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Strassburg

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Re: Strassburg

Beitrag von Puistola » Do 1. Jan 2015, 22:18

Einer der aufgelisteten unbestimmten Rechtsbegriffe - "Verunglimpfung" ist ja auch
so was "Unanständiges" - wird dann von derselben Quelle
so beschrieben:
Der § 90a des deutschen Strafgesetzbuches (StGB) spricht von Verunglimpfung
im Zusammenhang von „beschimpfen“ oder „böswillig verächtlich machen“.

Folgende Strafrechtstatbestände befassen sich mit der Verunglimpfung:

§ 90 StGB – Verunglimpfung des Bundespräsidenten
§ 90a StGB – Verunglimpfung des Staates und seiner Symbole
§ 90b StGB – Verfassungsfeindliche Verunglimpfung von Verfassungsorganen
§ 189 StGB – Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener

[...]

Es gibt keine klare Regelung, wann Kritik am Staat und seinen Symbolen eine extreme Herabwürdigung impliziert.
Eine genaue juristische Operationalisierung fehlt; er gilt als Gummiparagraph.


Ein Richter hat gefälligst die Finger von Gummi-§§ zu lassen.
Es wäre Sache des Gesetzgebers, den Gummi zu härten, nicht die des Richters.
Das war mal furchtbar anders, siehe oben. Richter sollten solcher Mentalität auch
im Bagatellfall abschwören.

Im Falle der Nacktheit wird in Deutschland immer wieder der mehrfach unbestimmte
OWiG §118 erwähnt, der von dumpfen Richtern so willkürlich ausgelegt wird,
wie immer möglich (Peter Niehenke, Sigi Grawert ...), wenn jemand was tut,
was sie persönlich nicht mögen. Gute Juristen verabscheuen sowas:

Joachim Bohnert hat geschrieben:
Was im Tatbestand von OWIG § 118 Absatz I OWiG hin- und hergeschoben wird, sind Floskeln juristischer Transzendentalbegriffe von so klassischer Inhaltsfreiheit, daß man vor dem Geschick des Gesetzgebers Respekt zeigen muß, die Luftgebilde durch die Gestaltung des Tatbestandes als abstraktes Gefährdungsdelikt endgültig in einen Geisteshauch aufzulösen und wer die Verfassungsmäßigkeit von § 118 OWiG behauptet, ist aufgefordert, eine noch unbestimmtere Sanktionsnorm zu erfinden, damit GG Artikel 103 Absatz II GG wenigstens dieses Beispiel zum Inhalt habe.

Quelle: Joachim Bohnert: OWiG. Kommentar zum Ordnungswidrigkeitenrecht. 3. Auflage.
C. H. Beck, München 2010, ISBN 978-3-406-60994-7. Seite 134

Und darum geht es in der Causa Petrullo:
- Was ist "unanständig"?
- Was ist "grob" unanständig?

Der Richter hat da keinen Tatbestand einzufüllen, sondern freizusprechen,
wenn das Gesetz schlicht inhaltsfrei ist. Schon die Staatsanwaltschaft hätte
den Fall einstellen müssen, weil kein Straftatbestand vorliege, selbst wenn
der Staatsanwalt dies auf Befehl des Regierungsrates (!) anders sah.
Urplötzlich verwandeln sich Gerichte in Sittenräte nach iranischem Muster.
Nein, das kann es nicht sein.

Also, um es klarzustellen:
Ich verunglimpfe keine Richter, ich beschimpfe sie nicht, sondern ich
kritisiere sie scharf, sehr scharf, und wohlbegründet. Die Möglichkeit,
dies nachzuweisen, hat uns der Einzelrichter am EGMR aus den Händen
geschlagen. Zum Schaden des Rechts, meine ich.
Ein Urteil wäre zu wünschen gewesen.

