Puistola hat geschrieben:Du glaubst also allen Ernstes, die Ordnungsbehörden und Richter hätten in Deutschland (und Teilen der Schweiz) die Funktion von Sittenwächtern?
Vielleicht weißt Du nicht, was in Deutschland im Grundgesetz steht, deshalb 2 Zitate daraus:
Artikel 1
(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
Artikel 2
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
Schon bei dem, was eines Menschen würdig oder unwürdig ist, gibt es Differenzen: Die einen sagen, das Nacktsein eines Menschen in der Öffentlichkeit verletze die Würde nicht nur des Nackten selbst, sondern auch die Würde derer, die diese Nacktheit sehen (müssen). Die anderen sagen: Das ist Unsinn, denn Nacktheit ist etwas total Natürliches, schließlich werden wir alle nackt geboren. Darauf die ersten: Ja, pinkeln ist auch etwas Natürliches, dennoch pinkelt niemand in der Öffentlichkeit. Und dem stimmen auch die zu, die in der öffentlichen Nacktheit nichts Schlimmes sehen. Daran sieht man das Problem: Wo soll man Grenze ziehen?
Und im Artikel 2 wird ein Sittengesetz angesprochen, das es nicht gibt. Dieses Sittengesetz gibt es dennoch, allerdings nur in den Köpfen der Menschen, wo es während der Kindheit und Jugend hineingekommen ist. Und weil jede/r während dieser Zeit ein etwas anders Bild von dem, was sich gehört bzw. nicht gehört, bekommen hat, kann es keine Einigung darüber geben, wann man gegen dieses Sittengesetz verstößt und wann nicht. Einfachheithalber bestimmt daher die Mehrheit, was noch erlaubt ist und was nicht mehr. Man nennt das: Gesellschaftlicher Konsens. Der ist aber keine feste Größe – es ändert sich ständig, wie die Geschichte zeigt.
Klaus_59 hat geschrieben:Aria hat geschrieben:Das muss man in Kauf nehmen, denn die Alternative wäre eine Gesetzgebung, in der alles, was vorkommen kann, d.h. jede Kleinigkeit, festgeschrieben werden müsste. Das kann niemand wollen.
Wieso soll das niemand wollen können? Ich will es. Auf die Kleinigkeiten kann man übrigens verzichten. Es ist kleinlich, Kleinigkeiten bestrafen zu wollen, was schon im Wort steckt.
Du sagst es: Simple Nacktheit in der Öffentlichkeit ist eine Kleinigkeit, deswegen wird sie nicht als Straftat, sondern als Ordnungswidrigkeit behandelt - wäre dem anders, unsere Gerichte hätten viel zu tun.
Dass für Dich und andere die Nacktheit in der Öffentlichkeit so wichtig ist, dass Du sie in einem Gesetz genau definiert wissen willst, steht auf einem anderen Blatt.