es: Simple Nacktheit in der Öffentlichkeit ist eine Kleinigkeit, deswegen wird sie nicht als Straftat, sondern als Ordnungswidrigkeit behandelt - wäre dem anders, unsere Gerichte hätten viel zu tun.

Dass für Dich und andere die Nacktheit in der Öffentlichkeit so wichtig ist, dass Du sie in einem Gesetz genau definiert wissen willst, steht auf einem anderen Blatt.

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