Puistola

Guck auch:
http://www.fkk-freun.de/viewtopic.php?t ... ght=drecht

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Re: Strassburg

Beitrag von nordnackt » Do 1. Jan 2015, 22:51

Du verlangst im Ergebnis, dass sich Richter nach eigenem Dafürhalten über das Gesetz stellen, wenn sie es für falsch halten. Diese Zeiten sind gottlob vorbei. Ich bin erschüttert über so ein katastrophales Rechtsverständnis. Offenbar - offenkundig - nichts, aber auch gar nichts gelernt. Rechtsstaat geht und funktioniert anders.

Wenn man keine Ahnung hat, einfach mal...

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Re: Strassburg

Beitrag von nordnackt » Do 1. Jan 2015, 22:52

Du verlangst im Ergebnis, dass sich Richter nach eigenem Dafürhalten über das Gesetz stellen, wenn sie es für falsch halten. Diese Zeiten sind gottlob vorbei. Ich bin erschüttert über so ein katastrophales Rechtsverständnins Offenbar - offenkundig - nichts, aber auch gar nichts gelernt.

Wenn man keine Ahnung hat, einfach mal...
Zuletzt geändert von Horst am Fr 2. Jan 2015, 01:15, insgesamt 1-mal geändert.
Grund: Doppelposting gelöscht.

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Re: Strassburg

Beitrag von Puistola » Do 1. Jan 2015, 23:30

nordnackt hat geschrieben:Du verlangst im Ergebnis, dass sich Richter nach eigenem Dafürhalten über das Gesetz stellen, wenn sie es für falsch halten. Diese Zeiten sind gottlob vorbei. Ich bin erschüttert über so ein katastrophales Rechtsverständnins Offenbar - offenkundig - nichts, aber auch gar nichts gelernt.

Wenn man keine Ahnung hat, einfach mal...


Doppelt wird nicht besser.

Bei Zweifel stets für den Angeklagten!
Ein unbestimmtes Gesetz muss beim Richter Zweifel auslösen.
Ein unbestimmtes Gesetz ist nicht "falsch", es ist inhaltslos.
Der Richter darf nicht verurteilen, weil er nicht erkennen kann,
was Inhalt des Gesetzes sei.
So einfach und klar ist das.

Die Zeiten, in denen Richter Gesetzeslücken willkürlich auffüllen sind vorbei - hoffentlich.
Die Zeiten, in denen Richter Sachverhalte willkürlich unbestimmten §§ subsummieren
sind vorbei - hoffentlich.
Die Zeiten, in denen Sittenmandate vom Staat überwacht werden sind vorbei - hoffentlich,
und die Zeiten des Richters, der das Schandurteil gegen Petrullo verfasst hat,
sind per heute auch vorbei - sicher:
http://www.nzz.ch/schweiz/vergeltung-is ... 1.18449146
http://www.tagesanzeiger.ch/schweiz/sta ... y/12878752

Puistola

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Re: Strassburg

Beitrag von nordnackt » Fr 2. Jan 2015, 01:12

Ich bin mir jetzt sicher, dass Du keine Ahnung hast, wovon Du schreibst. Aber mit dem Recht ist es wie mit der Schule: Jeder wird davon berührt und fühlt sich deshalb als Experte.

Zweifel betreffen beispielsweise nur die tatsächlichen Feststellungen im Rahmen der Beweiswürdigung und die Schuldfrage, nicht aber eine rechtliche/ dogmatische Einordnung oder die Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe. Ein aus seiner Sicht zweifelhaftes Gesetz muss der Richter gleichwohl anwenden, wenn es einschlägig ist. Er hat keine Verwerfungskompetenz! Ausführungen zur Vorlage ersparen ich mir; eine solche kommt jedenfalls für #118 OWiG nicht ernsthaft in Betracht.

Nicht immer gilt: Im Zweifel für den Angeklagten. Es gibt nämlich die praktisch extrem bedeutsame Möglichkeit, Verfahren aus prozessökonomischen Gründen einzustellen. Anderenfalls würde der (Rechts-) Staat unter der schieren Masse an auszuurteilenden Verfahren zusammenbrechen. Hierüber manchen sich viele Nörgler am System keine Gedanken, würden sie doch mit ihrer Kritik oft genau das Gegenteil des eingeforderten erreichen.

Du bist mit einer Entscheidung unzufrieden. So etwas kommt vor. Du bist kein Einzelfall und auch nicht von Willkür betroffen. Mit Deiner unsachlichen Kritik triffst Du - im falschen Ton - nicht die richtigen Adressaten, denn: Der Fisch stinkt vom Kopf her. Du verlangst richterliches Handeln nach Deinem Gusto, ohne Bindung an das Gesetz. Damit forderst Du eben das, was Du vordergründig ablehnst.

Die Richter, die ich privat kenne, gehen übrigens mit meiner Familie zum FKK-Strand, besuchen uns in der Sauna, wissen von meinen nackten Unternehmungen und haben kein Problem mit meiner Nacktheit bei Begegnungen. Aber so etwas kommt in Deiner Welt der Vorurteile wohl - leider - nicht vor.

Was den Kommentar zum versehentlichen Doppelposting angeht: Ist das Dein einziges Sachargument?

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Re: Strassburg

Beitrag von Bummler » Fr 2. Jan 2015, 10:32

Also ich habe gar keine Ahnung von Recht, also dem juristischen Teil.
Freilich erlebe ich gelegentlich (wie hier), dass der Anspruch auf Rechtssicherheit nicht erfüllt wird, sondern von der Gemütslage von Rechtsprechern abhängt (s.a. Richter Schleef zu Claudia Schiffer).
So ist mir völlig unverständlich, warum Nacktheit an manchen Orten normal ist, an anderen aber nicht.
Eine rechtliche Klarstellung wäre ja gerade in einem Land, dass Freikörperkultur als Kulturgut besitzt, möglich.

Allerdings, und da muss ich auf Puistolas Zug aufspringen, dürfte die Begründung, warum man Nacktheit an einem Ort legalisiert, an anderen aber sanktioniert wird, schwierig werden. Da kann man m.E. nämlich nur populistisch argumentieren. Oder sich drücken.

Was der Typ in Straßburg wohl gemacht hat.

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Re: Strassburg

Beitrag von ad peter » Fr 2. Jan 2015, 10:44

Bummler hat geschrieben:Was der Typ in Straßburg wohl gemacht hat.
In Straßburg ist der europäischer Gerichtshof. Der Seinort (Tatort) ist eher in CH zu finden.

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Re: Strassburg

Beitrag von ynda » Fr 2. Jan 2015, 12:54

Ein Richter hat durchaus das Recht, ein Gesetzt das unklar ist in Zweifel zu ziehen, nur müsste er dann den Fall an ein höheres (BGH oder BVG) weiter reichen.
Das allerdings macht mehr Arbeit als jemanden mal kurz und schnell zu verurteilen; oder auch frei zu sprechen.
Und da sind wir wieder bei "nach Gutdünken"

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Gesetze, Nacktheit und Richter

Beitrag von nordnackt » Fr 2. Jan 2015, 13:16

Allerdings, und da muss ich auf Puistolas Zug aufspringen, dürfte die Begründung, warum man Nacktheit an einem Ort legalisiert, an anderen aber sanktioniert wird, schwierig werden. Da kann man m.E. nämlich nur populistisch argumentieren. Oder sich drücken.


Unbemerkt widersprichst Du damit allerdings Puistola. Wie soll denn nämlich ein Gesetz aussehen, das allen auszugleichenden Interessen gerecht wird und auf wirklich alle Lebenslagen anzuwenden ist? Ein solches Monstergesetz kann und - um Kritik am aktuellen Qualitätsstand der politischen Gesetzgebung anzubringen - wird es wohl hoffentlich auch nicht geben. Genau hierfür gibt es deshalb die von Puistola abgelehnten unbestimmten Rechtsbegriffe, um nämlich der Vielzahl von Lebenssachverhalten gerecht zu werden und gerecht werden zu können.

Dabei bilden die anwendenden Organe - die Richter - einen Schnitt der Gesellschaft; sie sind (in aller Regel) nicht alt, vergeistigt oder lebensfern und leben nicht nach Tatortklischee in Villen mit Kiesauffahrt im noblen Vorort. Vieles beruht hier auf schlichter Unkenntnis und auf Vorurteilen.

Natürlich gibt es Entscheidungen, die polarisieren, auch solche, die falsch sind. Menschen machen Fehler, nicht nur Juristen. Bitte bedenkt auch, dass in den Medien umfangreiche Verfahren regelmäßig auf wenige Zeilen zusammengebrochen werden. Für die Entscheidungsfindung elementar bedeutsame Hintergründe werden so oft nicht bekannt und lassen das bloße und isolierte Ergebnis unverständlich erscheinen. In aller Regel funktioniert das System jedoch. Dabei muss man die breite Masse im Auge haben und sich nicht auf spektakuläre Einzelfälle beschränken. Richter sind für viele offenbar Monster - weil sie Ehen scheiden, Eintragungen im Handelsregister veranlassen, Nachlässe verwalten, Insolvenzverwalter bestellen, Verkehrsunfälle abwickeln und hilflose Personen den Kliniken zuführen? Dass jemand mit seinem Anliegen nicht obsiegt und unzufrieden ist, liegt in der Natur der Sache. Schon wer eigene Kinder hat, kennt das Problem.

Bedenkt doch bitte auch das Folgende: Diejenigen Entscheidung zu § 118 OWiG und Nacktheit, die veröffentlicht worden sind, betreffen regelmäßig Vorfälle, in denen Grenzen ausgereizt wurden und es (auch) darauf angelegt worden ist, zu provozieren. Zum einfachen Nacktwanderer u.ä., der auch die berechtigten Interessen anderer im Kopf hat und berücksichtigt, findet sich wenig bis nichts. Warum denn wohl? Weil derartige Fälle, wenn sie denn überhaupt zur Anzeige kommen, von der Justiz wahrscheinlich angemessen behandelt werden: Nämlich mit gebotenem Desinteresse. Hierzu zählen auch und gerade die Verfahrenseinstellungen. Auch hier arbeitet beispielsweise § 47 OWiG mit unbestimmten Rechtsbegriffen, um der Lebensvielfalt gerecht werden zu können. Sehen wir doch das Positive darin, bei aller Angst vor Sanktionierung des eigenen Tuns.

Und: Wenn es (freisprechende oder verurteilende) Entscheidungen in größerer Zahl gäbe, wäre damit kaum etwas gewonnen oder verloren. Jeder einzelne Fall ist und bleibt nämlich anders (z.B. Auswahl der Strecke, Zeitpunkt).

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Re: Strassburg

Beitrag von nordnackt » Fr 2. Jan 2015, 13:24

Ein Richter hat durchaus das Recht, ein Gesetzt das unklar ist in Zweifel zu ziehen, nur müsste er dann den Fall an ein höheres (BGH oder BVG) weiter reichen.
Das allerdings macht mehr Arbeit als jemanden mal kurz und schnell zu verurteilen; oder auch frei zu sprechen.
Und da sind wir wieder bei "nach Gutdünken"


Natürlich hat er die rechtliche Möglichkeit dazu. Ein vernünftiger Richter vermeidet allerdings offenkundig sinnlose Arbeit, in dem er längst ausgekaute und "durchentschiedene" Gesetze ohne jede Aussicht auf geringsten Erfolg vorlegt. Er nutzt die Zeit für seine Arbeit.

Wer pauschal von "Gutdünken" spricht und "kurz und schnell mal verurteilen", ist vielleicht Opfer falscher Meinungsbildner.

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